China präsentiert sich gern als Vorreiter des freien Welthandels, schafft aber selbst neue Hürden für Importe. Künftig muss jede Nudel und jeder Bonbon ein Zertifikat haben - um eigene Hersteller zu schützen?

Alle grossen Handelspartner Chinas haben gegen neue Hürden der Volksrepublik für Importe von Nahrungsmitteln protestiert. Gemäss der Deutschen Presse-Agentur in Peking warnen die Europäische Union, die USA, Japan, Australien und andere Staaten in einem Brief an die chinesische Regierung vor «bedeutenden Störungen im Handel und Verzerrungen», sollten die Vorschriften wie geplant zum 1. Oktober in Kraft treten.

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Protektionistisch und diskriminierend

Die Anforderungen stünden in keinem Verhältnis zu den Risiken, die von diesen Produkten ausgingen. China hat die Welthandelsorganisation (WTO) von den Plänen bereits unterrichtet, so dass jetzt eine 60-tägige Beratungsfrist läuft.

Die neuen Barrieren sind international unüblich und werden von den Handelspartnern als protektionistisch und diskriminierend empfunden. Jede Nudel, jeder Keks und jedes Bonbon muss künftig ein eigenes amtliches Unbedenklichkeitszertifikat für China vorweisen.

Die Forderungen seien praktisch nicht zu erfüllen, meinen Experten. Denn die Behörden in Deutschland oder anderen Ländern müssten bescheinigen, dass die Waren «die Anforderungen chinesischer Gesetze und gesetzlicher Vorschriften sowie Standards erfüllen», wie Chinas Qualitätsaufsicht (AQSIQ) fordert. Solche Einrichtungen gibt es in den Herkunftsländern nicht, sie müssten eigens geschaffen werden.

Anspruch und Wirklichkeit

Die Kontrolle gilt als Beispiel für den Widerspruch, dass China einerseits seine eigenen Markthürden erhöht, während sich Staats- und Parteichef Xi Jinping andererseits international gern als Vorreiter für Freihandel präsentiert. Handelsfragen und Protektionismus sind auch Themen bei Xis Besuch in der nächsten Woche in Berlin und beim Gipfel der führenden Wirtschaftsmächte (G20) anschliessend in Hamburg.

Die Handelspartner vermuten, dass es bei den international unüblichen Regeln weniger um die Abwehr von Gefahren für chinesische Verbraucher geht als vielmehr um den Schutz eigener Hersteller. Die bisherigen Gespräche mit chinesischen Stellen haben aber zu keinem Ergebnis geführt. In dem Schreiben vom 12. Juni heisst es, die wichtigsten Ziele und das Ausmass der neuen Regeln blieben «unklar».

Schweiz Mitunterzeichner

Es gebe auch «nicht genügend Zeit für die Umsetzung», wenn die Kontrollen zum 1. Oktober in Kraft treten sollen, heisst es weiter. China müsse «weitere Schritte in Richtung einer Umsetzung aussetzen», um Raum für neue Diskussionen zu schaffen.

Die Handelspartner zeigen seltene Geschlossenheit: Neben der EU für deren 28 Mitgliedstaaten, den USA, Japan und Australien haben auch Argentinien, Kanada, Costa Rica, Israel, Neuseeland und die Schweiz unterzeichnet. Die Schweiz hat zwar mit China ein Freihandelsabkommen. Dennoch kritisieren etliche Schweizer Branchen schon länger neue nicht-tarifäre Handelshemmnisse, die China aufbaue.

(sda/gku)