Was beschäftigt aktuell die Finanzmärkte?
Drei «Gs» dominieren gegenwärtig bei Anlegern: Geopolitik, Gewinne und Geldpolitik. Einerseits sorgen sich viele um die geopolitischen Spannungen zwischen den USA mit China und jene, zwischen den USA und dem Iran. «Tweets» zum Stand des Handelskonfliktes bewegen die Börsen fast täglich.

Doch auch der Handelskonflikt wird vorübergehen, während die geostrategische Rivalität zwischen den USA und China andauert. Das Säbelrasseln im Konflikt mit dem Iran hingegen, bildet eine neue Gefahrenquelle, welche primär die Ölpreise steigen lässt.

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Der Blick auf die Gewinne folgt der Sorge vieler Anleger über den Konjunkturzyklus. Doch, während das globale Wachstum dieses Jahr moderater als letztes Jahr ausfällt, scheinen uns die Sorgen vor einer Rezession unbegründet. Auch die Sorgen über eine geldpolitische Wende– von der quantitativen Lockerung zur grossen Verknappung – wirkt wie ein Warten auf Godot.
 
Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Kein Land ist eine Insel. Die globalisierte Schweiz schon gar nicht. Deshalb folgt die Schweizer Börse tendenziell den Weltbörsen. Kurzfristig erwarten wir, dass sich die Schweizer Börse – mit den Weltbörsen – positiv entwickeln wird. Wahrscheinlich ein wenig besser als die EU-Börsen, doch Schwellenländer und die US-Börsen bieten etwas mehr Potential.
 
Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Solche Punktprognosen sind eigentlich unmöglich zu beantworten. Aber natürlich verstehe ich Sie. Also sagen wir 9900. Wir sehen also Raum nach oben.

Burkhard Varnholt

*Burkhard Varnholt ist Anlagechef der Swiss Universal Bank und Vize-Chef des Global Investment Committee der Credit Suisse.

Quelle: ZVG

Die Schweiz hofft auf einen Freihandelsvertrag mit den USA. Wie stark würde die Schweizer Wirtschaft davon profitieren?
Das kommt natürlich darauf an, was in dem Vertrag drinsteht. Schon heute liefert die Schweiz Waren (vor allem Pharmazeutika) im Wert von etwa 40 Milliarden Franken in die USA. Das ist etwa doppelt so viel, wie die USA in die Schweiz verkaufen. Ausgeglichener wird das Bild, wenn man Dienstleistungen mitberücksichtigt. Doch des Pudels Kern liegt bei den landwirtschaftlichen Produkten. Hier exportiert die Schweiz mehr in die USA als umgekehrt. Da fordern die USA eine Schweizer Marktöffnung, die wohl der politische Zankapfel ist. Wir sehen einmal mehr: des einen Freud ist des anderen Leid.
 
Dieses Wochenende wählen EU-Bürger ein neues Parlament. Werden die Europawahlen an den Finanzmärkten Wellen schlagen?
Möglich, aber unwahrscheinlich. Eine tiefe Wahlbeteiligung und ein Zugewinn der politischen Ränder auf Kosten der Mitte wird von der Demoskopie der Börsen bereits antizipiert. Zwar kann die EU-Wahl eine langfristig bedeutende Weichenstellung sein. Doch die für die Unternehmensgewinne kurzfristig wichtigere Wirtschafts- und Fiskalpolitik ist in erster Linie Sache der Nationalstaaten, nicht der EU.
 
Der Ölpreis ist am steigen. Was sind die Gründe für den Anstieg des Rohstoffpreises?
Das hat einerseits mit der weltweit steigenden Nachfrage zu tun und andererseits mit den wachsenden, politischen Risiken um die grossen Erdölländer Iran und Venezuela. Im Übrigen wäre es Wunschdenken, auf eine rasche Ausweitung der Erdölproduktion in den USA, Saudi-Arabien oder Russland zu setzen. Das liegt einerseits nicht im Aktionärs-Interesse der Förder-Unternehmen und ist auch technisch kein leichtes Unterfangen.
 
Der Börsengang von Uber ist enttäuschend verlaufen. Was heisst dieses verhaltene Debüt für andere grosse US-Techkonzerne wie WeWork oder Slack, die auch ein IPO planen?
Gar nichts. Die Finanzmärkte sind in der Lage, jedes IPO für sich selbst zu betrachten. Starke Geschäftsmodelle treffen weiterhin auf Märkte, die so offen sind für IPOs wie schon lange nicht mehr. Aber im Unterschied zur IPO-Euphorie der Jahrtausendwende, sind Anleger heute wesentlich kritischer, vielleicht auch erfahrener. Für Börsen und Märkte ist das gut. Denn Euphorie läutet an der Börse meist schlechte Zeiten ein. Doch von Euphorie sind wir weit entfernt.

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