Misha Leong von der California Academy of Sciences und ihr Team stellen gern Fallen auf, suchen in Ecken, hinter Vorhängen und unter Sofas nach Ungeziefer. Die Forscherin will herausfinden, mit welchen tierischen Mitbewohnern die Menschen tagtäglich zusammenleben. Nachdem eine Studie, die bereits im Januar dieses Jahres veröffentlicht worden ist, herausgefunden hatte, dass in einer US-amerikanischen Durchschnittswohnung etwa 100 verschiedene Insekten, Spinnen- und Krebstiere leben, ist nun eine weitere Analyse veröffentlicht worden.

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Demnach ist anhand der Daten klar zu erkennen, ob die Tiere in der Wohnung eines Reichen oder eines Armen gefangen worden sind. Anders als erwartet sind es aber nicht die von Putzfrauen und Angestellten rein geschrubbten Luxuswohnungen, in denen es besonders selten krabbelte. Im Gegenteil: Gerade hier fanden die Wissenschaftler besonders viele Krabbeltiere.

Mehr Parks und Gärten in der Gegend von Nobelwohnungen

Warum das so ist, konnten die Forscher auch erklären. Im Fachjournal «Biology Letters» berichten sie, dass es in der Gegend, in der reiche Leute sich niederlassen, mehr Parks und Gärten gibt. Und da das Innenleben von Wohnungen sehr eng mit der Außenwelt verbunden ist, gelangen diese Tiere eben nach innen. Putzen, Saugen, Staubwedeln – das hilft nichts gegen die invasive Natur.

«Wir waren überrascht über den starken und durchgängigen Zusammenhang von Arthropodenvielfalt und dem durchschnittlichen Einkommen im Viertel», geben die Wissenschaftler selbst zu. Sie erinnern aber an den Luxuseffekt, der auch schon in anderen Zusammenhängen festgestellt wurde: So hätten frühere Studien bereits gezeigt, dass Vögel, Fledermäuse und Eidechsen ebenfalls häufiger in Gegenden vorkommen, in denen sich reiche Menschen niederlassen. Reichenviertel bieten Tieren einen guten Lebensraum.

Spinnen einfach mal machen lassen

«Der Wohlstand der Bewohner trägt wahrscheinlich indirekt zur Arthropodenzahl bei», schreiben die Forscher. «Er beeinflusst die Pflanzenbedeckung und -vielfalt in der Nachbarschaft, und das fördert die Artenvielfalt von mit der Vegetation assoziierten Arthropoden.» Die neue Studie zeigt, wie wenig bislang über die Ökologie von Wohnungen bekannt ist. Und sie zeigt auch, dass unentdeckte Mitbewohner nicht schädlich sein müssen. Spricht also alles dafür, Krabbeltiere wie Silberfischchen oder die bis zu zehn Zentimeter großen Hauswinkelspinnen einfach mal machen zu lassen – und wenn man sie sieht, sie als Zeugnis eines eingebildeten oder realen Luxuslebens zu betrachten.

Dieser Text ist zuerst in der «Welt» erschienen unter der Überschrift «Warum in Luxuswohnungen mehr Ungeziefer lebt».