Halbnackte Menschen, neonfarbene Pilze, Falt-Velos, massenhaft Staub und riesige Holzkonstrukte: 70'000 Menschen pilgern jedes Jahr ans Burning Man Festival. In der Black-Rock-Wüste im US-Staat Nevada stampfen sie eine ganze Stadt aus dem Boden. Während acht Tagen wummert hier Techno-Musik, Teilnehmer stellen Kunst aus, fahren in selbstgebauten Fahrzeugen durch die Wüste, halten Workshops ab und verbrennen zum grossen Finale den riesigen hölzernen «Man».

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Auch die Tech-Elite kommt seit Jahren her: Neben Stammgast Elon Musk haben auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg, Amazon-Gründer Jeff Bezos und Alphabet-CEO Eric Schmidt das Hippie-Event besucht, welches CEO Marian Goodell eine «globale kulturelle Bewegung» nennt.

Am World Web Forum in Zürich erklärte die Mitbegründerin, die 80 Mitarbeiter und ein Budget von rund 40 Millionen Dollar beaufsichtigt, was Unternehmer inmitten der digitalen Transformation vom Burning Man lernen können. Denn auch in der Wüste finde eine Transformation statt: die der Teilnehmer.

Verkleiden, Velo fahren, Trompete spielen

Das kreative Umfeld in der Wüste ermögliche den Menschen, in einem freien Raum zu spielen, sich etwa einem Kunstprojekt zu widmen, mit einem Velo durch die Wüstenstadt zu düsen, neue Kontakte zu knüpfen, zum ersten Mal Trompete zu spielen oder sich als Waschbär zu verkleiden, so Goodell.

Die Burning-Man-Organisatoren setzen den «Burnern» mit zehn Prinzipien ein Grundgerüst, in dem sich sich weiterentwickeln können und die laut Goodell zentral für den Erfolg der Transformation sind. Diese Richtlinien reichen vom Schenkprinzip über Gemeinschaftsdenken und Partizipation bis hin zu einer No-Waste-Policy. Goodell zufolge können diese Prinzipien auch in Unternehmen als Leitplanke für die Transformation wirken: «Sie schaffen eine spielerische Umgebung für Menschen, in der diese sich verbunden und beteiligt fühlen.»

Luxus-Camps stören Goodell nicht

Dieses Umfeld sei, was viele Techies im Black Rock Desert suchten: Es stimuliere und biete die Gelegenheit, sich mit Leuten zu umgeben, die ganz anders seien als man selbst. «Hier gibt es eine Landschaft von verschiedenen Arten zu Denken, sowie enorm viele Möglichkeiten, mit anderen Menschen zu interagieren und sich inspirieren zu lassen.» Nicht umsonst hätten Larry Page und Sergey Brin ihren Google Doodle 1997 am Burning Man gestartet.

Dass gewisse Besucher Luxus-Camps bauen, stört Goodell nicht. «Menschen brauchen ihren Komfort.» Es ginge mehr darum, wie man sich verhalte und mit anderen Menschen interagiere, als wie man in der Wüste wohnte, sagt Goodell. Festival-Besucher hatten sich in den letzten Jahren vermehrt über die Gentrifizierung der Wüste beschwert. Besucher aus dem Silicon Valley und Hollywood hatten angefangen, exklusive Siedlungen mit Betten, Klimaanlagen, Wifi sowie Sterneköchen und Fitnesstrainern zu bauen. Im letzten Jahr wurde das Luxus-Camp «White Ocean» des russischen Milliardärssohns Timur Sadarov von wütenden Festivalbesuchern zerstört.

Keine einzelnen Helden

Für Goodell können Führungskräfte dennoch viel mitnehmen. Was diese vom Burning Man lernen könnten sei Kollaboration, sagt sie. Insbesonders, wenn sich ihre Organisation grossen Veränderungen ausgesetzt sähe. «Wir müssen mehr als Team führen, nicht als einzelne, heroische Führungspersonen», so die CEO. «Ich hole gerne Menschen an den Tisch um mitzureden.»

Die Welt verändere sich so schnell, dass es wichtig sei, voneinander zu lernen: «Es ist wichtig, verschiedenen Menschen zuzuhören. Die Jungen sollten den Älteren zuhören und umgekehrt.»

Redaktorin Caroline Freigang
Caroline Freigangschreibt seit 2019 für den Beobachter – am liebsten über Nachhaltigkeit, Greenwashing und Konsumthemen.Mehr erfahren