Fast 80 Prozent der chinesischen Wirtschaft sind in irgendeiner Weise vom schlimmsten Ausbruch von Covid-19 seit zwei Jahren betroffen, was das Angebot an Rohstoffen belastet und eine zunehmende Bedrohung für die Nachfrage darstellt.

Chinas Restriktionen zur Eindämmung der sich schnell ausbreitenden Omicron-Variante haben in erster Linie den Reiseverkehr über kurze und lange Strecken betroffen. Das belastet die Lieferketten. Je länger Peking an seiner «Zero Covid»-Politik festhält, desto grösser werden die Auswirkungen. Die Produktion ist gefährdet, da die Lagerbestände an Rohstoffen schrumpfen und die Arbeiter zu Hause bleiben.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

So könnten weit verbreitete Ausfälle in der Metallverarbeitung die Rohstoffmärkte, die in den letzten Wochen wegen des Krieges in der Ukraine bereits Rekordhöhen erreicht haben, weiter anheizen. Das würde die Inflationsgegner bei der Zentralbank und der Wirtschaftsplanungsbehörde in Aufruhr versetzen. Allerdings dürfte auch die Nachfrage irgendwann schrumpfen, so dass die Nettoauswirkungen auf die Preise ungewiss bleiben.

Zu viel Öl

Unabhängige Ölraffinerien, die sich in der Provinz Shandong konzentrieren, waren gezwungen, Rohölladungen weiterzuverkaufen und die Betriebsraten zu senken, da die Nachfrage zurückgegangen ist. Nach Schätzungen des Branchenberaters OilChem haben diese Raffinerien die Verarbeitung auf etwa 50 Prozent der Kapazität reduziert. Das ist der niedrigste Stand seit mehr als fünf Jahren, wenn man den durch die Pandemie Anfang 2020 verursachten Einbruch nicht berücksichtigt.

Dongying, ein Raffineriezentrum in Shandong, verhängte am 16. März auf unbestimmte Zeit Verkehrskontrollen auf einigen Autobahnen, wodurch sich die Auslieferung verlangsamte. Goldman Sachs senkte letzte Woche seine Prognosen für die Brent-Rohölpreise und den chinesischen Ölverbrauch im zweiten Quartal aufgrund der Schliessungen, von denen Zentren von Shanghai bis Shenzhen betroffen sind.

Die in dieser Woche erfolgte Abriegelung des wichtigen Stahlwerks in Tangshan hat dazu geführt, dass einige Hochöfen aufgrund der knappen Versorgung mit wichtigen Rohstoffen wie Eisenerz und Kokskohle stillstehen. Verkehrskontrollen stören den Betrieb einiger Werke in der nördlichen Stadt, die seit langem eine Schlüsselrolle in der grössten Stahlindustrie der Welt spielt.

Tangshan produzierte im vergangenen Jahr über 130 Millionen Tonnen Stahl, was etwa 13 Prozent der chinesischen Produktion entspricht. In allen grossen stahlproduzierenden Provinzen gibt es Beschränkungen für den Verkehr, und die Werke könnten bald mit einem Mangel an Rohstoffen konfrontiert sein. Die knappe Versorgung mit diesen Materialien wird die Hauptursache für einen Produktionsrückgang sein, wenn die Covid-19-Beschränkungen nicht nächste Woche gelockert werden.

Bei den Basismetallen sind die Auswirkungen bisher ebenfalls hauptsächlich auf der Angebotsseite zu finden, da die Reisebeschränkungen den Fluss von Rohstoffen und Fertigprodukten behindern. Bisher gibt es noch keine Berichte über Produktionseinbussen bei grossen Hütten, deren Produktion in der Regel von den lokalen Regierungen geschützt wird, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, und die für die regionalen Volkswirtschaften von grosser Bedeutung sind.

Dennoch könnten sich Kürzungen abzeichnen. Ein Kupfer- und Aluminiumhersteller hat die Produktion in seinen Werken in Tangshan vorübergehend gedrosselt, weil die Kontrollen dort zu einem Mangel an Rohstoffen geführt haben.

Unterbrechungen bei der Kohleproduktion

Die Epidemie unterbricht die Kohleproduktion, indem sie die Bergbautätigkeit verlangsamt und den Transport von den Minen zu den Fabriken zum Erliegen bringt. Die Schlangen der Lastwagen, die den fossilen Brennstoff abholen und ausliefern wollen, werden immer länger, da sie gezwungen sind, die Abriegelungsvorschriften zu beachten.

Dies ist zu einer Zeit problematisch, in der China auf eine massive Steigerung der heimischen Kohleproduktion drängt, da das Land der Energiesicherheit Vorrang einräumt, um Störungen des Wirtschaftswachstums zu begrenzen. Peking hat die Stromerzeuger angewiesen, langfristige Lieferverträge mit den Bergwerken zu unterzeichnen und Vorräte für mindestens 15 Verbrauchstage anzulegen, aber die strengen Virenschutzmassnahmen behindern diese Bemühungen.

Auch für andere Rohstoffmärkte besteht ein Risiko. Kohle ist Chinas wichtigster Brennstoff und ein Schlüsselfaktor für die Metallpreise, die nur dann steigen werden, wenn die Produktionskosten aufgrund der Verknappung des Brennstoffs steigen. Auch Chinas Rohstoffimporte und -exporte könnten letztlich gefährdet sein, da die Häfen aufgrund der logistischen Störungen, die durch die Abriegelungen verursacht werden, immer mehr überlastet sind.

Der Rückstau an Waren in den grossen Häfen von Shenzhen und Hongkong ist auf den höchsten Stand seit fünf Monaten gestiegen. Die steigende Zahl der Infektionen in Schanghai hat Befürchtungen geweckt, dass die Massnahmen zur Bekämpfung des Virus den Warentransport von und nach dem grössten Hafen der Welt beeinträchtigen könnten.

(bloomberg/ise)