Es verstimmt mich immer wieder. Und doch kann ich es nicht lassen. Nämlich im Nachhinein den Kursverlauf einer Aktie zu studieren, bei der ich mir einen Kauf überlegt habe – und dann doch nicht eingestiegen bin. Sind die Aktien gestiegen, ärgert man sich. Und stellt sich die Frage: Soll ich nun doch noch einsteigen, oder sind die Aktien inzwischen schon zu teuer? Meist lässt man es bleiben. Nicht selten beginnt dann das Anleger-ärgere-dich-Spiel von vorne.

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Mir ist das schon mehrmals passiert mit Logitech. Immer wenn ich mir die Titel näher angeschaut habe, erschienen sie mir zu teuer. Eine Fehleinschätzung. Der Kurs hat sich über die letzten beiden Jahre mehr als verdoppelt. Kein Wunder, denn die Computer-Peripheriegeräte von Logitech wie Mäuse, Webcams, Lautsprecher, Tastaturen, Spielsteuerungen und anderes erfreuen sich einer ungebrochen hohen Nachfrage. Vor wenigen Wochen wurde das siebte Rekordjahr in Folge gemeldet, Umsatz und Gewinn von Logitech haben im zweistelligen Bereich zugelegt.

Logitech ist im von heftigen Zyklen geprägten Computermarkt ein Phänomen. Die Ingenieure bringen es immer wieder fertig, jene Produkte zu entwickeln, die genau dem Gusto begeisterter und damit ausgabefreudiger Computernutzer entsprechen. Zwar sind Logitech-Erzeugnisse teurer als jene fernöstlicher Provenienz, dafür diesen qualitativ und funktional weit überlegen. Das in der Westschweiz ansässige, operativ jedoch von Kalifornien aus tätige Unternehmen rechnet weiterhin mit einem starken Wachstum. Logitech-CEO Guerrino De Luca will das Unternehmen in fünf Jahren auf die doppelte Grösse bringen, und das ohne nennenswerte Akquisitionen.

Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von geschätzten 18 sind die Titel vergleichsweise teuer. Womit ich wieder bei der Ausgangssituation wäre: kaufen oder nicht kaufen? Logitech sind attraktiv, keine Frage. Ein Engagement allerdings ist, eben weil die Titel heute satt bewertet sind, nur auf lange Frist angezeigt.

Im Gegensatz zu Logitech bieten Inficon auch kurzfristig viel Kurspotenzial. Über das Unternehmen wird sonst wenig geschrieben, in den letzten Wochen dagegen ist der Name im Zusammenhang mit dem Seilziehen um Unaxis wieder vermehrt in der Presse aufgetaucht. Inficon ist nämlich eine ehemalige Tochter von Unaxis und wurde von dieser Ende 2000 an die Börse gebracht. Und Unaxis hält selbst heute noch einen Anteil von knapp 20 Prozent.

Wie Logitech ist auch Inficon ein Schweizer Unternehmen, das operativ von Amerika aus geführt wird. Produziert werden Vakuumpumpen und Sensorgeräte, die vor allem bei der Herstellung von Halbleitern, Klima- und Kühlanlagen, Flachbildschirmen oder Datenspeichern verwendet werden. Musste die Firma für 2003 noch einen Verlust ausweisen, konnte sie im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von 188 Millionen Dollar einen Gewinn von 9,4 Millionen verbuchen. Im ersten Quartal 2005 hat sich die Erholung fortgesetzt, und die Aussichten bleiben rosig: Inficon ist in Nischenmärkten tätig, und die aktuellen Marktprobleme im Halbleitergeschäft treffen das Unternehmen nur am Rande, werden doch über zwei Drittel der Verkäufe ausserhalb dieses Bereichs erzielt.

Inficon-Chef Lukas Winkler setzt auf qualitatives, nicht auf quantitatives Wachstum. Die Bank Sarasin prognostiziert für dieses Geschäftsjahr denn auch ein Gewinnwachstum von 90 Prozent, während der Umsatz lediglich um 8 Prozent zunehmen dürfte. Mit einem für 2005 geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von zwölf sind Inficon vergleichsweise tief bewertet. Die Sarasin-Analysten setzen das Kursziel für die nächsten zwölf Monate auf 150 Franken fest; damit bergen die Titel ein Potenzial von 35 Prozent.

