Immer wieder stehen sie im medialen Orkan: institutionelle Anleger. Damit sind Pensionskassen, Versicherungen und Investmentgesellschaften gemeint, die sich seit geraumer Zeit ausserhalb ihres Kerngeschäfts betätigen und in andere Bereiche vorstossen – so zum Beispiel in den Immobilienmarkt.

Die Milliarden an Vermögen, die sie verwalten, wollen schliesslich verzinst werden. Und dieser Zins war in der Vergangenheit an den Finanzmärkten nicht so einfach zu generieren. Zumindest nicht ohne Risiko.

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Deshalb trifft man Institutionelle am Immobilienmarkt. Was für diese bislang relativ risikofrei war. Ausser sie gerieten ins mediale Trommelfeuer, etwa dann, wenn der Mietzins nach der Sanierung eines Objekts in die Höhe schnellte oder wenn eine betagte Dame vor die Türe gesetzt wurde, weil ein Renditeobjekt, wie es in der Fachsprache heisst, «generalsaniert» wurde.

Oder auch weil Mietzinsreduktionen nicht weitergegeben wurden, wie sie sollten. 78 Milliarden Franken seien in den vergangenen Jahren von der Mieter-, auf die Vermieterseite umverteilt worden, obwohl die Mieten aufgrund der Entwicklung der wichtigsten Kostenfaktoren hätten sinken müssen, wie das Büro Bass in einer Studie im Auftrag des Mieterverbands vorrechnet.

Ein Mieterhaushalt bezahlte damit 2021 durchschnittlich monatlich 370 Franken oder 26 Prozent Miete zu viel. 

BFS-Studie schafft ungewollt Transparenz

Sind daran also die Institutionellen schuld? Man konnte nur spekulieren. Bisher gab es keine Evidenz dazu. Vor kurzem schaffte das Bundesamt für Statistik (BFS) ungewollt Transparenz in dieser Frage.

Ungewollt deshalb, da man sich einem anderen Thema gewidmet hatte, dem Methodenbericht 2022 zum Mietpreisindex, der unter Mithilfe von Professor Mick Silver, emeritierter Professor für Wirtschaftsstatistik der Universität von Cardiff und Senior Economist im Internationalen Währungsfonds (IWF), erstellt wurde.

41’500 Daten zu Wohnungen zwischen 2014 und 2018 wurden dazu ausgewertet. Verglichen wurde unter anderem eine Wohnung in der gleichen Grösse und dem gleichen Ausbaustandard in allen Regionen der Schweiz. Das Ergebnis wurde auf Seite 29 zusammengefasst – blieb jedoch unkommentiert von den Statistikern. Dabei hat es Sprengkraft. 

Das Fazit: Private Eigentümer – die Mehrheit der Vermieter in der Schweiz – verlangen die höchsten Mieten. Gefolgt von Bau- und Immobiliengesellschaften. Erst an dritter Stelle stehen Institutionelle. Sie verlangen 4 Prozent weniger als Private.

Der Unterschied ist zwar nicht riesig, aber bedeutsam, zeigt er doch erstmals auf, dass es Private sind, die die höchsten Mieten verlangen. Ebenfalls fällt auf: Wohnbaugenossenschaften verlangen nur 10 Prozent tiefere Mieten für ein und dieselbe Wohnung. Hier wäre man gefühlt von einer grösseren Differenz ausgegangen. An letzter Stelle steht die öffentliche Hand, die am günstigsten ist, mit 16 Prozent tieferen Mieten. 

Private dominieren Wohnungsmarkt

Private verlangen also die höchsten Mieten. Ausgerechnet jene Eigentümergruppe, die den Schweizer Mietwohnungsmarkt dominiert. Im Jahr 2019 gehörte rund jede zweite Mietwohnung der Schweiz einem Privathaushalt. Institutionelle besitzen nur rund einen Drittel der Wohnungen.

Mit 8 beziehungsweise 7 Prozent halten sich die Anteile der Genossenschaften und der klassischen Immobilienfirmen in etwa die Waage. Bund, Kantone und Gemeinden besitzen auch im internationalen Vergleich relativ wenige Mietwohnungen im Land. 

Einer, den dieses Ergebnis von Berufs wegen interessieren sollte, ist Martin Tschirren, Direktor des Bundesamt für Wohnungswesen. Mit der Studie konfrontiert, gibt er sich diplomatisch. Er weist darauf hin, dass die Mietdifferenz nicht so gross sei.

«Der im hedonischen Modell ausgewiesene Unterschied zwischen privaten und institutionellen Eigentümern ist sichtbar, aber eher klein», sagt er. 

Private geben Mietzinsreduktionen nicht weiter

Die Expertinnen und Experten sind da anderer Ansicht. «Ich bin überrascht über dieses Ergebnis», so Donato Scognamiglio, CEO von Iazi und Professor an der Universität Bern.

«Und gleichzeitig bin ich froh, dass es erstmals eine praktikable Statistik zu diesem umstrittenen Thema gibt. Man stellt fest, die Schweiz, die ein Volk von Mietern und Mieterinnen ist, zahlt bei professionellen Investoren tiefere Mieten als bei privaten Vermietern.»

Martin Neff, Chefökonom der Raiffeisenbank, hat bereits ähnliche Erfahrungen in der Praxis gemacht. Er sieht sich bestätigt. «Privatpersonen kratzen mehr aus dem Quadratmeterpreis heraus. Institutionelle sind nicht die Schrittmacher am Markt. Sie verhalten sich ‹gesetzeskonformer› als Private und geben Mietzinsreduktionen eher weiter.»

Alexander Heck, volkswirtschaftlicher Mitarbeiter beim Hauseigentümerverband Schweiz (HEV) hat Verständnis für die Mietpreisunterschiede. «Wohnbaugenossenschaften oder vom Staat zur Verfügung gestellte Wohnungen werden stark subventioniert.

Institutionelle Investoren erhalten bei der Bonitätsprüfung durch die Banken ebenfalls bessere Konditionen als private Eigentümerinnen und Eigentümer, was sich auf die Mietpreise auswirkt.

Gesellschaften oder institutionelle Investoren können durch grosse Portfolios auch einen Skaleneffekt erzielen und viele Kosten einsparen, die private Eigentümerinnen selbst tragen müssen. Auch das Risiko wird von den privaten Eigentümern selbst getragen, während die anderen ihre Risiken diversifizieren können.»  

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