Die deutschen Versicherer fordern eine finanzielle Beteiligung des Staates an Schäden durch schwere Naturkatastrophen infolge des Klimawandels. Er könnte etwa oberhalb einer bestimmten Grenze - die Rede ist von deutlich mehr als 30 Milliarden Euro - die Schäden übernehmen, die die Versicherer nicht mehr tragen könnten, sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen, am Mittwoch in Berlin.

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Solche «Stop-loss-Regelungen», bei denen der Staat quasi als Rückversicherer auftritt, gebe es in Ländern wie Frankreich und Grossbritannien längst. «Wir halten das für eine gute Lösung auch für Deutschland», sagte Asmussen. Bisher hilft der Staat bei grossen Katastrophen meist mit Sofortprogrammen freiwillig.

«Wir müssen die Dynamik des Klimawandels erkennen»

30 Milliarden Euro wären fast das Vierfache des versicherten Schadens bei der Flutkatastrophe im Ahrtal, dem bisher teuersten Naturereignis in Deutschland. «Solche Katastrophen könnten wir schultern», betonte Mathias Kleuker, Chef der LVM Versicherung aus Münster und Vorsitzender des GDV-Präsidialausschusses Risikoschutz in Gesellschaft und Wirtschaft.

«Aber wir müssen die Dynamik des Klimawandels erkennen.» Deshalb seien Massnahmen wie Bauverbote in hochwassergefährdeten Gebieten und Auflagen bei Bau und Sanierung nötig. «Ohne Prävention könnte das breite Versicherungsangebot, wie wir es heute kennen, in Zukunft schrumpfen», warnte Kleuker.

Sonst drohten zumindest kräftige Preiserhöhungen. «Wenn wir Prävention und Klimafolgenanpassung nicht konsequent umsetzen, könnte es in Deutschland nach unseren Schätzungen allein infolge der Klimaschäden innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einer Verdopplung der Prämien für Wohngebäude-Versicherungen kommen», sagte Asmussen. «Mancherorts könnten Gebäudeversicherungen gar so teuer werden, dass sich das Kunden nicht mehr leisten können.»

Flutkatastrophe im Ahrtal löst Debatte aus

Seit der Flutkatastrophe im Ahrtal wird in der Politik über eine verpflichtende Absicherung von Hausbesitzern gegen Schäden durch Hochwasser oder Sturzfluten diskutiert. Dieser sogenannte Elementarschutz ist bisher standardmässig nicht Teil der Wohngebäudeversicherung, die etwa für Sturm- und Hagel-Schäden aufkommt.

«Eine Pflichtversicherung löst das Problem nicht, weil sie keinen einzigen Schaden verhindert», sagte Asmussen. «Eine Pflichtversicherung könnte auch als Rundum-Sorglos-Paket verstanden werden», mahnte Kleuker. Ihre Einführung soll auch Thema einer Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag sein.

(reuters/hzi/gku)