Nichts gegen die Filmfestspiele in Venedig oder das Zurich Film Festival. Aber in Sachen Glamour können nicht einmal die Oscars mit dem Filmfestival in Cannes mithalten. Nirgendwo sind die Roben üppiger, die Damen herausgeputzter, der Schmuck teurer als an der Croisette in Cannes. Und nirgendwo geht es mehr ums Business, das Schmuck-Business.

Dieses Jahr wird wieder die Crème der Schauspielstars erwartet. Anne Hathaway, Anthony Hopkins, Kristen Stewart, Viggo Mortensen, Marion Cotillard, Jeremy Strong oder Margaret Qualley: Alle Grössen des Showgeschäfts sind da, um ihre neuen Filme zu promoten. Plus natürlich die Reichen und Schönen dieser Welt, dieses Mal einfach ohne russische Oligarchen und Anhang. Sie lassen es sich an Events und Partys von Luxusmarken gut gehen lassen und den Lebensstil der Côte d’Azure geniessen. In Cannes geht es eben um mehr als Filme. Es geht auch darum, den eigenen Status in der sozialen Elite zu festigen. Was das WEF für die Wirtschaftswelt ist, ist Cannes für die internationale Society.

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Heute geht die Luxus-Party zwischen dem Hotel Martinez und dem Hotel du Cap-Eden-Roc wieder los. Sie dauert zwölf Tage und Nächte. Willkommen an der 75. Ausgabe des Filmfestivals!

Mittendrin im Glamour-Getümmel: Caroline Scheufele, Mastermind von Chopard

Mittendrin im Getümmel der Stars und Sternchen werden wir eine relativ klein gewachsene Frau sehen, die in Cannes jeweils ihren ganz grossen Auftritt hat: Caroline Scheufele, Co-Präsidentin und kreatives Mastermind des Genfer Schmuck- und Uhrenunternehmens Chopard.

Scheufele ist die Königin von Cannes. Seit über zwanzig Jahren stellt ihr Unternehmen die Trophäe für den siegreichen Regisseur oder die siegreiche Regisseurin im Filmwettbewerb her. Die Goldene Palme eben, die begehrte Palme d’Or. 1998 wurde Scheufele vom damaligen Festivalpräsidenten Pierre Viot mit der Neugestaltung des Preises beauftragt. Sie erschuf ein Bergkristall-«Kissen» in Form eines Diamanten im Smaragdschliff, mit einem Palmwedelmotiv als Anspielung auf die Bäume, welche die berühmte Croisette säumen.

Doch zum 75-Jahr-Jubiläum des Festivals und zur Feier der 25-jährigen Partnerschaft zwischen Cannes und Chopard hat Scheufele die Goldene Palme in diesem Jahr neu gestaltet, wie sie dem Magazin «How To Spend It» der «Financial Times» verraten hat. Zwei der Goldblätter des Palmwedels hat Scheufele mit Diamanten besetzt, eines mit der Zahl 75, das andere mit der Zahl 25, um das doppelte Jubiläum zu verewigen. Und neu ruht die Goldene Palme nun auf einem Rosenquarz. In der griechischen Mythologie ist das der Stein von Aphrodite, der Göttin der Schönheit und der Liebe. «Es war mir eine Ehre und Freude, als ich vor 25 Jahren gebeten wurde, die Goldene Palme neu zu gestalten», sagte Scheufele der «Financial Times». «Ich bin eine leidenschaftliche Filmliebhaberin, also war es wie ein Traum, der wahr wurde.»

Palme d'Or von Cannes

Die neue Palme d'Or von Chopard: Gold und Diamanten auf Rosenquartz.

Quelle: ZVG / Financial Times / How To Spend It

Cannes ist ein kommerzielles Haifischbecken für die grossen Schmuckfirmen

Scheufeles wahrgenommener Traum ist durchaus auch ein kommerzieller Traum. War Scheufele 2007 die Erste, welche die roten Teppiche des Filmfestivals als Bühne und Laufsteg für ihre oft millionenteuren Kreationen nutzte, sind heute alle Schmuckfirmen, die etwas auf sich halten, vor Ort. Cannes sei, so Scheufele einst zur «Bilanz», zu einem «Panier de crabes» (das französische Bild für «Haifischbecken») geworden.

Natürlich ist Cartier da, natürlich Bulgari, natürlich Van Cleef & Arpels. Und seit der Übernahme durch LVMH natürlich auch Tiffany, neuerdings eine besonders anstrengende Krabbe, die Scheufele im Licht der Scheinwerfer, Kameras und Handys bedrängt.

Klar ist: Weder Chopard noch die anderen Schmuckhäuser leben von den Unikaten, die sie in Cannes von Stars, Models und Influencern vorführen lassen. Der Markt für diese Kreationen ist ohnehin den Happy Few vorbehalten, die Stücke in der Regel schon verkauft, bevor sie vorgeführt werden. Aber das Image, das diese Werke der Haute Joaillerie transportieren, verkauft eben auch die erschwinglicheren Preziosen, von denen Chopard und Co. leben. Der Glanz der Stars lässt auch den Schmuck für die Massen leuchten.

Marcel Speiser Handelszeitung
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