Die Schweizer KMU haben in der Coronakrise rasch und unkompliziert durch den Bund garantierte Überbrückungskredite erhalten. Wie eine Umfrage bei Banken zeigt, haben die Unternehmen die gesprochenen Kredite über insgesamt gut 15 Milliarden Franken bisher noch zu weniger als der Hälfte genutzt. Erste KMU zahlen die Kredite bereits zurück.
Die Beanspruchung der erteilten Covid-19-Kredite durch die Unternehmen beziffern fast alle der befragten Banken gegenüber der Nachrichtenagentur AWP mit Werten unter 50 Prozent. Darüber liegt nur die Aargauische Kantonalbank (AKB), welche die Nutzung auf 60 Prozent beziffert. Befragt wurde eine Reihe von Bankinstituten, die – gemessen an der Kreditsumme – gemeinsam deutlich mehr als die Hälfte der Überbrückungskredite vergeben haben.
Zahl der Kredite leicht rückläufig
Eingeführt wurden die Covid-19-Überbrückungskredite am 26. März mitten im «Corona-Lockdown». Seither haben die am Programm beteiligten Bankinstitute an insgesamt 128'616 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Überbrückungskredite in der Höhe von 15,2 Milliarden Franken gesprochen (Stand Donnerstag), wie den neusten Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zu entnehmen ist.
Der Löwenanteil entfällt dabei mit 13,4 Milliarden Franken auf die vollständig vom Bund garantierten Covid-19-Kredite mit einem Maximalbetrag von 500'000 Franken. Bei den weiteren 1,8 Milliarden Franken handelt es sich um «Covid-19-Kredit-Plus»-Anträge, die nur zu 85 Prozent vom Bund abgesichert.
Der grosse «Ansturm» auf die Corona-Kredite mit tausenden Kreditanträgen pro Tag war Ende März und in der ersten Aprilhälfte erfolgt, noch im Mai gab es teilweise schweizweit mehrere hundert Anträge. In den vergangenen beiden Tagen war nun die Zahl der täglichen Kreditanträge – nach Abzug der zurückgewiesenen Anträge – nun gar erstmals wieder leicht rückläufig.
Nur jede zweite Firma hat den genehmigten Kredit genutzt
Die Überbrückungskredite seien von vielen Unternehmen vorsorglich beansprucht worden, erinnert man bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB): Schliesslich sei es damals «schwer abzuschätzen gewesen, wie Covid-19 mitsamt sämtlichen Restriktionen einzelne Branchen und Unternehmen mittel- oder langfristig beeinflussen werden», betont eine ZKB-Sprecherin.
Bei der grössten Kantonalbank der Schweiz, die Covid-19-Krediten in Höhe von rund 729 Millionen Franken vergeben hat, hätten bisher rund 43 Prozent der Unternehmen mindestens einen Teil des Kredits auch genutzt, so die Sprecherin.
Grundsätzlich sei es nicht im Sinn der Kunden, den Kredit über die gesamte Laufzeit in der vollen Beanspruchung zu halten, meint ein Sprecher bei der Grossbank UBS. Bei dieser sind von Corona-Krediten über rund 2,7 Milliarden Franken insgesamt 48 Prozent genutzt worden. «Der Kunde soll auch die Flexibilität haben, den Kredit allenfalls auch schon vor der Zeit zurückbezahlen», so ein UBS-Sprecher.
3 Milliarden Franken bei der Credit Suisse bewilligt
Zurückhaltender klingt es etwa bei der Konkurrentin Credit Suisse, die Corona-Kredite über rund 3 Milliarden gesprochen hat: Die Nutzung der ausbezahlten Kredite obliege den Kunden, lässt die Grossbank verlauten. Tiefe Beanspruchungen beobachtet die Raiffeisen-Gruppe, die ihrerseits Covid-19-Kredite über rund 1,9 Milliarden Franken vergeben hat: «Insgesamt wurden bisher 20 bis 25 Prozent des ausbezahlten Kreditvolumens genutzt», erklärt eine Sprecherin.
Bei der St. Galler Kantonalbank (SGKB) beziffert man die Nutzung der Gelder auf 42 Prozent. Bei rund einen Viertel seien die gesprochenen Gelder zur Gänze liegen gelassen worden, so ein SGKB-Sprecher. «Die Mehrheit der bisher nicht beanspruchten Kredite wurde vorsorglich beantragt», betont auch er. «Offenbar haben die Liquiditätsreserven vieler Unternehmen bisher ausgereicht.»
Vereinzelt sieht man bei den auch bereits Rückzahlungen der mitten in der Coronakrise beantragten Kredite. Bei der Regionalbank Valiant etwa haben bei über 2700 vergebenen Krediten bisher 25 Kunden ihren Kredit wieder getilgt. Bei der ZKB hätten 58 Kunden den Kredit wieder ganz zurückbezahlt, weitere 260 Kunden hätten teilweise Rückzahlungen geleistet, heisst es bei der Bank.
Selten Missbrauchsverdacht
Hinweise auf einen weit verbreiteten Missbrauch des milliardenschweren Hilfsprogramms sehen die Banken auch weiterhin nicht: Die Grossbanken CS und UBS etwa sprechen beide von «unter 0,5 Prozent der Fälle», bei denen es Hinweise auf Missbrauchsversuche gegeben habe. Auch bei der SGKB oder bei Raiffeisen Schweiz sieht man nur «einzelne Fälle», wo Kunden etwa die Kredite nicht vertragsgemäss verwendet oder falsche Angaben zum Umsatz gemacht hätten.
«Vereinzelt» sei es vorgekommen, dass Anträge bei zwei Banken eingereicht wurden, heisst es etwa bei Valiant. Ob die Verwendung der Gelder missbräuchlich war, kläre aber die Meldestelle für Geldwäscherei sowie die Staatsanwaltschaft des entsprechenden Kantons ab.
(awp/me)