Der Schweizer Leitindex SMI steht vor dem grössten Umbau seit rund acht Jahren. Mit der bevorstehenden Übernahme des Biotechnologiekonzerns Actelion und des Pflanzenschutzmittel-Herstellers Syngenta scheiden in den kommenden Monaten wohl gleich zwei Aktien aus dem gut eine Billion Franken schweren Börsenbarometer aus. Zwei weitere der insgesamt 20 Titel sind Experten zufolge gefährdet. 2009 wurden mit drei Unternehmen letztmals mehr SMI-Titel ausgewechselt.

«Wie geht es weiter, wenn die grossen Schweizer Firmen weggekauft werden?», fragt ein Aktionärsberater besorgt. Der Anlagebedarf nehme zu, aber die Neuzugänge an der Börse könnten die Lücke, die die Konzerne hinterliessen, nicht füllen. Mit der Übernahme von Actelion durch die amerikanische Johnson&Johnson und Syngenta durch Chemchina verliert der Index zwei der zehn Titel mit dem grössten Börsenwert.

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Die 20 höchstkapitalisierten und liquidesten Papiere

Die Kriterien für die Aufnahme in den Club der wichtigsten Schweizer Unternehmen sind von der Börse klar geregelt: Im SMI sind die 20 höchstkapitalisierten und liquidesten Papiere mit dem grössten Anteil frei handelbarer Aktien. «Gemäss aktueller Selektionsliste der Schweizer Börse ist es ziemlich klar, dass Lonza in den SMI aufgenommen werden dürfte», sagte Thomas Kühne, Fondsmanager der Liechtensteinischen Landesbank. Der Pharmazulieferer bringt eine Börsenkapitalisierung von rund zehn Milliarden Franken auf die Waage, die im laufenden Jahr wegen der Übernahme der US-amerikanischen Capsugel noch deutlich zunehmen dürfte. Derzeit steht Lonza auf Rang 21.

Daneben zählen der Bau- und Spezialchemie-Spezialist Sika und der Hörgeräte-Hersteller Sonova, die ihr Wachstum in den vergangenen Jahren mit Übernahmen vorangetrieben haben, zu den aussichtsreichsten Kandidaten für einen Aufstieg in die erste Liga. «Sika steht hinter Lonza auf Platz zwei», sagt Eric Chassot, Portfoliomanager bei der Banque Cantonale Vaudoise. Zwischen Sika und Sonova sei ein Zweikampf im Gange, erklärte Kühne. «Sonova hat etwas mehr Volumen, Sika dafür eine höhere Freefloat-Marktkapitalisierung.»

Kommt Credit Suisse zwei Mal in den SMI?

Aussenseiterchancen räumen Experten dem Schweizer Geschäft der Credit Suisse ein, das die Muttergesellschaft teilweise separat an die Börse bringen will. Für eine abschliessende Beurteilung fehlten allerdings die Einzelheiten zu der Transaktion, erklärt Experte Chassot. Fondsmanager Kühne glaubt jedenfalls nicht an eine Aufnahme in den SMI, weil voraussichtlich ein zu kleiner Aktienanteil der Tochter frei an der Börse gehandelt werde. Zwei Aktien der Credit Suisse im SMI sind nach Auskunft der Börse grundsätzlich jedoch möglich.

Allerdings könnten mehr als zwei der 20 Plätze im Index frei werden, denn mehrere Titel erfüllen die Kriterien nicht mehr oder nur noch teilweise. Auf der Kippe stehen möglicherweise die Aktien der Privatbank Julius Bär und des Lebensversicherers Swiss Life. Der Auswahlliste zufolge sind die «Bären» beim Handelsumsatz auf den 21. Rang gesunken und Swiss Life beim Marktwert auf Rang 23.

Prestigegewinn und handfester Vorteil

Mit der Aufnahme in den Leitindex ist nicht nur ein Prestigegewinn verbunden, der dem Unternehmen bei den Anlegern viel Aufmerksamkeit verschafft, sondern auch ein handfesterer Vorteil. Schliesslich bilden die in der Anlegergunst rasant steigenden börsengehandelten Fonds (Exchange Traded Funds) meist einen Index ab und müssen Änderungen in dem Barometer entsprechend nachbilden. Fondsanbieter werden aber erst aktiv, wenn Anpassungen anstehen. «Wir spekulieren nicht darüber, welche Aktie aufgenommen oder ausgeschlossen wird», sagte Serkan Batir vom Marktführer Blackrock. «Wir warten erst auf die offizielle Ankündigung der Börse - dann sehen wir, was wir tun müssen.»

Die SIX entscheidet jeweils im Juni über Modifikationen, die dann im September wirksam werden. Änderungen werden nach dem Verfall der September-Kontrakte an der Eurex wirksam. Ausserterminliche Änderungen sind aber möglich, etwa wenn es zu aussergewöhnlichen Ereignissen wie Fusionen oder Börsennotierung kommt. In vielen Jahren gab es jeweils keinen oder nur einen Wechsel im Blue-chip-Index. Dennoch hat sich das Gesicht des SMI seit der Gründung 1988 über die Jahre gewandelt. Von den Gründungsmitgliedern ist nur noch knapp die Hälfte im Index - zumeist mit einem neuen Namen.

(reuters/ccr)

Sehen Sie in der Bildergalerie unten: Ob Mutterschutz oder Elternzeit - in allen europäischen Staaten geniessen Eltern grosszügigere Regelungen als in der Schweiz. SMI-Firmen bieten dennoch Angebote, die Unterschiede sind aber gross: