Der Energiekonzern Alpiq zieht sich aus bestimmten Ländern und Segmenten zurück. So wurde etwa das Retailgeschäft in Polen und in Tschechien aufgegeben. Der Fokus soll zudem auf den ganz grossen Kunden liegen und weniger auf Geschäft mit kleinen Unternehmen.

Kerngeschäft Stromproduktion

«Wir müssen uns stärker fokussieren, um noch profitabler zu werden», sagte CEO Antje Kanngiesser im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Alpiq sei in den vergangenen Jahren durch eine Restrukturierung gegangen und habe mittlerweile nur noch ein Zehntel der ursprünglichen Grösse. Im vergangenen Jahr habe man daher geschaut, ob das Portfolio nicht zu zersplittert ist.

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Kanngiesser ist seit dem 1. April 2021 Chefin des Energiekonzerns. Zuvor war sie mehrere Jahre in der Geschäftsleitung der BKW. 2018 hatte Alpiq das Dienstleistungsgeschäft an die französische Baugesellschaft Bouygues verkauft und sich auf das traditionelle Kerngeschäft besonnen, die Stromproduktion.

Grosse Kunden im Fokus

Das Retailgeschäft und kleine Unternehmen gehörten nicht zum Kerngeschäft, sagte Kanngiesser. Den klassischen Haushaltskunden habe Alpiq bisher nicht gross im Portfolio gehabt, und man wolle den Bereich auch in Zukunft nicht aufbauen.

Das Kerngeschäft bestehe aus Produktion und Handelsgeschäft. Man wolle sich auf komplexe, strukturierte Energieverträge für Gross- und Grösstkunden konzentrieren. Hier könne man einen besseren Mehrwert liefern und in diesem Bereich wolle Alpiq wachsen, begründete Kanngiesser.

Eine Ausnahme bildet Frankreich, wo Alpiq weiterhin mit Endkunden Geld verdienen und dieses Geschäft noch weiter ausbauen will. «Wir sind dort etabliert und haben ein sehr grosses Kundenportfolio», sagte Kanngiesser.

Auch wenn es in der Schweiz zu einer vollständigen Öffnung des Strommarkts kommen sollte, wäre das kein interessantes Geschäft für Alpiq, wie Kanngiesser sagte. In der Schweiz können nur grosse Konsumenten mit einem Stromverbrauch ab 100'000 Kilowattstunden im Jahr ihren Versorger frei wählen. Alpiq hat hierzulande derzeit keine «gefangenen» Endkunden, die mit regulierten Tarifen (Gestehungskosten plus Gewinn) bedient werden können.

Gegenbewegung zur Liberalisierung

In Zeiten tiefer Marktpreise war das ein Nachteil für Alpiq. Im jetzigen Umfeld sieht die Sache anders aus: «Wenn der Marktpreis so hoch ist wie heute, haben die Konsumenten natürlich wenig Interesse an einem liberalisierten Markt», sagte Kanngiesser. Derzeit gebe es ohnehin eher eine Gegenbewegung zur Liberalisierung – in einem Umfeld, wo über Preisdeckelungen diskutiert wird.

Auch in der Schweiz gebe es keine Partei, die jetzt noch offensiv für die Öffnung des Strommarktes wirbt, sagte Kanngiesser. In der Politik stehe vielmehr die Versorgungssicherheit im Vordergrund.

Schweiz ist weniger von russischem Öl und Gas abbhängig

Antje Kanngiesser hält sowohl ein Energie-Embargo der EU als Sanktionsmassnahme gegen Russland als auch ein Exportstopp Russlands für möglich. «Wir haben gesehen, dass das vermeintlich Unmögliche Realität wurde», sagte sie im Interview mit der Nachrichtenagentur AWP mit Blick auf den Ukraine-Krieg. «Und so halte ich auch einen Boykott oder Lieferstopp von russischem Öl oder Gas für möglich.»

Im Vergleich zu anderen Ländern in Europa sei die Schweiz aber etwas weniger von Gas abhängig, und wenn es dann wärmer wird, sinke der Bedarf. Alpiq betreibt derweil in drei Ländern Gaskraftwerke. Ungarn und Italien hätten in ihrem Mix auch einen signifikanten Anteil an russischem Gas, sagte Kanngiesser. Spanien wäre von einem Lieferstopp hingegen nicht unmittelbar betroffen.

Alpiq hat indes kein Geschäft und keine Mitarbeiter in Russland oder in der Ukraine.

Mit Blick auf die Technologie will Alpiq indes bei ihren angestammten Energiequellen bleiben. Insbesondere die Wasserkraft und die Solarenergie würde Alpiq gerne weiter ausbauen. Auch Wasserstoff sei strategisch wichtig.

AWP/sas