In den vier Jahren zwischen 1993 und 1996 lagen die so genannten Tigerstaaten in Asien mit ihren hohen Wachstumsraten und den rasant steigenden Aktienmärkten weltweit unangefochten an der Spitze. Ausländische und lokale Anleger zeigten starkes Interesse, an diesen Märkten zu investieren. Doch es braute sich Unheil zusammen: Das enorme Wachstum wurde durch immer mehr Schulden finanziert, konnte man doch von sehr viel günstigeren Zinsen in anderen Regionen profitieren. So wurde der US-Dollar zur bevorzugten Währung für Kredite.

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Solange die lokalen Währungen an den US-Dollar gekoppelt waren, erschienen die Risiken äusserst gering. Dann führte jedoch in Thailand ein wachsendes Aussenhandels- und Leistungsbilanzdefizit, gepaart mit einem Anstieg der Inflation, zu einer immer stärkeren Überbewertung des thailändischen Baht.

Währungsspekulanten traten auf den Plan, und «heisses Geld» wurde in grossem Stil aus dem Baht abgezogen. Im Juli 1997 hob die thailändische Zentralbank nach vergeblichen Bemühungen, den Kapitalabfluss zu stoppen, die feste Bindung an den US-Dollar auf. Daraufhin fiel der Baht sofort um ca. 15-20 Prozent und verlor bis zum Jahresende die Hälfte an Wert. Die wirtschaftlichen Folgen waren verheerend.

Währungen im Sinkflug

Ansteckungseffekte und eine schwere Vertrauenskrise erschütterten die gesamte Region. Auch vergleichsweise entwickelte Länder wie Hongkong und Südkorea blieben nicht verschont. Malaysia und die Philippinen waren stark betroffen, doch den grössten Abschwung erlebte Indonesien.

Obgleich das indonesische Leistungsbilanzdefizit nur halb so gross war wie das thailändische, stürzte die Landeswährung ins Bodenlose. Kostete ein US-Dollar im August 1997 noch rund 2.000 Rupiah, waren es Ende 1998 rund 15.000, und die Zinssätze am Interbankenmarkt kletterten auf über 80 Prozent. Zwei Drittel der Bankkredite in Indonesien galten als uneinbringlich.

Asiens Schwellenländer haben ihre Lektion gelernt

Die Erholung von der Asienkrise dauerte im Schnitt über fünf Jahre und erfolgte nach strikten Vorgaben des Internationalen Währungsfonds (IWF). Hinterher standen die asiatischen Volkswirtschaften auf sehr viel stabilerem Fundament. Mit wenigen Ausnahmen können alle asiatischen Währungen frei schwanken («floaten») und somit flexibel auf interne und externe Konjunkturzyklen reagieren. Heute haben die Leistungs- und Aussenhandelsbilanzen positive Vorzeichen (ausser in Indien und Indonesien), und Kredite in Fremdwährung werden kaum noch ohne Absicherung aufgenommen.

Im Jahr 1996 hatten die kurzfristigen Auslandsverbindlichkeiten der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN eine Höhe erreicht, die 160 Prozent der Devisenreserven entsprach. Heute sind es weniger als 30 Prozent. Die globale Finanzkrise von 2008 war das Ergebnis von Überschwang und Unvernunft im Westen, nicht im Osten, und die asiatischen Volkswirtschaften litten zwar mit unter dem weltweiten Wachstumseinbruch, doch ihre wirtschaftliche Vertrauenswürdigkeit wurde nie in Zweifel gezogen.

Folgen der Asienkrise und Investmentpotenzial

Die Folgen der Asienkrise sind fest in der Erinnerung der asiatischen Unternehmen verhaftet. Heute haben asiatische Aktien jedoch ein viel grösseres Investmentpotenzial: Die Zeit des rasanten Wachstums um seiner selbst willen ist vorbei und es überwiegt eine konservative Haltung, bei der Cashflows und Rentabilität im Fokus stehen. Die Schuldenstände der Unternehmen sind so niedrig wie nie zuvor, und die Cashflows können sich verglichen mit anderen Regionen sehr gut sehen lassen.

Zurzeit liegen die Bewertungen an den asiatischen Börsen auf attraktivem Niveau, die Unternehmensgewinne entwickeln sich positiv und die Wachstumsaussichten in der Region erscheinen günstig. Dessen ungeachtet werden die Märkte auch künftig starken Einflüssen durch politische Faktoren und Konjunkturdaten unterliegen, besonders aus den USA und China.

  * Mike Kerley ist Fondsmanager für Aktien aus der asiatisch-pazifischen Region (ohne Japan) bei Janus Henderson Investors.