Kürzlich ist mir aufgefallen, wie ruhig es um China, das Land der angeblich unbegrenzten Renditemöglichkeiten, geworden ist. Die Hymnen sind leiser und die Artikel seltener geworden. Das liegt wohl daran, dass die Anleger mit ihren China-Investments in den vergangenen Monaten auf die Nase gefallen sind. Der Shanghai Composite Index touchiert langsam, aber sicher die wichtige Marke von 1000 Punkten gegen unten. Dies entspricht einem Rückgang von 35 Prozent innerhalb eines Jahres.

Börsenindizes nehmen bekanntlich Entwicklungen vorweg, und in China gibt es einige Besorgnis erregende Tendenzen. Vor einem Jahr bereits berichtete mir ein China-Kenner und Investor, dass in vielen Gegenden des Landes Fabriken aus dem Boden gestampft würden, die danach allesamt leer stünden. Es sei mittlerweile zum Prestigeobjekt vieler Bürgermeister geworden, eine «eigene» Industriehalle im Dorf zu haben – irgendwann werde sie dann schon genutzt. Was mein Informant mir damals schilderte, steht stellvertretend für die chinesische Wirtschaft. Es wird auf Teufel komm raus gebaut und produziert, auch auf Vorrat. China trägt zwar nur vier Prozent zum Weltbruttosozialprodukt bei, kauft dafür aber wie ein Weltmeister ein: acht Prozent des Erdölangebots, ein Fünftel des weltweit hergestellten Aluminiums, 35 Prozent der Eisen- und der Kohleproduktion.

In diesem Ausmass kann es allerdings nicht weitergehen. Erste Dellen in Chinas Wirtschaft sind bereits ersichtlich: Gewichtige Indikatoren wie Unternehmensgewinne oder Immobilienpreise zeigen seit kurzem nach unten. Die Importe stiegen vergangenes Jahr wesentlich weniger stark als im Jahr zuvor, und zwar lediglich noch um 16 Prozent. Dies lasse vermuten, dass auf die Import- eine Exportschwäche folgen wird, warnen die Strategen von Morgan Stanley vor einer Abkühlung in China. So häufig sinkende Aktienkurse auch zum Einstieg in eine Börse genutzt werden sollten, scheint mir dies im Fall der China-Papiere nicht ratsam zu sein.

Das Magazin «Playboy» gehört wohl kaum zur Pflichtlektüre eines Investors. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Die Mai-Ausgabe nämlich gibt einen verblüffenden Einblick in den Zustand des amerikanischen Immobilienmarktes. Darin verkündet das Playmate des Monats, Jamie Westenhiser, sie gedenke, ihren Modelberuf mit einer Karriere im Immobilienbusiness zu tauschen. Zu ihrer Bettlektüre zählt die 23-jährige Brünette einschlägige Fachbücher, welche die angehende Häusermaklerin mit Tipps für den schnellen Reichtum versorgen.

Vor kurzem noch eine Domäne der langweiligen Biedermänner, tummeln sich jetzt plötzlich fiebrige Spekulanten und Glücksritter im Immobiliengeschäft. Ein heisses Pflaster beispielsweise ist Las Vegas: Dort sind die Preise für Immobilien in nur zwei Jahren um satte 67 Prozent gestiegen. Goldgräberstimmung herrscht aber auch in Fort Lauderdale, Florida. In der Heimatstadt von Jamie Westenhiser sind die Preise seit März 2004 um 31 Prozent nach oben geschossen.

Ich fürchte, das hübsche Model kommt ebenso einen Tick zu spät wie so viele andere, die jetzt noch auf den Zug aufspringen. Dafür ist meine Sammlung an Bubble-Indikatoren um ein nettes Beispiel reicher. Übrigens, mein Tipp an Jamie Westenhiser: fleissig weitermodeln und einen Teil des Ersparten in so genannte Housing-Bear-Zertifikate investieren. Diese gewinnen nämlich dann an Wert, wenn die Häuserbranche eines Tages wieder nach unten rauscht.

Ihr Frank Goldfinger

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