Die anstehenden Wahlen in Frankreich sorgen bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) für Anspannung. Sollte in Frankreich die rechtsextreme EU-Kritikerin Marine Le Pen überraschend gewinnen, dürfte die SNB im Extremfall nicht um eine weitere Zinssenkung herumkommen. Mit einem solchen Schritt würde sich die Notenbank jedoch auf heikles Terrain begeben, denn die Zinsen hierzulande zählen mit minus 0,75 Prozent bereits zu den tiefsten der Welt. «Die Hemmschwelle für eine weitere Zinssenkung ist gross. Es bleibt der SNB praktisch nur noch eine Zinskarte, die sie ausspielen kann», erklärt Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St. Galler Kantonalbank.

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Schweizer Franken als sicherer Hafen für Investoren

Die erste Wahlrunde in Frankreich findet am 23. April statt, die zweite Runde am 7. Mai. Umfragen zufolge dürfte es Le Pen in die Stichwahl schaffen, dort aber das Nachsehen haben. Dennoch: Es wäre nach dem überraschenden Brexit und dem Triumph von Donald Trump in den USA nicht das erste Mal, dass die Auguren falsch liegen. Le Pen hat sich für einen EU-Ausstieg Frankreichs stark gemacht.

Sollte sie am Ende tatsächlich siegen, dürfte das an den Finanzmärkten daher Ängste über ein weiteres Auseinandertriften der Euro-Zone schüren. Investoren könnten dann «sichere Häfen» wie eben den Schweizer Franken ansteuern - was zu einem weiteren Höhenflug der Währung führen würde. Das aber will die SNB mit allen Mitteln vermeiden, weil dadurch Schweizer Waren im Ausland noch teurer werden und das der exportorientierten Wirtschaft schadet.

Zunächst mit Devisenmarkt-Interventionen gegensteuern

«Wir haben den Eindruck, dass die SNB Zinssenkungen als letztes Instrument anwenden würde - sollten jedoch die politischen Risiken in Europa wieder steigen, könnte das schon passieren», sagt Sven Schubert, Währungsexperte bei der Bank Vontobel.

Zunächst dürfte die Notenbank jedoch mit Devisenmarkt-Interventionen gegensteuern: Dabei druckt sie Franken und kauft damit Fremdwährungen wie Euro oder Dollar, um so die eigene Währung künstlich zu schwächen. Das machte sie bereits in den vergangenen Wochen vor: Sie gab so viel für Interventionen aus wie seit gut zwei Jahren nicht mehr. Doch diese Eingriffe haben eine Schattenseite: Sie blähen die Bilanz der SNB auf. Allein die Devisenanlagen haben mittlerweile ein Volumen von über 700 Milliarden Franken erreicht - mehr als die jährliche Wirtschaftsleistung der Schweiz.

Wann brennen die Sicherungen durch?

Bei einem unerwarteten Wahlsieg Le Pens könnte die Verunsicherung an den Märkten und damit der Zustrom in den Franken so gross sein, dass Interventionen nicht mehr ausreichen, um den Höhenflug zu bremsen. «Wenn man Angst haben muss, dass Europa auseinanderfällt, wird das massiven Druck auf den Franken auslösen», sagt Placido Albanese, Chief Investment Officer bei der Privatbank Banque Cramer. «Das wird die SNB nicht nur mit Interventionen ausgleichen können. Sie müsste dann an der Zinsschraube drehen und die grosse Keule auspacken und auf minus 1,5 Prozent gehen.»

Auch Albanese geht davon aus, dass die SNB die Zinsen nur im äussersten Notfall weiter nach unten schrauben wird. Wann dieser Notfall eintritt, ist jedoch schwierig abzuschätzen. Der UBS-Chefökonom für die Schweiz, Daniel Kalt, zieht als Gradmesser dafür die Turbulenzen rund um die Aufgabe des Euro-Mindestkurses Anfang 2015 heran, als die SNB zum bislang letzten Mal die Zinsen gesenkt hat. Damals steckte die Notenbank pro Woche bis zu 25 Milliarden Franken in Devisenkäufe, um den Franken zu schwächen.

Jüngst waren es bis zu gut fünf Milliarden, wie von der SNB veröffentlichte Daten nahelegen. Am Beispiel 2015 sehe man, «ab welchen Niveaus an Interventionen der SNB quasi die Sicherungen durchgebrannt sind», sagt Kalt. Sollten die wöchentlichen Interventionen über einen längeren Zeitraum wieder in diese Grössenordnung kommen, sei eine weitere Zinssenkung möglich.

Auch die SNB selbst schliesst einen solchen Schritt nicht aus. «Wir haben - und das haben wir immer betont - sowohl bei den Zinsen als auch bei den Interventionen noch Spielraum«, hatte SNB-Präsident Thomas Jordan zuletzt erklärt.

(reuters/ccr)

Das sind die zehn wichtigsten Köpfe - das «Who is who» - in der Schweizer Finanzwelt: