Niedrige Zinsen sind ein globales Phänomen, das bereits Jahrzehnte andauert. Es gibt diverse Gründe dafür: sinkende Inflation, demografischer Wandel, weniger Produktivität – so dass in vielen Volkswirtschaften verstärkt gespart, aber weniger investiert wird.

Sochen realwirtschaftlichen Faktoren können die grossen Notenbanken nur begrenzt entgegensteuern: Zu diesem Schluss kommen die Ökonomen der Credit Suisse in ihrem neuen «Monitor Schweiz».

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Die Schweizerische Nationalbank (SNB) allerdings hat ein besonderes Anliegen: Sie achtet stark auf den Franken-Kurs. Anfang 2015 senkte die SNB den hiesigen Leitzins unter das Zinsniveau in der Eurozone, um die Nachfrage nach dem Franken zu dämpfen. Die CS befindet nun: mit Erfolg. Ihre Analyse zeigt, dass der Franken umso schwächer wird, je grösser der Zinsunterschied zum Euroraum ist. 

SNB-Politik ist wirksam

Die CS-Experten haben es getestet: Würde die SNB unerwartet die Zinsen gegenüber der EZB noch weiter senken, dann werte der Franken ab – allerdings nicht sehr stark.

Daher sei der Franken auch heute noch leicht überbewertet. «Wir denken, dass die SNB-Zinspolitik die gewünschte Wirkung auf den Wechselkurs hat. Ob wir derzeit eine expansive Politik brauchen, ist die Frage», sagt Oliver Adler, Chefökonom der Credit Suisse Schweiz

Gleichzeitig sei die SNB abhängig von der Geldpolitik im Rest der Welt, vor allem der EZB. Einige Notenbanken haben für 2020 eine angekündigt, ihre geldpolitische Strategie zu überprüfen. CS-Ökonom Adler erwartet, dass sie ihr Inflationsziel leicht erhöhen werden und eine Teuerungsrate von über 2 Prozent ansteuern.

Dies mache eine Zinserhöhung in näherer Zukunft umso unwahrscheinlicher. Für die Schweiz heisst das, dass die SNB die Zinsen noch lange nicht erhöhen wird. Im Gegenteil – die SNB habe auch noch Potenzial nach unten. Thomas Jordan hat in den vergangenen Monaten bekanntlich mehrfach deutlich gemacht, dass er diesen Schritt nicht ausschliesse. 

Die Kritiker der Nationalbank wird das nicht freuen. So sind die CS-Experten auch der Frage nachgegangen, ob die SNB-Politik tatsächlich, wie häufig behauptet, zu locker sei. Doch auch wenn just die Bankbranche offen Mühe bekundet mit dem offiziellen Zinsniveau, kommt nun ein Kompliment aus dem CS-Research: Die SNB mache derzeit alles richtig. Eine einseitige Erhöhung der Leitzinsen – ohne dass etwa die EZB auch die Zinsen anhebt – würde den Franken aufwerten und damit der Wirtschaft schaden, insbesondere den Exporteuren.

Gewinner der Negativzinsen 

Natürlich hätten die Negativzinsen auch Nebenwirkungen. Doch die seien nicht nur negativ. Im Gegenteil profitiere der Staat auch sehr stark – also letztlich die Steuerzahler. Bund und Kantone sparen 23 Milliarden Franken im Jahr, schätzen die Experten. Stelle man den entgangenen Zinserträgen auf Sparkonti – welche häufig beklagt werden – die Einsparungen der privaten Haushalte gegenüber, so habe sich unter dem Strich nichts verändert in den vergangenen zehn Jahren. 

Schweizer mit höheren Einkommen und Vermögen hätten von den tiefen Zinsen sogar profitiert, so die CS-Ökonomen. Denn sie investierten bei niedrigen Hypothekenzinsen vermehrt in Immobilien sowie in boomende Aktienmärkte.

Gleichzeitig seien die hohe Privatverschuldung – die mittlerweile bei rund 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegt – und die hohen Immobilienpreise auch ein Risiko für die Finanzstabilität in der Schweiz

Im übrigen profitiert auch die SNB selbst von ihrer Geldpolitik. Die CS-Experten rechnen mit Erträgen von jährlich bis zu 20 Milliarden Euro aus den stark gestiegenen Devisenreserven. Die Diskussion über die Ausschüttung der Gewinne an Bund und Kantone dürfte daher noch lange weitergehen.