Die Zahl der Personen, die sich wegen nicht bezahlter Krankenkassenprämien verschulden, nimmt jedes Jahr um ein bis zwei Prozent zu. Die Krankenkassenschulden liegen nach den Steuerschulden auf Platz zwei der Schuldenarten.

Während 2015 noch 58 Prozent der verschuldeten Haushalte mit ihren Prämienzahlungen im Rückstand waren, waren es 2017 bereits 62 Prozent. Dies geht aus Zahlen von Schuldenberatung Schweiz hervor, die der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegen.

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«Barzahlen»

Die jährliche Erhöhung der Krankenkassenprämien verbunden mit der Reduktion der Prämienverbilligungen in den Kantonen habe die finanzielle Lage für Menschen mit tiefen Einkommen in den letzten Jahren verschärft, sagte Sébastien Mercier von der Schuldenberatung Schweiz auf Anfrage. Er bestätigte damit einen Artikel in der «Sonntagszeitung».

Am meisten betroffen sind sogenannte Working Poor, also Personen, die trotz einer Anstellung unter der Armutsgrenze leben müssen: 72 Prozent von ihnen haben Krankenkassenschulden. «Hätten die Prämienverbilligungen die gewünschte Wirkung, dürfte das eigentlich nicht der Fall sein», sagte Mercier.

Schuldenspirale

Die möglichen Gründe, warum sich Menschen wegen nicht bezahlten Krankenkassenprämien verschulden, sind vielfältig: Trennungen oder Scheidungen, Arbeitslosigkeit, Krankheit, aber auch die Geburt von Kindern.

Denn bei Menschen mit tiefen Einkommen können bereits die geringsten finanziellen Verschlechterungen in die Schuldenfalle führen: «Ist jemand krank und arbeitslos, verliert er plötzlich 20 Prozent des Einkommens», sagte Mercier.

Auch wenn die Kinder in Ausbildung das 18. und später das 25. Lebensjahr erreichen und deren Prämien plötzlich stark ansteigen, sei das für Menschen mit tieferen Löhnen schwer zu verkraften, sagte Mercier.

Als erstes verzichten diese Personen in der Regel auf die Bezahlung der Steuern. Danach folgen die Krankenkassenprämien. «Und wenn gegen eine Person eine Betreibung läuft und der Lohn gepfändet wird, kann diese in der Regel die laufenden Rechnungen nicht mehr bezahlen», sagte Mercier.

In der Berechnung des Existenzminimus würden in diesem Fall nur anerkannte Ausgaben berücksichtigt. Die Prämien gehören theoretisch auch dazu, aber nur solange sie bezahlt werden - wie auch die Miete oder die Alimente. Und wer die Steuererklärung gar nicht ausfüllt, der hat auch kein Anrecht auf Prämienverbilligungen.

(sda/tdr)