Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hebt den Leitzins um 0,75 Prozent an. Es ist die zweite Zinserhöhung in diesem Jahr. Bereits im Juni schraubte die SNB den Zins um 0,5 Prozent nach oben. Nun liegt der Leitzins bei 0,5 Prozent. Mit dem Schritt wollen die Währungshüter dem inflationären Druck entgegenwirken.

Es sei nicht auszuschliessen, dass weitere Zinserhöhungen nötig sein werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten, schreibt die SNB in ihrer Lagebeurteilung. Um für angemessene monetäre Bedingungen zu sorgen, sei die Nationalbank zudem bei Bedarf bereit, am Devisenmarkt aktiv zu werden.

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Mit dem Schritt endet die Ära der Negativzinsen der SNB. Sie hatte die am 18. Dezember 2014 eingeführt, indem sie Guthaben auf ihren Girokonten, die einen bestimmten Freibetrag überstiegen, mit einem Zins in Höhe von -0,25 Prozent belastete. Im Januar 2015 doppelte die SNB nach, senkte den Leitzins auf das rekordtiefe Niveau von -0,75 Prozent und gab den Euro-Mindestkurs auf.

Auch Fed erhöhte Zins

Am Mittwochabend europäischer Zeit gab auch die US-Notenbank Federal Reserve ihren Leitentscheid bekannt. Sie entschied sich erneut zu einem XXL-Schritt in Höhe von 75 Basispunkten – dem dritten in Folge.

Damit liegt er nun in der Spanne von 3,0 bis 3,25 Prozent und erreicht den höchsten Stand seit 14 Jahren. Aber die Fed will sogar noch nachlegen und hat weitere Schritte für dieses und nächstes Jahr in Aussicht gestellt.

An den Börsen sorgen die Aussichten auf weiter steigende Zinsen für Verkäufe. Der SMI fiel am Donnerstag zum Start um 1,5 Prozent zurück, erholte sich danach aber stark. Auch an den anderen europäischen Börsen wie in Deutschland oder Frankreich geben die Kurse zunächst ähnlich nach.

Rezessionsgefahr nimmt zu

Das kompromisslose Vorgehen der Notenbanken erklärt sich durch die weltweit hohen Inflationsraten – und ihr Versagen, die Inflationsgefahr rechtzeitig zu erkennen und rasch genug zu handeln.

So warnt etwa der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, Maurice Obstfeld, dass die Notenbanken zu wenig auf die internationale Dimension der Inflationsbekämpfung achten würden. 

SNB: «Inflation dürfte erhöht bleiben»

«Die Inflation stieg im August auf 3,5 Prozent und dürfte vorerst erhöht bleiben», schreibt die SNB. Der jüngste Inflationsanstieg sei vor allem auf höhere Preise für Waren, insbesondere Energie und Nahrungsmittel, zurückzuführen.

Im Jahresdurchschnitt betrage die Inflation gemäss neuer Prognose 3 Prozent für 2022, 2,4 Prozent für 2023 und 1,7 Prozent für 2024. «Ohne die heutige Zinserhöhung wäre die Inflationsprognose deutlich höher», so die SNB weiter.

Starker Schweizer Arbeitsmarkt

Die Ausgangslage für die Nationalbank ist aber sehr viel komfortabler als jene der Fed in den USA und erst recht als jene der Europäischen Zentralbank. Die Schweizer Wirtschaft ist bisher noch immer in einer beneidenswerten Ausgangslage – insbesondere bezüglich Lage am Arbeitsmarkt. Zinserhöhungen durch die Nationalbank stellen daher für die Konjunktur in der Schweiz ein weit geringeres Risiko dar, als dies im restlichen Europa der Fall ist.

«In der Schweiz fiel das BIP-Wachstum mit 1,1 Prozent im zweiten Quartal geringer aus als erwartet», heisst es in der Lagebeurteilung. Die Nationalbank rechne für dieses Jahr mit einem BIP-Wachstum von rund 2 Prozent. Das ist etwa ein halber Prozentpunkt tiefer als bei der letzten Lagebeurteilung. 

Auch Seco sieht nur schwaches Wachstum

Laut der neuen Konjunkturprognose des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) wird sich das Wachstum der Schweizer Wirtschaft zwar deutlich abschwächen, aber mit 1,1 Prozent im nächsten Jahr noch immer deutlich grösser sein als jenes in Eurozone. Dort wird es sich gemäss der Prognose auf 0,6 belaufen; in Deutschland sogar auf bloss 0,1 Prozent.

Das Seco warnt, dass es im Falle einer verschärften Energiekrise im Winter auch deutlich schlimmer kommen könnte.