Die Mehrheit der Mieterinnen und Mieter wünscht sich Wohneigentum. Doch der Eigenheimkauf hat so seine Tücken. «Cash» hat die acht ärgerlichsten Fehler zusammengetragen, die beim Kauf von Wohneigentum passieren können. Und, wie sie vermieden werden:

1. Ungenügende Recherche

Vor einem Immobilienkauf sollte man sich Zeit nehmen für eine gründliche Recherche. Man sollte einen genauen Blick auf den Immobilienmarkt in der Region werfen und die Umgebung prüfen – Infrastruktur, Verkehrsanbindungen, Gesundheitseinrichtungen oder Steuerfuss der Gemeinde. «Die Lage der Liegenschaft ist vor allem für den Wert und die Zukunftsaussichten einer Immobilie entscheidend», sagt Lukas Eichhorn vom Immobilienberater Property Captain. Man sollte auch bei der Gemeinde anfragen, ob die Liegenschaft in irgendeiner Art und Weise als schützenswert eingetragen ist. Denn Verkäufer informieren den Käufer in der Praxis nicht immer darüber. Das ist aber wichtig und hat unter anderem auch einen Einfluss auf den Preis.

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2. Immobilie nicht genau prüfen

«Käufer prüfen die Immobilie viel zu wenig genau. Es wird aus dem Bauch heraus entschieden, weil vielleicht die Küche gefällt, viel wichtigere und nicht änderbare Fakten werden aber zu wenig hinterfragt», sagt Florian Schubiger von hypotheke.ch. So sollte beispielsweise ein Investitionsplan für die nächsten zehn Jahre gemacht werden, damit man die Kosten nach dem Kauf abschätzen kann. Je nach Zustand einer Immobilie gibt es da sehr grosse Unterschiede. In der Praxis wird gerade der Investitionsbedarf oft unterschätzt.

Eine gründliche Inspektion der Immobilie ist auch unerlässlich, um versteckte Mängel und Probleme zu identifizieren. Es sollte genau hingesehen werden. In welchem Zustand ist die Liegenschaft? Mit welchen Energieträgern wird geheizt? In welchem Zustand ist die Fassade und die elektrische oder sanitäre Einrichtung? Die Eindrücke vor Ort sollten durch ein schriftliches Protokoll inklusive Checkliste festgehalten werden. 

3. Immobilie entspricht nicht den eigenen Bedürfnissen

Auch muss man genau abklären, ob die Immobilie zu den eigenen Bedürfnissen passt: Lärmbelastung, Sonneneinstrahlung oder Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Hier macht es Sinn, die Immobilie mehrmals zu besichtigen und am besten zu verschiedenen Tageszeiten und an unterschiedlichen Wochentagen. Es kann sinnvoll sein, eine Tabelle mit Kriterien zu erstellen und diese zu bewerten und zu gewichten. Eine Immobilie kann dann mit diesen Kriterien abgeglichen werden. So findet man rasch und einfach heraus, wie gut die Immobilie zu einem passt. 

Viele unterschätzen, wie wichtig die Lage beim Entscheid ist. Fast alles kann man bei einer gekauften Immobilie ändern und anpassen, doch die Lage bleibt. Wie ist die Erschliessung des Quartiers in Bezug auf den ÖV? Fühlt man sich in der Nachbarschaft wohl? Mit einem Spaziergang durchs Dorf oder durchs Quartier merkt man das eine oder andere – gerade wenn man mit den Leuten im Dorf spricht.

4. Mit zu wenig Budget planen

Es ist wichtig, ein realistisches Budget festzulegen und sich strikt daran zu halten. In die Budgetplanung müssen neben den Kaufkosten auch Kaufnebenkosten wie Steuern und Gebühren miteinberechnet werden. Wichtig ist, dass 20 Prozent Eigenkapital zur Verfügung steht. «Zudem ist es ratsam, eine Reserve für unerwartete Kosten wie Reparaturen oder andere Notfälle einzuplanen», sagt Eichhorn. Bereits vor dem Kauf sollten Finanzierungsmöglichkeiten und damit die eigene Kaufkraft geklärt werden. So weiss man genau, was man sich leisten kann. 

5. Notwendige Dokumente nicht eingesehen

«Was wir oft sehen ist, dass die Käufer sich schon für ein Objekt entschieden haben, ohne überhaupt alle nötigen Unterlagen gesehen zu haben», sagt Schubiger. In der Verkaufsdokumentation steht nicht immer alles drin, was wichtig wäre. So sollte man im Idealfall auch eine Stromrechnung, den Gebäudeversicherungsausweis und andere Dokumente im Zusammenhang mit der Immobilie einsehen können. Alle Unterlagen sind wichtig, die mehr mehr Infos zur Immobilie verraten. 

Genaustens studieren sollte man den Kaufvertrag. Wie werden beispielsweise Mängel gehandhabt oder wer zahlt die Endreinigung?

6. Blindes Vertrauen in den Kaufpreis

Immobilienpreise sind marktabhängig und komplex. Es ist daher ratsam, eine professionelle Immobilienbewertung durch einen Experten vornehmen zu lassen. So kann sichergestellt werden, dass der angegebene Kaufpreis dem aktuellen Marktwert der Liegenschaft entspricht. Gleichzeitig gibt einem die Schätzung des Verkehrswerts der Immobilie eine wichtige Verhandlungsgrundlage. 

