Der Oktober brachte nicht nur herrlich sonniges Herbstwetter, sondern auch freundlich gestimmte Aktienmärkte. Dennoch wünscht sich manche Anlegerin und mancher Anleger, mit einer Zeitmaschine an den Jahresbeginn zurückzukehren und die Aktienpositionen zu reduzieren. Kaum ein Jahr hat den Aktienmärkten eine derartige Talfahrt beschert wie 2022.  

Das aktuelle Farbspektrum reicht seit Jahresbeginn von tiefrot bei US-Technologieaktien über mittelrot bei klein- und mittelkapitalisierten Titeln oder dem Schweizer Aktienmarkt bis hellrot beim rohstofflastigen FTSE 100 Index. Rückblickend scheint der Anlageerfolg also höher – oder weniger tief –, wenn Anlegerinnen und Anleger auf andere «Pferde» gesetzt hätten. Aber ist dies tatsächlich so?  

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Alle Anlageklassen betroffen  

Seit Jahresbeginn haben Schweizer Obligationen mit –11,5 Prozent fast so stark an Wert verloren wie Aktien (–16,1 Prozent). Und auch der langjährige Höhenflug von Immobilienanlagen kam mit einem Wertverlust von 17,7 Prozent seit Jahresbeginn zu einem Ende. Der Zinsanstieg belastet alle Anlageklassen stark. Bargeld kostet seit kurzem zwar keine Negativzinsen mehr. Es trägt jedoch kaum Rendite, hat kein Aufwertungspotenzial und verliert wegen der Inflation mit Sicherheit 3 Prozent an Kaufkraft.

Über den Autor

Thomas Rühl ist CIO und Leiter Research der Schwyzer Kantonalbank.

Leider existiert die oben erwähnte Zeitmaschine nicht. Die Frage ist daher, wie man sich am besten für die nächsten Monate positioniert. Soll man an den tiefroten Aktienpositionen festhalten oder sie verkaufen, um weitere Verluste zu verhindern? Gemäss unserer Einschätzung fahren Anlegerinnen und Anleger im Moment am besten, wenn sie an ihren Aktienpositionen festhalten.  

Die Märkte haben bereits stark korrigiert. Ein grosser Teil der erwarteten, schlechten Nachrichten wie Zinserhöhungen und Rezessionstendenzen in der Euro-Zone sind bereits eingepreist. Die vollen Gasspeicher Deutschlands und das erwähnte Herbstwetter reduzieren mit jeder warmen Woche die Ängste um die europäische Energieversorgung.  

Geduld am Aktienmarkt  

Für einen Ausbau der Aktienpositionen ist es allerdings noch etwas früh. Die Inflation ist in der Euro-Zone weiterhin im Steigflug und die Zentralbanken bleiben aktiv. Und weiterhin sind die Risiken einer zusätzlichen Eskalation der Konflikte in der Ukraine und um Taiwan hoch. Für Aktienanlegerinnen und -anleger ist daher weiterhin Sitzleder gefragt.  

Andere Anlageklassen sind im Moment nicht attraktiver. Sobald sich die Wolken etwas verziehen, profitieren Aktien hoffentlich bald von steigenden Kursen. Den genauen Zeitpunkt können wir Ihnen nicht vorhersagen. Jetzt das Ticket für die Bergfahrt abzugeben, halten wir jedoch für verfehlt.  

Digital-Abo

Die digitalen Angebote der «Handelszeitung» und der «Bilanz» vereint auf einer Plattform.