Während Obligationen kaum rentieren, locken Reverse Convertibles mit hohen, oft zweistelligen Zinscoupons. Kein Wunder, erfreuen sich diese Produkte einer enormen Popularität. Innert Jahresfrist ist ihr Umsatz an der Schweizer Börse um 30 Prozent gestiegen. Gegenüber den Kapitalschutzprodukten (siehe BILANZ 5/2007) sind Reverse Convertibles jedoch um einiges komplexer. Deshalb sollte man das jeweilige Rendite-Risiko-Profil vor dem Kauf sehr genau analysieren.

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Wie sich Reverse Convertibles gewinnbringend einsetzen lassen, soll folgendes Beispiel illustrieren: Ein Anleger will in zwölf Monaten für 50 000 Franken ein neues Auto kaufen. Um die nötigen Mittel bereitzustellen, verkauft er schon heute seine Novartis-Aktien. Trotzdem möchte er – bei reduziertem Risiko – weiter an der Kursentwicklung partizipieren, weil er von der Qualität der Titel überzeugt ist.

Angenommen, der Anleger hat im April 2006 auf Novartis emittierte Barrier Reverse Convertibles der Zürcher Kantonalbank gekauft. Er konnte so innerhalb eines Jahres einen ansehnlichen Coupon von 5,75 Prozent verdienen – einiges mehr als mit Obligationen oder Geldmarktanlagen. Im konkreten Fall ist er gar deutlich besser gefahren als der Novartis-Aktionär, der eine negative Performance hinnehmen musste (siehe «Komfortabel im Plus»).

Neben einem fixen Zins bieten Barrier Reverse Convertibles dem Käufer einen Risikopuffer: Erst bei einem starken Rückgang des Aktienkurses ist der Anleger verpflichtet, den Basiswert zu übernehmen. Im konkreten Beispiel kommt die Barriere ins Spiel, wenn die Novartis-Aktie gegenüber dem Kurs bei der Lancierung 15 Prozent verliert – wobei der Verlust um den garantierten Zins von 5,75 Prozent gemildert wird.

Der Puffer hat indes seinen Preis: Bei einem starken Anstieg des Novartis-Kurses hätte man mit der Aktie besser verdient. Beim Reverse Convertible dagegen beschränkt sich der grösstmögliche Gewinn auf den Coupon.

Ihre optimale Wirkung entfalten Reverse Convertibles folglich, wenn sich die Börse seitwärts entwickelt: Man verpasst keinen Boom, bei gleichzeitig geringem Risiko, dass ein starker Einbruch die Barriere aktivieren könnte. Da eine solche Seitwärtstendenz selten über eine längere Periode andauert, haben diese Produkte meist eine auf 12 bis 24 Monate beschränkte Laufzeit.
Um einen Reverse Convertible gewinnbringend einzusetzen, sollte man auch die Tücken kennen. Viele Anleger lassen sich durch den attraktiven Coupon verführen. Überdies verwechseln sie die Produkte häufig mit risikolosen Obligationen, weil diese ebenfalls einen fixen Zins abwerfen. In Wirklichkeit jedoch entsprechen ihre Eigenschaften eher denjenigen von Aktien, wenn auch mit einem gewissen Sicherheitspolster.

Als Beispiel: Die Bank Clariden Leu hat im Februar einen Reverse Convertible auf die Aktie OC Oerlikon lanciert. Der Zinssatz von 14 Prozent wirkt zwar hoch. Trotzdem sollte das Produkt nur erwerben, wer die Aktie genau analysiert hat und sie auch als Direktanlage kaufen würde. Als die Börsenkurse im Februar purzelten, verlor das Produkt prompt zehn Prozent an Wert, nur unwesentlich weniger als die Oerlikon-Aktie. Zwar haben Reverse Convertibles einen sogenannten bedingten Kapitalschutz. Das heisst: Wird die Barriere, die im konkreten Beispiel bei 65 Prozent liegt, nicht berührt oder unterschritten, erhält der Käufer am Ende der Laufzeit zusätzlich zum Coupon 100 Prozent des Nominalbetrags zurück – unabhängig davon, ob die Aktie unter dem Einstandskurs notiert.

Doch dieser Schutz ist oft trügerisch. Beim Börseneinbruch im Juni 2006 hätte die Oerlikon-Aktie diese Barriere durchbrochen, womit der Kapitalschutz verfallen wäre. Auch beim erwähnten Beispiel des ZKB-Reverse-Convertible auf Novartis wurde es im letzten Juni knapp: Die Aktie hat die Barriere von 85 Prozent beinahe gestreift. Zwar liesse sich die Barriere auch tiefer ansetzen, doch dann würde der Zins magerer ausfallen.