7. Schneller, emotionaler Entscheid

Viele lassen sich zu einem schnellen Entscheid drängen. «Diesen Fehler kann man nicht immer verhindern, handelt es sich bei Wohnimmobilien doch immer noch um einen Verkäufermarkt», argumentiert Schubiger. Viele Makler wollen einen schnellen Abschluss. Es ist deshalb umso wichtiger, sich gut vorzubereiten. Nur so kann man im entscheidenden Zeitpunkt die richtigen, kritischen Fragen stellen. Ein Kauf unter Zeitdruck mindert die Urteilsfähigkeit. Dass kann dazu führen, dass entscheidende Details nicht bemerkt werden und man von zuvor definierten wichtigen Kriterien abweicht. 

«Man sollte auf Zahlen und Fakten und nicht auf sein Bauchgefühl vertrauen», warnt Eichhorn. Generell ist es zulässig, auf das eigene Bauchgefühl zu hören. Doch wenn die Traumimmobilie das Budget sprengt oder offensichtliche Mängel aufweist, sollte man sich nicht von Emotionen leiten lassen. Eine Zweitmeinung hilft in solchen Situationen.

8. In rechtliche Fallen tappen

Immobilienkäufe beinhalten komplexe rechtliche Aspekte. Wer das ignoriert oder vernachlässigt, kann rechtliche Problemen bekommen. «Es lohnt sich daher, eine Fachperson - Anwalt oder Notar - hinzuzuziehen, um sicherzustellen, dass alle Verträge und Dokumente korrekt sind», sagt Eichhorn.

9. Tücken bei der Finanzierung

Die Mehrheit der Schweizer Mieterinnen und Mieter wünscht sich laut Erhebungen Wohneigentum. Doch der Eigenheimkauf hat so seine Tücken. So müssen gesetzliche sowie wirtschaftliche Hürden überwunden werden. Eine grosse Schwierigkeit besteht darin, überhaupt eine passende Immobilie zu finden. Das Angebot ist trotz der Trendwende bei den Zinsen immer noch dünn - und viele Objekte gehen unter der Hand weg. «Es gibt immer noch sehr viele Interessenten pro Objekt. Wer auf das Budget schauen muss, wird wahrscheinlich viele Absagen erhalten, bis es dann endlich einmal klappt», sagt Florian Schubiger von hypotheke.ch. Eine Hürde sei daher auch die fehlende Ausdauer.

Doch auch der Preiszuwachs der letzten Jahrzehnte macht vielen einen Strich durch die Rechnung: «Als erstes sind als grösste Hürde für den Kauf die hohen Immobilienpreise zu nennen: Steigende Hypothekarzinsen, eine hohe Nachfrage, das kontinuierliche Bevölkerungswachstum, rares Bauland und die Inflation sorgen für hohe Preise auf dem Immobilienmarkt», sagt Lukas Eichhorn.

Auf der finanziellen Ebene ist es öfters die Tragbarkeit, die den Suchenden einen Strich durch die Rechnung macht. “Die Tragbarkeitsrechnungen der Banken setzen ein hohes Einkommen voraus, auch für eine ‹normale› Immobilie», sagt Schubiger. Jüngere Familien, bei denen einer der beiden Teilzeit oder gar nicht arbeitet, können die nötigen Einkommen oft nicht erzielen. Dies führt in der Folge dazu, dass der Hypothekarantrag trotz genügend Eigenkapital abgelehnt wird. 

Doch nicht nur zu geringes Einkommen, sondern auch zu geringe Eigenmittel machen vielfach Probleme: In der Praxis helfen dort aber oftmals die Eltern oder andere Verwandte aus. «In vielen Fällen ist ein Kauf eines Eigenheims nur möglich, weil die Eltern finanzielle Unterstützung bieten», so Schubiger. Wer Kapital erhält, kann die Tragbarkeit stark verbessern. Wer eine Immobilie nur bis 65 Prozent belehnen muss, spart nicht nur Zinsen, sondern kann auch auf Pflichtamortisationen verzichten. Diese sind in der Tragbarkeitsrechnung oft der Killer.

10. Prozent harte Eigenmittel notwendig

Grundsätzlich sind 10 Prozent harte Eigenmittel notwendig: Kontoguthaben, Schenkungen oder Kapital aus der Säule 3a, das bezogen wird. Eine weitere Quelle von Eigenkapital kann auch die zweite Säule (Pensionskasse) sein. Mit einem sogenannten WEF-Bezug darf Kapital aus der Pensionskasse bezogen oder verpfändet werden. Wer die Tragbarkeit nicht erfüllt, muss aber gezwungenermassen mehr Eigenmittel mitbringen. Schliesslich lässt sich der Lohn nicht einfach nach oben schrauben - ausser bei Personen, die Teilzeit arbeiten und – um sich den Traum des Eigenheims zu ermöglichen – ihr Pensum erhöhen.

«In der Beraterpraxis sehen wir, dass ein Grossteil der jungen Familien eine Schenkung der Eltern erhält, wenn sie sich ein Eigenheim kaufen. Es ist heute - gerade im Kanton Zürich - kaum mehr möglich, eine Immobilie in jungen Jahren aus eigener finanzieller Kraft zu kaufen», führt Schubiger aus. Wichtig ist, abzuklären, ob der Kaufpreis vom Finanzinstitut als Belehnungswert akzeptiert wird. Ist das nicht der Fall, muss man gezwungenermassen mehr Eigenmittel bringen. Dies sollte man frühzeitig im Prozess abklären, wenn die Eigenmittel knapp sind.

Der Artikel ist zuerst bei «Cash» erschienen unter dem Titel: «Das sind die grössten Hürden und Fehler beim Kauf einer Wohnimmobilie in der Schweiz».

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