Die Invasion der Ukraine hat grosse Folgen für den Finanzmarkt. Die Sanktionen führten dazu, dass russische Aktien und Obligationen in Rekordzeit zu toxischen Wertpapieren mutierten. Für Obligationen gibt es mitunter noch Preisangebote. Sie sind aber so tief, dass sie einen Abweisungscharakter haben. Die grosse Frage ist nun, wer diese Papiere im Bestand hat.

Erinnerungen an 2008 werden wach. Als die weltweite Finanzkrise ausbrach, krachten die Preise für Subprime-Papiere zusammen. Anlagefonds und Banken gaben Verlustmeldungen heraus. Das globale Finanzsystem stand vor dem Kollaps. Droht jetzt das Gleiche?

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Nein, sagt Thomas Stucki von der St. Galler Kantonalbank in einem Kommentar am Montagmorgen. Das betroffene Volumen sei im Vergleich zum damaligen Subprime-Markt gering. Zudem dürften russische Papiere breiter verteilt sein. Aber: «Die eine oder andere Überraschung wird es sicherlich geben.»

Anlagefonds verlieren

Stucki schätzt, dass der grösste Teil der russischen Aktien und Obligationen in Anlagefonds steckt, welche die Schwellenländer abdecken. «So ist gemäss Bloomberg Blackrock der grösste Halter russischer Staatsanleihen und auffallend ist die breite Verteilung auf viele bekannte Fondsanbieter.» Als grösster Aktionär von Gazprom nach dem russischen Staat werde Vanguard geführt.

«Die Emerging-Markets-Fonds für Aktien und Obligationen werden an Wert einbüssen, aber in einem überschaubaren Rahmen», so Stucki. «Dass der eine oder andere Hedgefonds sich grösser verspekuliert hat, ist aber gut möglich.»

«Man kann Mitleid haben und sich um sein Portfolio kümmern»

Der Ukraine-Krieg erschüttert Europa. Ist es akzeptabel, jetzt an seiner Aktientaktik zu feilen? Wirtschaftsethikerin Dorothea Baur antwortet (Abo).

Der Investmentchef sieht weitere Unterschiede zu den Subprime-Papieren. Nur ein kleiner Teil der russischen Aktien dürfte im Eigenbestand der Banken sein.

Silberstreifen am Horizont

«Problematischer wird es, wenn Banken im grossen Stil russische Aktien als Sicherheit für Lombard-Kredite akzeptiert haben und die Kunden nun neue Sicherheiten liefern müssen.»  

Das Problem: Wer in solche Kredite investiert hat, ist oftmals selbst Russin oder Russe. Sie dürften jetzt wegen der Sanktionen Mühe haben, an frisches Geld zu kommen und neue Sicherheiten zu liefern. «Aber auch hier ist es unwahrscheinlich, dass eine Bank dadurch in ernsthafte Probleme gerät», so Stucki.

Dazu kommt: Wie die meisten Subprime-Papiere sind auch russische Aktien trotz dem tiefen Preis nicht komplett wertlos. Stucki nennt das Beispiel Gazprom. Obwohl die Papiere massiv verloren haben, liefert Gazprom weiterhin Erdgas und verdient damit Geld. «Wenn der Handel wieder möglich ist, werden viele dieser Papiere einen Teil der Verluste wieder wettmachen.»

(brb)

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