Vor zwei Jahren dümpelten die Renditen für amerikanische Staatsanleihen auf einem Rekordtief vor sich hin. Gerade mal 0,30 Prozent Rendite warfen 10-jährige Staatsanleihen auf dem Tiefpunkt der Corona-Krise am 20. März 2020 ab. Mit den Zinserhöhungen der amerikanischen Notenbank Fed kam die vierzig Jahre dauernde Talfahrt dann aber zu einem abrupten Ende und die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen zogen rasant auf 4,95 Prozent an.

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Die Renditedifferenz zu den Schweizer Bundesobligationen ist in den letzten Jahren ebenfalls deutlich angestiegen. Lag diese beim Corona-Tief bei 1,52 Prozent, beträgt diese nun 3,80 Prozent. Das ist ein attraktives Niveau selbst unter Berücksichtiung der konstanten Währungsabwertung des Dollars zum Schweizer Franken. Gemäss Studie der Schweizerischen Nationalbank (SNB) werten sich ein internationaler Währungskorb im Schnitt um 1 Prozent pro Jahr gegenüber dem Schweizer Franken ab. Das würde immer noch eine Mehrrendite von 2,80 Prozent ergeben.

80 Prozent Aktien und harte Vermögenswerte vor Obligationen

Hals über Kopf nun schwergewichtig in amerikanische Staatsanleihen wegen der hohen Renditen zu switchen, ist gemäss Larry Fink, CEO von Blackrock, nicht ratsam. Der Chef des grössten Vermögensverwalters weltweit erklärte zwar in einem Interview gegenüber dem Fernsehsender CNBC anlässlich der Präsentation der Quartalszahlen vor einer Woche, dass die US-Renditen sehr attraktiv sind.

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Ein klassisches Portfolio mit einem Anteil von 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Obligationen sieht der Blackrock-Chef aber weiterhin als überholt an – dazu mehr im Interview mit Ursula Marchioni. Fink empfiehlt eine 80-prozentige Gewichtung in Aktien und harten Assets wie Immobilien mit einem 20-prozentigen Anteil an Obligationenanlagen oder festverzinslichen Vermögenswerten.

Obligationen sind keine Versicherung gegen geopolitische Risiken

«US-Staatsanleihen haben in den letzten Tagen ihre übliche Rolle als sicheren Hafen nicht erfüllt», schreibt der Chief Investment Officer UBS Global Wealth Management Mark Haefele in einer Kundennotiz am Donnertag. Starke US-Daten übertrafen die Sorgen über einen sich verschärfenden Konflikt im Nahen Osten. Stattdessen haben Anleger auf Gold und Öl als Absicherung gegen geopolitische Risiken gesetzt.

Haefele rät wie Fink Anlegerinnen und Anlegern, weiterhin diversifiziert zu investieren. «Am meisten bevorzugen wir Anleihen mit hoher Qualität, die von einer Verlangsamung des Wachstums und einer Abschwächung der Inflation profitieren dürften. Da jedoch widersprüchliche Kräfte auf die Märkte wirken, raten wir Anlegern, ihre Multi-Asset-Portfolios im Kern zu stärken.»

20-jährige US-Staatsanleihen werfen mehr als 30-jährige ab

Ein interessantes Phänomen ist bei den langlaufenden, amerikanischen Staatsanleihen zu sehen. Während 10- und 30-jährige Treasuries 4,95 respektive 5,08 Prozent Rendite abwerfen, steht der 20-jährige Bond bei 5,30 Prozent. Hintergrund ist, dass auf das 20-jährige Papier keine Optionen und Futures zur Absicherung oder Spekulation gehandelt werden können. Entsprechend meint ein Analyst, dass der 20-jährige T-Bond eine akurateres Bild als die 10- und 30-jährigen Pendants abgebe und das attraktivste Risiko-/Chancenprofil aufweise.

