Die Arbeitsproduktivität ist im letzten Jahrzehnt in der Schweiz eher wenig gestiegen. Das Gleiche ist aber auch in einigen anderen Ländern zu beobachten. Geringe Zuwächse der Produktivität haben zur Folge, dass die Einkommen pro Bewohnerin und Bewohner wenig steigen. In diesem Zusammenhang wird häufig von einem Wachstum in die Breite gesprochen: mehr vom Gleichen statt Innovation und Zunahme der Arbeitsproduktivität.

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Immer wieder wird dieses Phänomen mit der Personenfreizügigkeit in Verbindung gebracht. Zu Unrecht. Die Personenfreizügigkeit hat die Rekrutierung von gut ausgebildeten Personen erleichtert. Zusammen mit dem massiven Ausbau der tertiären Ausbildung hat dies eine rasche Höherqualifizierung der Beschäftigten bewirkt. Das soll gemäss den ökonomischen Modellen, aber auch gemäss den vorliegenden Studien den technischen Fortschritt und die Produktivitätsfortschritte begünstigt haben.

Die Ursachen für die unbefriedigende Produktivitätsentwicklung liegen anderswo. Arbeitsplätze wurden vor allem in staatsnahen Branchen geschaffen, in denen die Arbeitsproduktivität kaum zunimmt. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Arbeitsplätze in den exportorientierten, produktiven Branchen kaum verändert, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Im Gesundheits- und Sozialwesen wurden zwischen 2009 und 2019 133’000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen, auf Vollzeitstellen umgerechnet. Der weitaus grösste Teil davon im Gesundheitswesen. In der Industrie und im verarbeitenden Gewerbe hat die Zahl der Arbeitsplätze gleichzeitig um etwa 10’000 abgenommen. Trotzdem wurden hier rund zwei Drittel der Produktivitätsfortschritte erarbeitet.

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Die ungesunde Branchenentwicklung ist in erheblichem Ausmass auf unsere Wirtschaftspolitik zurückzuführen. Sie hat sich auch im letzten Jahrzehnt geweigert, das Kostenwachstum im Gesundheitswesen zu beschränken. Damit hat sie die Expansion der Beschäftigung im Gesundheits- und Sozialwesen begünstigt und auch zum heutigen Mangel an Personal beigetragen. Auf der anderen Seite hat die Nationalbank zu Beginn des letzten Jahrzehnts eine Aufwertung des Frankens zugelassen, die den Werkplatz Schweiz im internationalen Vergleich um mehr als 10 Prozent verteuert hat – im Vergleich zu unseren europäischen Handelspartnern sogar um mehr als 15 Prozent. Das hat die Entwicklung der exportorientierten Branchen behindert.

Die Schweiz hat die Personenfreizügigkeit bisher suboptimal genutzt. Weniger Wachstum in den staatsnahen Branchen und ein stärkeres in der Exportindustrie hätte den Wohlstand in der Schweiz erhöht. Leider besteht die Gefahr, dass sich die unbefriedigende Entwicklung fortsetzt.