Uganda ist ein armes Land, eine Rolex können sich dennoch viele Menschen leisten. Und an jeder Ecke sind Rolex erhältlich. Das ist kein Widerspruch, denn: Was die Welt als Schweizer Luxusuhr kennt, ist hier das beliebteste Strassengericht. Ein Omelett, in ein Chapati-Fladenbrot eingewickelt und mit Zwiebeln, Kohl und allerlei anderen Zutaten verfeinert. Der Name «Rolex» vermählt neckisch den Schweizer Brand mit dem wichtigsten Bestandteil des Snacks: Rolled Eggs, auf Deutsch: gerollte Eier.

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Über den Ursprung des Street Foods existieren verschiedene Theorien, es soll in den 1990er oder 2000er Jahren im Südosten des Landes entstanden sein. Andere Quellen nennen die Hauptstadt Kampala als Entstehungsort, ein kreativer Strassenverkäufer soll dort das Gericht erfunden und diesem bei Studierenden zu Popularität verholfen haben. Fakt ist: Heute ist die Rolex das populärste Schnellgericht im 46-Millionen-Einwohner-Land. Bereits zum Frühstück gönnen sich hier viele eine.

«Sogar die Fast-Food-Kette KFC und Luxushotels bieten sie inzwischen an», erzählt der Ugander Gerry Kasaija, dem in Zürich das Restaurant African Queen gehört. In der Regel werden die Rolex aber in einfachen Strassenküchen zubereitet. Die Verkäuferinnen und Verkäufer, mit Ofen und Stahlplatte ausgerüstet, stellen den Snack vor den Augen der Kundschaft in Minutenschnelle mit den gewünschten Zutaten zusammen.  

Preparation of traditional Ugandan breakfast Rolex made with chapati and eggs

Das Rolex-Gericht wird meist in Strassenküchen zubereitet.

Quelle: imago images/danielav212

Der Name sorgt für Irritation

Auch Gastronom Gerry Kasaija hatte die Rolex früher auf der Karte – was bei den Zürcherinnen und Zürchern, mit der Schweizer Marke sehr vertraut, denn auch einiges an Irritation auslöste. «Die Leute reagierten verwirrt, wenn es auf dem Aushang vor dem Restaurant stand», erzählt Kasaija. Heute serviert der Restaurantbetreiber das Gericht nur noch auf Wunsch. Vor allem Schweizer, die mal in Uganda waren, fragten danach.

Wieso er die Rolex nicht mehr auf dem Menu hat? «Weil ich Angst habe, dass mich die Firma Rolex verklagt», sagt Kasaija mit einem Augenzwinkern, und erklärt dann den eigentlichen Grund: «Die Zubereitung der Chapati-Fladen ist mir zu zeitaufwändig.» Die Mühe zahlt sich allerdings aus – das Gericht schmeckt ausgezeichnet, wie der Journalist bei einer Kostprobe erfahren konnte. 

Rolex Food Essen

Gerry Kasaija vom Restaurant African Queen in Zürich präsentiert die afrikanische Version der Rolex.

Quelle: Marc Buergi

Das günstige Gericht wird zum Luxusprodukt

Wenn die Eiermasse in Ugandas Strassen auf den Herdplatten brutzelt, funkelt sie golden wie eine mit dem Edelmetall gefertigte Rolex. Die Preise erinnern hingegen nicht an die Luxusuhr. Das Gericht ist für wenige Dollars erhältlich, und das macht es vor allem bei den ärmeren Bevölkerungsschichten beliebt. Taxifahrer, Studentinnen und Bauarbeiter können sich den gesunden und sättigenden Snack leisten. Wobei diese Aussage seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs nicht mehr ganz richtig ist. 

Denn die Lebensmittelpreise sind seitdem in die Höhe geschossen, vor allem Weizenmehl und Speiseöl wurden teurer. Uganda bezog – wie viele andere Schwellenländer auch – bis vor kurzem viele Nahrungsmittel aus Russland und der Ukraine. Die Bevölkerung leidet unter der Inflation, viele Menschen geben einen grossen Teil ihres bescheidenen Einkommens für Essen aus. Und so ist das eigentlich günstige Gericht für viele zum Luxusprodukt geworden, das sie nicht mehr täglich essen können. 

Manche Rolex-Verkäufer verzichten darauf, die Preise zu erhöhen, und sparen stattdessen bei den Zutaten. Was den Fans des Gerichts sauer aufstösst. «Früher reichte mir eine Rolex mit Bohnen als Frühstück, jetzt nicht mehr», beklagt sich ein Bauarbeiter beim Onlineportal Quartz. «Ich habe das Gefühl, zu viel für zu wenig zu bezahlen», erzählte ein Student. «Mehrere zu kaufen, um satt zu werden, kann ich mir nicht leisten.»

Die Schweizer Rolex trotzt der Inflation

Die Inflation ritzt also an der Popularität der Rolex. Und das ist ein weiterer Unterschied zwischen dem Street Food und der Schweizer Marke mit gleichem Namen. Denn obwohl Rolex dieses Jahr bereits zweimal die Preise erhöhte, boomt das Geschäft. Der Konzern wird dieses Jahr in Bulle im Kanton Freiburg mit dem Bau einer neuen Fabrik für 2000 Angestellte beginnen, um der wachsenden Nachfrage begegnen zu können. 

Mit einer Jahresproduktion von aktuell geschätzt einer Million Uhren wird Rolex aber auch in Zukunft nur einen exklusiven Kreis von Käuferinnen und Käufern glücklich machen können. Wobei die Freude am Prestigeobjekt nicht in jedem Fall lange anhält. Echte Befriedigung ist nicht garantiert. Das kulinarische Pendant der Schweizer Rolex verhilft auch nur zu einem flüchtigen Glück: In wenigen Minuten ist der Snack verspeist. Anders als bei der «echten» Rolex lässt sich der Hunger nach diesem Gericht aber glücklicherweise immer wieder befriedigen.

Rolex und Co.: Warum Luxus-Secondhand-Uhren immer günstiger werden

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