Für die Finanzmärkte ist es das Highlight der Woche: Heute Mittwochabend könnte Fed-Chef Jerome Powell zum ersten Mal in diesem Jahr den Leitzins senken. Angesichts des schwächelnden Arbeitsmarktes erwarten die meisten Experten, dass der oberste amerikanische Währungshüter genau dies tun wird. Das wahrscheinlichste Szenario ist eine Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 4 bis 4,25 Prozent. Einen doppelten Zinsschritt – also gleich eine Senkung um 50 Basispunkte – gilt nicht als ausgeschlossen, aber ist eher unwahrscheinlich.
Jerome Powell entscheidet um 20 Uhr Schweizer Zeit zusammen mit den sieben Fed-Gouverneuren über den Zinsentscheid – wie üblich. Und trotzdem ist heute alles anders. Denn Donald Trump hat wenige Stunden vor der Fed-Sitzung noch seinen Wirtschaftsberater Stephen Miran als Fed-Gouverneur installiert. Miran wurde am Montagabend vom US-Senat mit 48 zu 47 Stimmen hauchdünn bestätigt – und ersetzt die im Sommer überraschend zurückgetretene Gouverneurin Adriana Kugler.
Ein aktiver Berater eines US-Präsidenten im Entscheidungsgremium der amerikanischen Notenbank? Das hat es noch nie gegeben. Miran will seine Beraterrolle lediglich ruhen lassen – und noch nicht definitiv aufgeben. Ein Schritt, der die politische Unabhängigkeit der Fed aus Sicht vieler Ökonomen infrage stellt.
Streit mit Lisa Cook
Und genau das war auch das grosse Notenbank-Thema der letzten Wochen. Donald Trump erhöhte den Druck auf Powell im Sommer, indem er wiederholt den Fed-Chef beleidigte und ihm gar mit der vorzeitigen Absetzung drohte. Powell blieb standhaft. Und der US-Präsident schoss sich auf eine seiner Kolleginnen ein.
Ende August ordnete Trump überraschend die Entlassung von Lisa Cook an, weil sie angeblich in einem oder mehreren Hypothekenverträgen falsche Angaben gemacht hatte. Cook, die seit Mai 2022 dem siebenköpfigen Leitungsgremium der US-Notenbank angehört, nahm das nicht ihn – und reichte Klage dagegen ein. «Präsident Trump hat behauptet, mich aus wichtigem Grund entlassen zu wollen, obwohl es dafür laut Gesetz keinen Grund gibt und er dazu nicht befugt ist», sagte die Ökonomin damals.
Wirds nur noch eine 4:3-Mehrheit?
Der Rechtsstreit ist zwar noch nicht beendet, doch bisher gaben ihr die Gerichte recht. Cook sitzt deshalb auch heute Mittwochabend mit am Tisch. Und dürfte mit Jerome Powell für eine Zinssenkung von 25 Basispunkten stimmen.
Gut möglich, dass es letztlich eine 4:3-Mehrheit zugunsten von Powell gibt. Denn neben dem Trump-Berater Miran können auch die Gouverneure Christopher Waller und Michelle Bowman ausscheren und sich für eine doppelte Senkung starkmachen. Schon beim letzten Zinsentscheid im Juli votierten sowohl Waller als auch Bowman gegen Powell. Es war das erste Mal seit über dreissig Jahren, als sich zwei von sieben Gouverneuren gleichzeitig gegen den Fed-Chef gewandt haben.