Die Entschlossenheit der Zentralbanken, die Inflation wieder auf Zielwert zu bringen, hat die Fundamentaldaten des Immobilienmarktes verändert. In den USA, in Grossbritannien und in der Euro-Zone gab es die schnellsten Zinserhöhungszyklen seit mehr als dreissig Jahren. In der Folge verdoppelten sich die Hypothekenzinsen in den USA und verdreifachten sich sogar in den meisten europäischen Ländern.

Angesichts des starken Anstiegs der Immobilienpreise in den letzten Jahren hat der Anstieg der Zinssätze die Erschwinglichkeit von Eigenheimen auf den niedrigsten Stand seit 2006 gedrückt. Die Wohnungsverkäufe sind bereits stark zurückgegangen, und die Hauspreisdaten in der zweiten Jahreshälfte deuteten auf eine Abschwächung des Preisumfelds in Nordamerika und Europa hin.

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Die Fallhöhe ist in der Tat beachtlich. Seit den Tiefstständen der Finanzkrise stiegen die Immobilienpreise weltweit um 75 Prozent, wodurch die Immobilienmärkte in Nordamerika und den meisten europäischen Ländern in überbewertetes Territorium gelangten.

Eine gute Kennzahl für deren Ausmass ist das Verhältnis zwischen Hauspreisen und verfügbaren Einkommen. Je höher der Wert, desto teurer die Immobilienmärkte. In vielen grossen entwickelten Volkswirtschaften ist derzeit dieses Verhältnis nahe an oder bereits auf historischen Höchstständen, denn das Wachstum des verfügbaren Einkommens konnte in den letzten Jahren mit dem Hauspreisanstieg nicht mithalten. Das hohe Bewertungsniveau macht die heutigen Wohnungsmärkte deutlich anfälliger für höhere Zinssätze und Finanzierungskosten.

Über den Autor

Tilmann Galler ist globaler Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management.

Die Relevanz der Kennzahl Hauspreis zum verfügbaren Einkommen für den Wohnungsmarkt lässt sich mit dem Kurs-Gewinn-Verhältnis von Aktien vergleichen. Beispielsweise erlebten die USA in den letzten fünfzig Jahren nur zwei Perioden mit grösseren nominalen Hauspreisrückgängen. Beide Zeiträume ereigneten sich, nachdem die Schere zwischen Hauspreisen und Einkommen weit aufgegangen ist. In beiden Fällen war eine deutliche Straffung der Geldpolitik der Auslöser für das Ende des Überschwangs am Immobilienmarkt.

Trotz Korrekturbedarf bei den Preisen erwarten wir aus zwei Gründen keine Wiederholung der Immobilien- und Finanzkrise: Erstens unterscheidet sich die derzeit nur moderate Investitionstätigkeit von jener im Jahr 2006, als in den USA zum Beispiel aufgrund übermässiger Bauaktivität ein grosser Angebotsüberhang bestand. So lag der Leerstand bei der Vermietung per Ende 2022 mit 5,8 Prozent deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 7,3 Prozent.

Diese Angebotsknappheit dürfte die Hauspreiskorrektur kurzfristig abmildern und sich in Rückenwind verwandeln, sobald Zinsen und Finanzierungskosten moderater werden. Zweitens sind die Kreditqualität der Hypothekenfinanzierung heute höher und die Laufzeiten der Hypotheken länger.

Damit die Wohnungsmärkte ihr Gleichgewicht finden können, muss sich die Erschwinglichkeit normalisieren. Dies kann auf drei Arten erfolgen: Erstens, die Preise fallen, zweitens, das verfügbare Einkommen steigt, und drittens, die Finanzierungskosten sinken. Unserer Ansicht nach besteht eine gute Chance, dass alle drei Variablen in näherer Zukunft zur Normalisierung der Erschwinglichkeit beitragen.

Das Ausmass des Abschwungs bestimmt letztendlich den Erfolg der Zentralbanken bei der Eindämmung der Inflation. Unser Basisszenario ist, dass die Zentralbanken in der Lage sein werden, die Straffung zumindest bei nachlassendem Inflationsdruck zu unterbrechen und in den folgenden Jahren zu einer moderaten Geldpolitik zurückzukehren. Damit wird die Abwärtsbewegung auf dem Immobilienmarkt begrenzt.