Die Negativzins-Spirale im Euro-Raum dreht weiter. Nun äussert auch die deutsche Commerzbank offen, dass sie von immer mehr Kunden Strafzinsen für geparktes Geld verlangt. «Wir haben zahlreiche Privatkunden angesprochen», sagte Finanzchef Stephan Engels in einer Telefonkonferenz. Man beginne jetzt, Massnahmen umzusetzen. «Das Potenzial ist sehr gross.»

Bislang habe die Commerzbank so gut wie keinem Privatkunden Strafzinsen in Rechnung gestellt. «Wir fangen jetzt mit Kunden mit hohen Einlagen an.» Engels liess offen, ab welcher Einlagenhöhe Strafzinsen gelten sollen. Einfache Sparer würden weiter verschont.

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Auch Freigrenzen werden überprüft

Bei Firmenkunden erhebt die Commerzbank ab einer bestimmten Einlagenhöhe bereits seit langem Strafzinsen und passt diese nun an die gesunkenen Zinsen an. «Wir überprüfen auch die Freibeträge», sagte Engels. Zudem wolle die Commerzbank mit Preiserhöhungen und einer Anpassung des Produktangebots einem zu hohen Zufluss von Einlagen entgegenwirken.

Seit 2014 müssen Geldinstitute Minuszinsen zahlen, wenn sie Gelder bei der Europäische Zentralbank (EZB) parken. Diesen sogenannten Einlagesatz hatte die EZB zuletzt auf minus 0,5 Prozent gesenkt, zugleich aber einen Teil der Einlagen von dem Strafzins ausgenommen. Doch die Entlastung durch diesen Staffelzins sei geringer als die Belastung durch die niedrigeren Zinsen, sagte Engels. Da kein Ende der lockeren Geldpolitik der EZB absehbar ist, sind die Marktzinsen in den vergangenen Monaten weiter unter Druck geraten. 

Seit Kurzem erhebt etwa mit der Berliner Volksbank erstmals eine grössere Volksbank in Deutschland einen Strafzins auf die Einlagen privater Kunden. Er liegt bei –0,5 Prozent und gilt ab Einlagen von 100'000 Euro.

Die UBS führte jüngst einen Minus-Satz von 0,6 Prozent für Euro-Beträge ab 500'000 ein. Zuvor lag die Schwelle für Guthaben ab einer Million Euro.

«Transmissions-Mechanismus»

Eine entsprechende Ankündigung bot auch Jean-Pierre Mustier, der CEO Unicredit: Etwa ab Januar müssen die Kunden für grössere Beträge auf dem Konto einen Zins bezahlen. Der Chef von Italiens grösster Bank sieht in solchen Senkungen einen entscheidenden Schritt, damit die Negativzinsen dem Zweck der EZB dienen: In einem Interview mit der «Financial Times» (Paywall) forderte Mustier jüngst die EZB auf, den «Transmissions-Mechanismus» zu verbessern: Irgendetwas müsse geschehen, damit die Tiefstsätze auch tatsächlich an die Kunden weitergereicht werden; und damit diese wiederum das Geld investieren, statt es auf den Banken zu horten.

Allerdings müssten zugleich die kleinen Retailkunden möglichst ungeschoren davonkommen.

Anders als die meisten Bankchefs sonst sieht der französische CEO von Unicredit in den Negativzinsen kein Problem. Im Gegenteil: Mario Draghis Politik habe die Eurozone stabilisiert – die Banken seien Hauptprofiteure davon. Zwar seien ihre Möglichkeiten im Zinsgeschäft jetzt beschränkt, doch mit den Gebühren liesse sich dies teilweise absorbieren. 

(Reuters — rap)