Abrüstung und Frieden in Korea: Bei ihrem historischen Treffen am Dienstag in Singapur haben sich US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un auf den Abbau aller Atomwaffen auf der koreanischen Halbinsel geeinigt. Im Gegenzug garantieren die USA für die Sicherheit des abgeschotteten Landes und setzen ihre gemeinsamen Militärmanöver mit Südkorea aus. Die Sanktionen bleiben jedoch vorerst inkraft.

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«Ich habe einen sehr talentierten Mann kennengelernt», sagte Trump, der Kim ins Weisse Haus einlud und seinerseits eine Reise nach Pjöngjang in Aussicht stellte. Das Treffen sei «besser gelaufen als irgendjemand erwarten konnte». Kim nannte den von demonstrativ freundlichen Gesten geprägten Gipfel einen «guten Auftakt zum Frieden». Die Umsetzung soll nächste Woche beginnen.

Nukleare Abrüstung

«Ich überbringe im Namen des amerikanischen Volkes eine Botschaft von Hoffnung und Frieden», sagte Trump nach dem Gipfel in einem Luxushotel auf der Vergnügungsinsel Sentosa. Kim sei den ersten Schritt in eine leuchtende Zukunft seines Volkes gegangen. Kim sagte: «Wir haben alle Arten von Skepsis und Spekulationen über diesen Gipfel überwunden, und ich glaube, dass das gut für den Frieden ist.»

Beide hätten vereinbart, die Vergangenheit hinter sich zu lassen: «Die Welt wird eine grosse Veränderung sehen.» Formell ist der Koreakrieg nach 65 Jahren noch nicht beendet; 1953 gab es nur einen Waffenstillstand.

Dauerhafte und stabile Friedensordnung

In ihrer kurzen Gipfelerklärung vereinbarten Trump und Kim, sich für eine dauerhafte und stabile Friedensordnung auf der koreanischen Halbinsel einzusetzen. Neben der Denuklearisierung wurde auch vereinbart, die sterblichen Überreste von Soldaten und Kriegsgefangenen auszutauschen.

Trump sagte, der Abbau der Atomwaffen werde eine lange Zeit dauern, aber so schnell wie möglich vonstatten gehen. Die Denuklearisierung überprüfen sollten amerikanische und internationale Experten. Kim habe ihm bereits zugesagt, ein Raketenantriebs-Testgelände zu zerstören.

Erstmaliges Treffen

Das Treffen war das erste eines US-Präsidenten mit einem Machthaber in Pjöngjang. Trump und Kim zeigten sich vor den Augen der Welt demonstrativ umgänglich. So bezeichnete Trump Kim als «sehr schlau» und zollte ihm mit den Worten Respekt, er sei «ein würdiger und sehr harter Verhandlungspartner».

Kim warf einen Blick in die schwer gepanzerte Limousine des US-Präsidenten «The Beast» und liess sich von Trump etwas erklären. Zum Auftakt des Treffens zogen sich beide für etwa 40 Minuten in die Hotel-Bibliothek zurück, begleitet nur von ihren Übersetzern. Anschliessend folgten Treffen in grösserer Runde.

 Kim Jong Un und Donald Trump beim Gipfeltreffen in Singapur

In dem gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump unterzeichneten Gipfeldokument erklärt Kim Jong Un sein «festes und unerschütterliches Bekenntnis» zu einer umfassenden atomaren Abrüstung. Im Gegenzug sichert Trump Sicherheitsgarantien zu.

Quelle: Anadolu Agency / Getty Images

Trump: Kim liebt sein Land

Trump sagte: «Ich habe auch gelernt, dass er (Kim) sein Land sehr liebt.» Noch vor wenigen Monaten hatten sich beide mit Vernichtung gedroht und mit persönlichen Schmähungen überzogen. So hatte Trump Kim einen «kleinen Raketenmann» genannt, während Kim den Präsidenten als «umnachteten US-Greis» beschimpfte. Nach einer neuen Serie von Atom- und Raketentests Nordkoreas hatte sich die Krise zugespitzt und Trump den Sanktionsdruck verschärft. Mit der Winter-Olympiade in Südkorea, zu der Nordkorea eine Sportler-Delegation entsandte, setzte dann Tauwetter ein. Trump sagte, Kim habe bereits zugesagt, ihn «zu einem angemessenen Zeitpunkt» im Weissen Haus zu besuchen. Er werde zu gegebener Zeit eine Reise nach Pjöngjang unternehmen.

Die US-Truppen in Südkorea will Trump nicht abbauen. Auch die Sanktionen bleiben vorerst inkraft. Er glaube, dass Kim sich an die Abmachung halte, sagte Trump: «Aber ich könnte mich irren.» Zugleich machte er deutlich, dass er Südkorea, China und Japan auch in die weiteren Bemühungen einbeziehen will. Unklar war, ob der von Trump zugesagte Stopp der Militärmanöver mit Südkorea abgestimmt war. Ein Sprecher der Regierung in Seoul sagte, man müsse herausfinden, was genau Trumps Absichten seien. Trump begründete das Manöver-Moratorium auch mit den Kosten.

«Bei Trump weiss man nie, was morgen ist»

Der südkoreanische Ministerpräsident Moon Jae-in lobte Kim für dessen Bereitschaft zu einem Treffen mit Trump: «Wir lassen die dunklen Tage von Krieg und Konflikt hinter uns und schreiben ein neues Kapital von Frieden und Kooperation.» China erklärte, es sollten Sanktions-Erleichterungen erwogen werden. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe bezeichnete die Gipfel-Vereinbarung als ersten Schritt hin zu einem umfassenden Abkommen. Russland bot Hilfe bei der Atom-Abrüstung an. Das Treffen sei positiv, aber «der Teufel steckt im Detail», erklärte das Aussenministerium in Moskau. Trump zufolge reichte die Zeit in Singapur nicht aus, um die Einzelheiten der Denuklearisierung festzulegen.

Bisher hat Nordkorea sechs Atomwaffentests durchgeführt. Zudem verfügt das Land nach eigenen Angaben über Trägerraketen, die das Festland der USA erreichen können. Nordkorea unterhält eine der zahlenmässig grössten Armeen der Welt, leidet Überläufern zufolge aber immer wieder unter gravierenden Hungersnöten.

Die Börsen in Europa reagierten kaum auf den Gipfel. Anfängliche Gewinne in Dax und EuroStoxx50 verpufften im Lauf des Vormittags wieder. «Anleger haben das Treffen zur Kenntnis genommen und gehen wieder zur Tagesordnung über», sagte ein Händler. «Bei Trump weiss man nie, was morgen ist.»

(reuters/ccr)