Herr Simonet, ESG ist sehr en vogue in der Vermögensverwaltung: Environment, Social and Governance. Glauben die Kunden wirklich an diese Form des nachhaltigen Investierens? 
ESG ist keine Modeerscheinung, sondern ein Trend. Grosse institutionelle Kunden werden das Portfolio mittelfristig auf ESG-kompatible Firmen umstellen, auch in der Schweiz. Wir haben die Kunden immer wieder gefragt, wie sie zu diesem Thema stehen: 85 Prozent antworteten, dass sie daran interessiert seien. Aber noch fühlt sich nur ein Teil der Kunden genügend informiert, um das eigene Portfolio nachhaltig auszurichten. 

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Wie verhalten sich die Kunden dann?
Es gibt sehr viele Kunden, die einen Teil ihrer Anlagen in ESG-Investments haben und nur wenige, die in der Kategorie «alles oder nichts» denken. Alles in allem gehen die Kunden pragmatisch mit dem Thema um.

Ermuntern Sie Kunden zu ESG-Investments?
Für uns ist ESG keine «moralische Frage». Es wäre sehr gefährlich, als Finanzdienstleister eine solche Frage zu stellen, das wollen wir uns nicht anmassen. Es ist wie andernorts: Der Kunde entscheidet, ob er Flugreisen tätigt oder nicht. Oder ob er ein Auto mit Verbrennungs- oder Elektromotor kauft. 

Sind Kunden allenfalls an ESG-Investments interessiert, weil sie davon eine bessere Performance erwarten? 
Wir glauben nicht, dass nachhaltige Anlagen eine wesentlich bessere Performance haben werden als klassische Anlagen, aber auch keine signifikant schlechtere. Das Risiko-Ertrags-Verhältnis für den Anleger wird bei beiden Arten des Anlegens ungefähr das gleiche sein. 

«Wir haben intern stark auf Videokonferenzen umgestellt. Wir machen deutlich mehr virtuelle Sitzungen als früher.»

 

Anton Simonet

Finden Sie genügend Anlagemöglichkeiten? 
Dies ist eine berechtigte Frage. Es gab die Diskussion um «Green Bonds». In Schweizer Franken ist das Angebot begrenzt und wird zu klein sein, wenn alle auf dieses Thema aufspringen. 

Der Begriff Nachhaltigkeit lässt sich aber relativ breit auslegen, und damit auch die Auswahl an möglichen Anlagen.
Was fehlt, ist eine Art von Ratings. Wenn wir von Obligationen und deren Ratings sprechen, wissen Investoren, was gemeint ist. Ein «Nachhaltigkeits-Rating» für Aktien zu definieren ist im Moment viel schwieriger: Es gibt unterschiedliche Indizes, Ansätze und Diskussionen. Aber wir sind noch nicht so weit, dass wir bei nachhaltigen Anlagen ein Rating haben, das alle kennen. Da sind wir als Finanzindustrie gefordert. 

Für welche Art Nachhaltigkeitsstandards plädiert die UBS hier innerhalb der Branche? 
Angesichts der Vielzahl an Ansätzen, die aktuell existieren, plädieren wir für den Grundsatz «weniger ist mehr». Für den internationalen und branchenübergreifenden Vergleich wäre es wichtig, dass Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsperformance transparent und einheitlich publizieren, wie man das von den Finanzkennzahlen kennt. Darüber hinaus begrüssen wir den Ansatz des WEF, das im Interesse von Investoren und Konsumenten eine Initiative in Bezug auf Nachhaltigkeitsdaten etabliert hat, um ein effektives Ökosystem für ESG zu kreieren.

Anton Simonet

Anton Simonet ist seit April 2017 Leiter Wealth Management bei UBS Schweiz. Er kam 2010 von der Dresdner Bank zur UBS, wo er zuerst als Verantwortlicher für die Regionen Naher Osten, Asien, Israel und Afrika arbeitete. 2011 wurde er Leiter des Wealth Management und Regionaldirektor in der UBS-Region Ostschweiz.

Als Bank, die diese Produkte anbietet: Müssen Sie da besonders vorbildlich sein? 
Als Unternehmen wollen wir ja auch nachhaltig sein. Auch gegenüber Investoren, die sich vielleicht die Frage stellen, welches die nachhaltigste Bank sei. 

Fliegen Sie und Ihre Berater also weniger? 
Wir haben intern stark auf Videokonferenzen umgestellt. Nicht 100 Prozent, aber wir machen deutlich mehr virtuelle Sitzungen als früher. Heute trifft man sich nur noch einmal im Quartal vor Ort und versucht dabei, möglichst viele Termine zusammenzulegen. 

Aber als global tätige Bank müssen Sie auch Abstriche machen? 
Als Finanzdienstleister stellt sich heute im Bereich der Nachhaltigkeit selbstverständlich die Frage, welche Unternehmen aus welchen Sektoren man begleitet. Das Thema ESG-Investments gewinnt bei institutionellen Investoren an Relevanz und wird mit der Zeit auf die Family Offices und grössere Privatkunden übergehen. Auch im Retailbereich werden ESG-Investments immer mehr nachgefragt.