Wie viel Geld fliesst durch die steigenden Preise fossiler Energien zusätzlich ins Ausland? Dieser Frage sind die Ökonomen und Ökonominnen der Credit Suisse (CS) nachgegangen – und zu beeindruckenden Zahlen gekommen.

Ihr Szenario: 2022 landet der Gaspreis im Schnitt bei 97 Euro, also doppelt so viel wie im vergangenen Jahr. Und Erdöl kostet mit 95 Dollar einen Drittel mehr als im Vorjahr. Über die ganze Schweizer Wirtschaft gerechnet, führt diese Preissteigerung gemäss CS zu Mehrkosten von 2,9 Milliarden Franken pro Jahr. Geld, das ohne Wertschöpfung in der Schweiz ins Ausland fliesst.

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Beim heutigen Anteil von rund 50 Prozent russischem Gas komme man so auf monatlich zusätzlich 126 Millionen Franken, die als Transfer nach Russland fliessen, so Ökonomin Franziska Fischer. Die Zahlen wurden aufgrund eines Input-Output-Modells berechnet, das nicht nur den direkten Energieverbrauch berücksichtigt, sondern auch die graue Energie, die in Produkten steckt.

Am direktesten sei der Energiepreis-Anstieg spürbar in Branchen wie dem Landverkehr oder dem Logistik-lastigen Detailhandel, so Fischer. Aber auch die Chemie- und die Pharmaindustrie werden die Preisanstiege spüren.

«Greenflation» hat wenig Auswirkung auf Konsumentenpreise

Aktuell seien die Preissteigerungen stark vom Krieg in der Ukraine getrieben, so die CS-Ökonomen. Davon unabhängig treiben jedoch auch die Preise für CO2-Emissionen die Energiepreise an, wie bereits vor Ausbruch des Kriegs festzustellen war. Die CS hat deshalb auch den Effekt der sogenannten Greenflation untersucht und die Auswirkung der CO2-Kosten auf die Teuerung berechnet.

Insgesamt sei die Teuerung aus CO2-Kosten – ob sie nun am Markt entstehen oder politisch gesteuert sind – für die Haushalte verkraftbar. Selbst im extremsten Szenario, in dem sich der CO2-Preis weltweit um 30 Dollar pro Tonne verteuert, kommt die CS bloss auf eine allgemeine Teuerung von 1,5 Prozent.  Würde bloss die Schweiz eine entsprechende Abgabe einführen – so das vorsichtigste Szenario – hätte das für die Konsumenten nur eine Teuerung von 0,03 Prozent zur Folge. Diese Effekte seien zudem mehrheitlich einmalig. 

Allerdings beobachte man, dass die Preissteigerungen durchaus Verhaltensänderungen bewirkten, so Fischer. Das zeige die aktuelle Befragung der Einkaufsmanager durch die Credit Suisse. «86 Prozent der Befragten geben an, Massnahmen zu ergreifen.» Meist gehe es darum, über Effizienzmassnahmen den Verbrauch fossiler Energien zu senken.

Neue Prognose: 1,8 Prozent Inflation statt 1,0

Aktuell geht die Credit Suisse davon aus, dass die Preise in der Schweiz insgesamt im Verlauf des Jahres um 1,8 Prozent steigen werden. Ihre Inflationsprognose hat sie entsprechend hochkorrigiert, wie Chefökonom Claude Maurer erklärt. Bislang rechnete die CS mit 1,0 Prozent Jahresteuerung.

Maurer geht davon aus, dass die Preissteigerungen wenig Einfluss auf die Konjunktur haben werden. Die Credit Suisse ist denn auch optimistisch, was den Wirtschaftsverlauf im laufenden Jahr angeht, und rechnet mit weiterhin hohen 2,5 Prozent BIP-Wachstum.

Zwar habe man aufgrund des Ukraine-Kriegs die Erwartungen herunterschrauben müssen, erklärt Maurer. Gleichzeitig verlaufe die Covid-19-Pandemie jedoch deutlich erfreulicher. Diese beiden Effekte hätten sich gegenseitig aufgehoben. Die aktuell hohen Covid-19-Fallzahlen scheinen Maurer wenig zu beunruhigen. Man beobachte, dass der Einfluss der Pandemie auf den Wirtschaftsverlauf mit jeder Welle abgenommen habe. «Im Winterhalbjahr ist die Wirtschaftsleistung trotz Massnahmen nicht mehr geschrumpft.»

Die Prognose der Arbeitslosenzahlen habe man daher ebenfalls revidiert – auf günstigere Werte. Bereits jetzt liege die Arbeitslosigkeit unter dem Vorkrisen-Niveau und die Zahl der offenen Stellen sei hoch, so Maurer.

CS rechnet noch nicht mit SNB-Zinserhöhung

Trotz der erwarteten Zinserhöhung in den USA rechnet Maurer nicht damit, dass die Schweizerische Nationalbank bald ihre Geldpolitik anpasst. Zwar habe der Eurokurs vor kurzem die Parität durchbrochen. Aber man könne «die Parität von heute nicht mehr mit der Parität von 2015» vergleichen, sagt Maurer. Real, um die unterschiedlichen Teuerungsraten korrigiert, habe sich der Franken zuletzt nicht gross aufgewertet.

Zudem sei eine gewisse Aufwertung des Frankens durchaus im Sinne der Nationalbank, merkt Maurer an, könne sie so doch die Inflation im Inland bremsen. Der CS-Chefökonom geht davon aus, dass die SNB erst dann nachzieht, wenn sich die Zinsdifferenz zwischen Franken und Euro deutlich vergrössert hat. Sprich: Erst im Sommer 2023.