In einer richtungsweisenden Entscheidung hat die Zentralbank Chinas (PBOC) dezentrale digitale Währungen im September 2021 für illegal erklärt, indem sie Transaktionen mit Krypto-Währungen untersagte und offiziell sämtliche Aktivitäten mit digitalen Münzen als unrechtmässig bezeichnete: «Bei Transaktionen in virtuellen Währungen handelt es sich um illegale Finanzaktivitäten.» Dem fügte sie hinzu, dass «rechtliche Risiken für Privatpersonen und Organisationen» bestünden, die sich an Aktivitäten und Transaktionen mit virtuellen Währungen beteiligen.

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Lieber zentrale als dezentrale Währung

Bedenklich ist hierbei, dass China zeitgleich mit diesem Verbot dezentraler Krypto-Währungen eine eigene digitale Zentralbankwährung (Central Bank Digital Currency – CBDC) eingeführt hat. Im Jahr 2020 wurde ein Bild von Chinas staatlicher digitaler Währung, dem Digitalen Chinesischen Yuan (DCNY), im Internet veröffentlicht. Darauf war eine «Wallet» zu sehen, die unterschiedliche Zahlungsformen akzeptiert, darunter mobile Zahlungen sowie Transaktionen unter Verwendung von QR-Codes.

David Goodman

Autor David Goodman ist für GAM Investments tätig.

Die PBOC erklärte, dass die Einführung des DCNY eine Reaktion auf die Bedrohung durch den Aufstieg dezentraler Kryptowährungen wie Bitcoin sei und dass eine zentralisierte digitale Währung helfen würde, die Effizienz von Transaktionen innerhalb Chinas zu steigern. Ein Merkmal dieses digitalen Zahlungsmittels besteht in einem einprogrammierten Gültigkeitsdatum, welches den Halter zu Ausgaben animieren und somit die Nachfrage ankurbeln würde.

Digitale Währung: Menschen machen mit

Die PBOC hat den DCNY bereits in verschiedenen Städten im Rahmen von Pilotprogrammen eingeführt, was sich bislang als populärer Schritt erwies. Im Oktober 2020 tätigten die Menschen im Bezirk Luohu in Shenzhen während einer einwöchigen Versuchsphase Ausgaben in der digitalen Währung, die nahezu 10 Millionen Dollar entsprachen, wobei mehr als 200’000 Registrierungen verbucht wurden.

Der DCNY steckt zwar noch in den Kinderschuhen, ist jedoch das umfassendste Projekt im Bereich der von Zentralbanken ausgegebenen digitalen Währungen weltweit und verleiht China eine Vorreiterrolle unter den 110 Ländern, die derzeit die Einführung digitaler Währungen betreiben.

Direkter Zugang zu Zentralbanken für Endverbraucher und Unternehmen

Als China im Jahr 2014 die Planung einer digitalen Währung bekannt gab, beobachteten andere Länder das Geschehen mit Interesse und begannen, ihre eigenen Alternativen zu erkunden. Laut einer von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich durchgeführten Umfrage prüften 86 Prozent der Zentralbanken die Vor- und Nachteile einer Einführung von CBDC, wobei sich zu diesem Zeitpunkt lediglich 14 Prozent in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium mit laufenden Pilotprojekten befanden.

Obwohl zahlreiche Länder Chinas Vorhaben, eine digitale Währung zu schaffen, zunächst mit Skepsis bewerteten, hat das Tempo, mit dem sich diese Währung seither entwickelt hat, viele Nationen dazu veranlasst, ihre eigene Vorgehensweise ernsthaft zu überprüfen. In einem jüngsten Bericht bekundete die Bank of England: «Eine CBDC würde es Privathaushalten und Unternehmen ermöglichen, direkt elektronische Zahlungen mit von der Bank of England herausgegebenem Geld vorzunehmen.»

Von einer zentralen Stelle verwaltet

Obwohl die meisten Menschen ihr Geld als etwas Digitales betrachten, halten sie in der Realität jedoch Einlagen bei Geschäftsbanken mit digitalem Zugang über eine App. Derzeit verfügen ausschliesslich Geschäftsbanken über Nutzungsrechte gegenüber den Zentralbanken. Eine CBDC könnte jedoch Endverbrauchern und Unternehmen erstmals einen direkten Zugang zu den Zentralbanken gewähren.

Streng genommen beschreibt eine CBDC eine digitale Form einer nationalen Währung, die sich zur Kontenführung der Blockchain-Technologie bedient. Im Gegensatz zu den Kryptowährungen wird eine CBDC von einer zentralen Stelle verwaltet; in den überwiegenden Fällen handelt es sich hierbei um die nationale Zentralbank. Für den Endnutzer bleibt der Wert, den die digitale Einheit repräsentiert – z. B. ein digitales Pfund Sterling – unverändert.

Was sind die Vorteile einer digitalen Währung?

Die Research-Abteilung für digitale Vermögenswerte der Bank of America stellt fest, dass bis Juni 2021 221 Millionen Menschen eine Kryptowährung gekauft oder verkauft haben. Bis Mai 2020 waren es lediglich 66 Millionen gewesen. Da wir uns rapide auf kontaktlose Zahlungen und Online-Transaktionen zubewegen, wird unsere Abhängigkeit von physischen Währungen zunehmend geringer. Die digitalen Währungen lassen sich als eine Erweiterung der «Geld über das Internet»-Protokolle betrachten, mit denen wir durch unsere Online-Transaktionen bereits bestens vertraut sind.