Diverse Analysten sind mittlerweile der Meinung, dass die Bondrenditen nahe dem Kulminationspunkt stehen. So schreibt die Analyse-Firma Datatrek am Donnerstag, dass es in der abgelaufenen Woche darum ging, die Dynamik zu respektieren, die zu einen bemerkenswerten Anstieg der Renditen 10-jähriger Staatsanleihen führte. «Diese ist so stark, dass die übliche Risikoscheu, die in Zeiten globaler Turbulenzen auftritt, über den Haufen geworfen wurde.» Datatrek geht für diesen Monat von einer weiterhin hohen Volatilität am US-Bondmarkt aus. Es scheint aber ein Höhepunkt bei den US-Renditen erreicht, auch wenn ein deutlich sichtbarer Katalysator für den Moment fehlt. Die Renditen können sich deshalb erst dann nachhaltig zurückbilden, wenn dieser Katalysator sichtbar wird.

Mittelfristig sinkende Renditen erwartet

Für Anleihenbesitzer waren die letzten drei Jahre nicht einfach, meint Chris Iggo, Chief Investment Office von AXA Investment Managers. Nach dem grössten Renditeanstieg seit 2020 sollte 2023 das Jahr der Anleihe werden. Aber dann liess die Marktentwicklung die Zweifel nur noch grösser werden. Iggo ist aber überzeugt, dass es nun 2024 endlich so weit sein wird. «Die Renditen sind so hoch wie lange nicht, und nach der zuletzt katastrophalen Wertentwicklung ist das Risiko-Ertrags-Profil von Anleihen heute so gut wie seit mindestens 20 Jahren nicht mehr.» Die hohen Geldmarktzinsen bleiben zwar eine Herausforderung, doch sobald die Notenbanken zu lockern beginnen, werden die Kurs der Bonds steigen.

Von sinkenden Renditen geht auch Jan Viebig, Chief Investment Officer der Bank ODDO BHF, aus. Die historischen Erfahrungen führen zur Schlussfolgerung, dass die langfristigen Renditen mit Erreichen des Leitzins-Höhepunkts zu sinken beginnen. «Wir sind allerdings überzeugt, dass diese Entwicklung im aktuellen Zyklus langsam verlaufen wird, vor allem weil die Inflationsrisiken aufgrund der robusten Situation von Konjunktur und Arbeitsmarkt, der hohen Kerninflation und der Inflationserwartungen fortbestehen.»

Raiffeisen setzt auf kurze Laufzeiten

Raiffeisen Schweiz erachtet Anleihen ebenfalls als attraktiv, setzt dabei aber auf kurze Laufzeiten. Der Chief Investment Officer Matthias Geissbühler hält die langen Laufzeiten bei US-Staatsanleihen nicht für kaufenswert – dies insbesondere vor dem Hintergrund der weiterhin leicht inversen beziehungsweisen sehr flachen Zinskurve. «Anleger können aktuell mit kurzlaufenden einjährigen T-Bills 5,2 Prozent Rendite erzielen, bei 2-jährigen US-Treasuries liegt diese ebenfalls bei rund 5,2 Prozent.» Die Zehnjährigen liegen derweil «nur» bei 4,95 Prozent. Damit werden Anleger für das deutlich höhere Zinsänderungsrisiko bei langlaufenden Staatsanleihen nicht kompensiert.

Zudem besteht gemäss Geissbühler ein nicht unerhebliches Risiko, dass die Zinsen am langen Ende kurzfristig noch weiter steigen könnten. Die US-Staatsverschuldung nimmt rasant zu und gleichzeitig fällt mit der US-Notenbank ein wichtiger Käufer von Treasuries weg. Zudem falle aufgrund des Quantitative Tightenings (QT) die Fed sogar als Verkäuferin von Staatsanleihen auf. Auch China und Japan sind zuletzt nicht mehr als Käufer aufgetreten. Damit entsteht eine zunehmende Lücke zwischen Angebot und Nachfrage, was die Zinsen weiter nach oben treiben könnte. Hinzu kommt ein möglicher «Government Shutdown» Mitte November, was eine weitere Abstufung der Schuldnerqualität durch eine Ratingagentur auslösen könnte.

Dieser Artikel ist zuerst bei Cash.ch erschienen unter dem Titel «Wie Schweizer Anleger von den hohen US-Bondrenditen profitieren können».

Thomas Daniel Marti
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