Die italienische Grossbank Unicredit plant Negativzinsen für einen gewissen Teil ihrer Kundschaft. Bald schon werde man die Minuszinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) an Kunden weiterleiten, die Summen über etwa 100’000 Euro auf dem Konto haben, sagte Unicredit-Konzernchef Jean-Pierre Mustier in einem Interview mit dem französischen Business-TV BFM.

Der Schritt werde in allen Ländern, in denen Unicredit tätig sein, eingeführt – wohl ab Januar nächsten Jahres.

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Unicredit ist die grösste Bank in Italien, in Österreich und in Osteuropa; in Deutschland ist es das drittgrösste Bankhaus. «Die Negativzinsen dürfen nicht in den Bilanzen der Banken steckenbleiben», erklärte CEO Mustier im Fernsehinterview. Ziel der Notenbank sei es ja, dass das günstige Geld auch weitergegeben werde.

Eine nach der andern

Den Kunden mit allzuviel Liquidität werde die Bank Alternativen anbieten, beispielsweise kommissionsfreie Geldmarktfonds. Dort könnten sie zumindest einen Satz nahe bei Null erwarten, was schon mal besser sei als Minuszinsen.

Offensichtlich wird, dass mehr und mehr Banken ein Schrittchen auf der Negativspirale wagen. Seit Kurzem erhebt mit der Berliner Volksbank erstmals eine grössere Volksbank in Deutschland einen Strafzins auf die Einlagen privater Kunden. Er liegt bei –0,5 Prozent und gilt ab Einlagen von 100'000 Euro.

Die UBS führt im November einen Minus-Satz von 0,6 Prozent für Euro-Beträge ab 500'000 ein. Bislang lag die Schwelle für Guthaben ab einer Million Euro.

«Transmissions-Mechanismus»

Jean-Pierre Mustier sieht in solchen Senkungen einen entscheidenden Schritt, damit die Negativzinsen dem Zweck von Mario Draghi dienen: In einem Interview mit der «Financial Times» (Paywall) forderte der Unicredit-Chef jüngst die EZB auf, den «Transmissions-Mechanismus» zu verbessern: Irgendetwas müsse geschehen, damit die Tiefstsätze auch tatsächlich an die Kunden weitergereicht werden; und damit diese wiederum das Geld investieren, statt es auf den Banken zu horten.

Allerdings müssten zugleich die kleinen Retailkunden möglichst ungeschoren davonkommen.

Anders als die meisten Bankchefs sonst sieht der französische CEO von Unicredit in den Negativzinsen kein Problem. Im Gegenteil: Draghis Politik habe die Eurozone stabilisiert – die Banken seien Hauptprofiteure davon. Zwar seien ihre Möglichkeiten im Zinsgeschäft jetzt beschränkt, doch mit den Gebühren liesse sich dies teilweise absorbieren. 

(rap)