Wie bei jeder Erweiterung werden zusätzliche Merkmale hinzugefügt, um Geschwindigkeit, Effizienz und die Gesamterfahrung der Nutzer zu verbessern. Welche Merkmale eingeführt werden, ist abhängig von den Entscheidungen in Bezug auf die jeweiligen Projekte. Generell zählen hierzu jedoch verringerte Abrechnungszeiten und eine verbesserte Überwachung des Zahlungsnetzwerks.

Private Kryptowährungen oder Stablecoins – was ist der gegenwärtige Status?

Die Kryptowelt hat bereits viele private Kryptowährungen geschaffen, die durch einen Reservewert besichert sind – die sogenannten Stablecoins. Sie sind mittlerweile die Lösung des Privatsektors für eine digitale Fiat-Währung. Als privat begebene Kryptowährung mit einem Mechanismus zur Minimierung von Preisschwankungen und zur «Stabilisierung» ihres Werts verfolgen Stablecoins das Ziel, eine alternative Form von risikoloser digitaler Währung zu bieten. Diese funktioniert unabhängig von Geschäftsbanken und kann von den Verbrauchern direkt eingesetzt werden.

Da traditionelle Banken gegenüber Kryptounternehmen häufig Skepsis zeigen, entwickelten sich Stablecoins zu einem wichtigen Teil dieses heranreifenden Sektors. Stablecoins ermöglichen es, dass Milliarden von Dollar nahtlos den Besitzer wechseln, und stellen mittlerweile mehr als 100 Milliarden Dollar an investiertem Kapital im Krypto-Ökosystem dar. Da der Bereich der Kryptowährungen mittlerweile auf mehr als 2 Billionen Dollar angewachsen ist, überrascht es nicht, dass die Zentralbanken hier zunehmend eine hochprofitable Geschäftsmöglichkeit wittern.

Stablecoins versus CBDC

Manche Marktteilnehmer sind der Meinung, die Zentralbanken sollten den Privatsektor und dessen Innovationen nicht behindern. Andere Marktbeobachter befürchten, dass die rasche Einführung von CBDC die Stabilität des Finanzsystems bedrohen und unbekannte Risiken beinhalten könnte. Andere wiederum sorgen sich, dass eine CBDC den Zentralbanken mehr Macht geben würde, da die Währung programmierbar ist – d. h. es würde eine bedingte Zahlungsform geschaffen, die sowohl positiv als auch negativ manipuliert werden und persönliche Freiheiten untergraben könnte.

So könnte eine Zentralbank mit der weit verbreiteten Nutzung digitaler «Wallets» gezielte Zahlungen wesentlich schneller und einfacher durchführen, als sich etwa Leistungen und Zuschüsse erhöhen liessen, deren Verabschiedung Zeit in Anspruch nimmt.

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Darüber hinaus könnten Zentralbanken an das neu ausgegebene Geld Bedingungen knüpfen. Zum Beispiel, dass es binnen 30 Tagen ausgegeben werden muss, jedoch ausschliesslich für Lebensmittel und Kinderkleidung, und nicht etwa für Wein oder Glücksspiele. Darüber hinaus könnten die Zentralbanken damit geldpolitische Instrumente wie negative Zinsen implementieren. In diesem Falle würden auf eine Einlage Zinsen zu entrichten sein, als handele es sich dabei um einen Kredit, wodurch im Laufe der Zeit der Saldo der Einlage schrumpfen würde.

Viele erachten Stablecoins als zu riskant, da es ihnen an Transparenz und Aufsicht mangelt. Ein privates Unternehmen, das Stablecoins ausgibt, kann zwar behaupten, dass seine digitalen Dollar durch eine reale Währung gedeckt sind.

Dennoch besteht die Möglichkeit, dass diese Transaktion misslingt, während eine hoheitliche CBDC staatlich gedeckt und daher in gleichem Masse wie Staatsanleihen garantiert ist. Als Antwort auf die Bedenken, die Zentralbanken könnten überproportional viel Macht erhalten, argumentieren die Befürworter, dass Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, und eine erfolgreiche CBDC sämtliche Freiheiten, die derzeit mit dem Bargeld einhergehen, garantieren könnten.

Fazit: Das Geld wird weiter digitalisiert

Noch lässt sich nicht feststellen, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln und wie Regierungen mit dem Thema digitale Währungen umgehen werden. Bereits klar ist aber, dass Geld unabhängig von den beteiligten Akteuren weiter digitalisiert wird.

Obschon die Zentralbanken unerschütterlich die These vertreten, dass CBDC neben Bargeld existieren und Letzteres nicht ersetzen sollten, lässt sich nicht leugnen, dass selbst die beste Form von Bargeld, ob nun digital oder in anderer Form, unverändert eine nationale Währung ist, die im Zeitablauf an Wert verliert. Darüber hinaus besteht das Problem, dass Regierungen zusätzliche Kontrolle über ihre Bürgerinnen und Bürger ermöglicht wird.