Alte Rollenklischees wurden während des teilweisen Lockdowns in der Coronakrise wieder hervorgekramt: Schweizer Frauen waren von den zusätzlichen Aufgaben bei der Kinderbetreuung stärker betroffen als Männer, wie die ETH Lausanne (EPFL) am Mittwoch mitteilte.

Wissenschaftler der EPFL, der Universität Lausanne und des Forschungsinstituts Idiap in Martigny befragten zwischen dem 8. April und 10. Mai 2020 insgesamt 6919 Personen aus der ganzen Schweiz, wie sie die Coronakrise erleben. Auch führten sie Interviews mit 60 Personen und erhielten von 216 Personen Feedback über eine App.

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Männliche Patienten erkranken häufiger schwer an Corona als Frauen und haben ein höheres Risiko, an Covid-19 zu sterben. Doch gesellschaftlich tragen Frauen die grössere Last in der Krise, wie die neue Studie nun unterstreicht.

Mehr Frauen verloren ihren Job

Zwar gaben nur 3 Prozent der Befragten an, ihren Arbeitsplatz zu verlieren - doch darunter waren 70 Prozent Frauen. Die Mehrheit der Frauen berichtete über schwierigere Arbeitsbedingungen während der Coronakrise. Viele von ihnen arbeiteten im Gesundheits- und Sozialwesen, wo sie höheren Infektionsrisiken ausgesetzt waren. Sie hätten sich gewünscht, etwa durch mehr Ferien oder finanzielle Entschädigung belohnt zu werden.

Frauen oft allein verantwortlich für Homeschooling

Darüber hinaus gab jede zweite Frau an, allein für Homeschooling verantwortlich zu sein - im Vergleich zu nur jedem zehnten Mann. Deutlich mehr Männer als Frauen gaben an, diese Aufgabe geteilt zu haben. "Dieses Gefühl wurde jedoch von ihrem Ehepartner nicht geteilt und spiegelt auch nicht die tatsächliche Arbeitsteilung wider", sagte Laurie Daffe von der EPFL. Schliesslich gaben junge, gut ausgebildete Frauen am häufigsten an, zu viele Hausarbeiten übernommen zu haben.

Bereits eine Umfrage des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Mann und Frau, für die 30'000 Menschen befragt worden sind, legte dar, dass berufstätige Frauen von den Einschränkungen von externen Kinderbetreuungsmöglichkeiten stärker betroffen waren als Männer.

Unterstützungsnetzwerke in Nachbarschaft bilden

In einer zweiten Phase der Studie wurden fünf Diskussionsgruppen eingerichtet, um wünschenswerte «Post-COVID»-Szenarien zu entwickeln. So bekundeten die Teilnehmer Interesse daran, sich künftig mehr in der Nachbarschaft zu engagieren. Dadurch erhoffen sie sich, im Falle einer neuen Krise auf Unterstützungsnetzwerke zurückgreifen zu können.

Auch möchten viele von ihnen Autoreisen und das Pendeln künftig einzuschränken - eine Veränderung, die gemäss den Befragten von der Flexibilität der Arbeitgeber abhängt.