Im Sommer könnten die deutschen Fussballclubs die womöglich gute Stimmung rund um die EM nutzen und sich ihre leeren Kassen mit dem Geld ihrer Anhänger füllen. Die als Liebhaberei geltenden Fan-Anleihen kommen wieder in Mode.

Gut ein Dutzend Fussballvereine hat derzeit Schulden bei den eigenen Fans. Schalke 04, der Hamburger SV, Hertha BSC: Sie alle haben Anleihen verkauft. Für die Clubs haben die Schuldscheine den Vorteil, dass ihnen nicht ständig ein neugieriger Banker über die Schulter guckt. Geworben wird mit hohen Zinsen und einer «emotionalen Rendite» - der leidenschaftliche Fan kann den nächsten Millionentransfer oder den Stadionausbau mit ermöglichen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Anlegerschützer warnen

Die Zinsen sind gerade im Niedrigzinsumfeld verlockend. Die Papiere der Clubs und ihrer Fussballfirmen bieten rund 5 bis 6 Prozent - deutlich mehr als Sparbuch und Festgeld. Anlegerschützer warnen aber, dass es sich bei den Papieren kaum um eine sinnvolle Altersvorsorge handelt. «Ein hoher Zinssatz bedeutet immer auch ein erhöhtes Risiko», sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. «Solche Renditen auch zu erwirtschaften, ist ja nicht ganz einfach.»

Gerade in den Jahren von 2010 bis 2013 machte eine ganze Reihe von Vereinen Gebrauch von der finanziellen Zuneigung ihrer Fans. Auffällig: Gerade wenn die Not gross ist, darf der Anhänger das Portemonnaie aufmachen. Beispiel 1. FC Köln: Der Club war 2012 gerade abgestiegen und stand nach einem Führungswechsel vor einem sportlichen wie finanziellen Scherbenhaufen. Und doch holte sich der FC mit dem Claim «Liebe verzinst sich» insgesamt 12,5 Millionen Euro bei Fans und Investoren.

Beim MSV Duisburg verlief das nicht ganz so rund. Wegen eines schleppend verlaufenden Schuldenschnitts und eines Zwangsabstiegs sammelten die Meidericher mit ihrer Zebra-Anleihe bis 2014 nur rund 0,7 der geplanten 5 Millionen Euro ein.

Als Schmuckurkunde ins Wohnzimmer

Ein lohnendes Geschäft dürfte es dennoch gewesen sein, weil die meisten Anleihen als Schmuckurkunden die Wohnzimmer- oder Bürowand zieren. Wer den jährlichen Zinscoupon mit dem aufgedruckten Konterfei einer MSV-Spielerlegende dann nicht abschneidet und damit zur Volksbank geht, bekommt auch keine Zinsen. Und ob am Ende der Laufzeit die ganze Urkunde wieder in Geld getauscht wird, ist auch fraglich.

Überhaupt haben die Papiere einen eher durchwachsenen Ruf. Als nämlich Alemannia Aachen vor mehr als drei Jahren in die Insolvenz musste, fiel die Rückzahlung des 2008 ausgegebenen Schuldscheins aus. 4,2 Millionen Euro hatten die Anhänger dem Verein für den Stadionbau geliehen.

Abstand zu europäischen Top-Adressen wird grösser

Aktuell kommt das Geschäft mit dem Geld der Fans aber wieder in Mode. Zum einen stehen demnächst einige Anleihen zur Rückzahlung an - und die ist eben am komfortabelsten mit neuen Anleihen, weil bei den wenigsten Vereinen die Kasse überquillt. Zum anderen wird der Abstand deutscher Profiklubs zu den europäischen Top-Adressen unter anderem wegen niedrigerer Fernsehgelder immer grösser. Die Verlockung, in ein hoffnungsvolles Talent für den sportlichen Erfolg zu investieren, ist demgegenüber weiter gross.

Krösus unter den Fussball-Schuldnern ist nach wie vor der FC Schalke. Ende Mai kündigten die Königsblauen an, die bestehende 50-Millionen-Euro-Anleihe vorzeitig zurückzahlen zu wollen und dafür wiederum zwei neue Anleihen in insgesamt gleicher Höhe zu planen. Grund könnte für Finanzchef Peter Peters der Blick auf die historisch niedrigen Marktzinsen sein, die Schalke-Anleihe wirft nämlich vergleichsweise hohe 6,75 Prozent ab. Die Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung gegen eine Prämie hatten sich die Gelsenkirchener in die Bedingungen schreiben lassen.

Der finanzschwache Hamburger SV könnte im Sommer für die Rückzahlung diverser Schulden und für die in drei Jahren fällige 17,5-Millionen-Euro-Anleihe - und laut «Bild»-Zeitung wohl auch für neue Spieler - 40 Millionen Euro über Anleihen einsammeln.

Professioneller geführt als früher

Mittlerweile seien die deutschen Fussballvereine deutlich besser und professioneller geführt als früher, sagt Anlegerschützer Kurz. Den eigenen Verein mit dem Investment unterstützen zu wollen, sei zudem völlig legitim. Man solle sich nur nicht von einer hohen Rendite in die Anlagen locken lassen.

Ein Anleger bei Fussballclubs könne nur bedingt aus der Vergangenheit auf die künftige wirtschaftliche Entwicklung schliessen. «Für die ist schliesslich der sportliche Erfolg ausschlaggebend», so Kurz. Und wie Fans vom MSV Duisburg und Arminia Bielefeld, aber auch vom 1. FC Köln wissen: Auch eine emotionale Rendite kann negativ sein.

(sda/ccr)