Die Höhe des Coupons hängt ausserdem von der Volatilität an der Börse ab. Schwanken die Kurse wie in den letzten Jahren nur wenig, schmälert das die Rendite (siehe Box «Der Bauplan» rechts). Damit die Banken auf ihren Reverse Convertibles trotzdem einen zweistelligen Coupon offerieren können, packen sie in ihre Produkte zunehmend zwei oder drei Aktien hinein – womit aber auch die Gefahr steigt, dass einer dieser Titel abstürzt.

Ein Beispiel dieser sogenannten «Worst of Barrier Reverse Convertibles»: Ein aktuelles Derivat aus dem Hause UBS mit den Basiswerten Actelion, Julius Bär und Logitech zahlt einen Zins von 15 Prozent.

Besteht das gleiche Produkt aus einem Aktienkorb mit Credit Suisse, Nestlé und Zurich FS, die allesamt eine deutlich tiefere Volatilität aufweisen, so reicht es nur noch für einen vergleichsweise mageren Coupon von sieben Prozent (siehe Tabelle «Aushängeschilder»).




Aushängeschilder
Anbieter Basiswert Valor Laufzeit Coupon p.a. Barriere
ZKB Novartis 2 506 510 13.4.06–13.4.07 5,75% 85%
Clariden Leu OC Oerlikon 2 900 952 15.2.07–15.2.08 14,00% 65%
UBS Actelion, Jul. Bär, Logitech 2 934 506 5.3.07–5.3.08 15,00% 75%
UBS CS, Nestlé, Zurich FS 2 919 512 27.2.07–27.2.08 7,00% 75%
Julius Bär Cytos, Ypsomed 2 917 038 16.2.07–18.2.08 15,50% 69%
Vontobel SMI, Euro Stoxx 50, 2 540 426 5.5.06–5.5.09 6,30% 65% *
S&P 500, Nikkei 225
ZKB Nobel Biocare 2 967 977 14.3.07–14.3.08 5,5%/11% 80%
Vontobel Rohöl 2 921 979 23.2.07-27.3.08 10,28% 80%
(*) Die Barriere bezieht sich auf den Zeitpunkt der Lancierung, per 26.3.07 liegt dieser Wert bei 58%.

Gar 15,5 Prozent zahlt ein neuer Reverse Convertible von Julius Bär auf die Aktien von Cytos und Ypsomed. Ein solches Produkt eignet sich indes nur für Nervenstarke: Touchiert eine der beiden Aktien die Barriere, erhält der Anleger plötzlich stark schwankende Small-Cap-Titel ins Depot geliefert, die er vielleicht gar nie wollte. Entsprechend notierte das Derivat beim jüngsten Börseneinbruch fast zehn Prozent tiefer – ein grösserer Verlust als beim SMI.

Generell empfiehlt es sich deshalb, Reverse Convertibles mit einem etwas tieferen Coupon zu bevorzugen, die dafür eine höhere Sicherheit bieten. Ein gutes Beispiel stammt von der Bank Vontobel, emittiert auf die vier Indizes SMI, Euro Stoxx 50, S&P 500 und Nikkei. Das Produkt zahlt einen jährlichen Zins von 6,3 Prozent. Gleichzeitig liegt die Barriere auf einem sehr tiefen Niveau von 58 Prozent: Dass der SMI von derzeit rund 9000 bis auf 5230 Punkte fällt, ist unwahrscheinlich.

Eine interessante Innovation ist der Double Coupon Soft-Runner der ZKB, beispielsweise auf die Aktie Nobel Biocare: Das Derivat zahlt einen Zins von 5,5 Prozent, solange der Basiswert die Barriere von 80 Prozent nicht berührt. Steigt der Aktienkurs in einem Jahr um mehr als 20 Prozent an, wird der Coupon auf 11 Prozent verdoppelt.

Mit Reverse Convertibles lässt sich das Portfolio überdies breiter diversifizieren, etwa in den Bereich Rohstoffe. So hat die Bank Vontobel kürzlich ein entsprechendes Produkt auf Rohöl lanciert. Vorausgesetzt, der Ölpreis bleibt über der Barriere von 80 Prozent, winkt dem Anleger ein Jahreszins von beachtlichen 10,3 Prozent.

Internet: www.warrants.ch

Literatur: Swiss Derivative Guide,
Verlagsgruppe Handelszeitung, 2006/07, Fr. 39.–

Die vierteilige Derivate-Serie der BILANZ:

Teil 1, Kapitalschutz: www.bilanz.ch/invest;
in der nächsten Ausgabe: Teil 3, Zertifikate.