Konrad Hummler musste nach der Anklage gegen seine Bank Wegelin den Präsidentensessel bei der «NZZ» räumen, Franz Steinegger übernahm interimistisch. Nun soll mit Galenica-Präsident Etienne Jornod (59) wieder Kontinuität einkehren. Ein Berner für die «NZZ»: Gewisse Zürcher sind darüber nicht glücklich. Mit einem kurzen Gastspiel beim Werbevermarkter PubliGroupe hält sich seine Medienkenntnis zudem in engen Grenzen. Eine entscheidende Rolle zugunsten Jornods spielte Albert «Polo» Stäheli. Der «NZZ»-CEO kennt «Monsieur Galenica» schon lange, beide wohnen in Muri BE. Dass an der Spitze der «NZZ» neu ein Mann die Zügel in der Hand hat, der mit Galenica einen 22-Millionen-Franken-Vertrag abgeschlossen hat, ist nicht eben vorteilhaft. Zwar wird Jornod mit über fünf Jahre gesperrten Aktien bezahlt, weshalb er das Paket als «unternehmerisch» bezeichnet. 2011 verkaufte er aber einige Titel über einen Terminkontrakt. «Um während fünf Jahren ohne Lohn Steuern, die mit dem Paket verbunden sind, bezahlen und leben zu können, musste ich Geld ausleihen und Aktien verkaufen, die ich während meiner ganzen Karriere erworben hatte», sagt Jornod. Er sei ganz einfach ein Unternehmer, «und genau das hat die ‹NZZ› gesucht». Aus Galenica formte er einen Milliardenkonzern. Eine Frischzellenkur ist auch bei der «NZZ» nötig.

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Die Freunde

In Zürich ist der Name Etienne Jornod kein Begriff. Doch «Monsieur Galenica» hat einen illustren Freundeskreis. Vor zwölf Jahren lernte er den heutigen Forbo-Chef This Schneider kennen. Seither sind sie eng befreundet. Schneider sitzt im Galenica-VR und hat Jornod vor einigen Jahren auf die Idee gebracht, sich mit gesperrten Aktien entschädigen zu lassen. Seit 35 Jahren arbeitet er mit Fritz Hirsbrunner zusammen. Beide waren in frühen Galenica-Jahren Assistenten der Generaldirektion und teilten dasselbe Büro. Eng sind die Bande mit Loeb-Chefin Nicole Loeb und ihrem Mann, PR-Profi Lorenz Furrer. Die Kinder der Familien spielen zusammen. Zwar wird Jornod nachgesagt, dass er kein Freund von Bankern sei. Gleichwohl zählt Thierry Lombard von Lombard Odier Darier Hentsch zu seinem Freundeskreis. Lombard hatte Jornod Anfang der neunziger Jahre beraten, als er bei der Galenica-Tochter Vifor Pharma ein Management Buyout versuchte. Mit dem CS-Chefjuristen Romeo Cerutti fachsimpelt er über Fouls, Tore und Schiedsrichterentscheide. Cerutti ist ebenfalls Fussballfan und hatte in seiner LODH-Zeit diverse Projekte für Jornod vorbereitet. Viel hält Jornod von Galenica-Verwaltungsrätin Daniela Bosshardt-Hengartner. Fasziniert ist er von Professor Ruedi Lüthy. Der Schweizer des Jahres 2004 in der Sparte Gesellschaft engagiert sich für Aids-Kranke in Afrika. Über Lüthy lernte er TV-Talker Kurt Aeschbacher kennen, zu dessen Sendung er schon eingeladen war.

Die Gegner

Jornod gilt als angenehmer Zeitgenosse. Das ihm weniger gut gesinnte Grüppchen ist übersichtlich. In der Branche geraten er und PharmaSuisse-Direktor Dominique Jordan ab und zu aneinander. Diesem passt nicht, dass Galenica sowohl als Lieferant als auch als Konkurrent der Apotheken auftritt. Im Gespräch um das Prestigeamt bei der «NZZ» waren auch Swiss-Re-Präsident Walter Kielholz,Reto Francioni, Chef der Deutschen Börse, und der jüngst abgetretene Economiesuisse-Präsident Gerold Bührer. Mit Bührer versteht sich Jornod aber sehr gut, Kielholz und Francioni kennt er nicht persönlich. Auf Branchenebene erwächst ihm mit William Heiden, Chef von Amag Pharmaceuticals, grosse Konkurrenz. Vor allem in den USA, jetzt aber auch in Europa. Jornod: «Wir sind in einem sehr harten Konkurrenzkampf.»

Die Berner Connection

Jornod ist in Bern bestens vernetzt und macht sich stark für die Wettbewerbsfähigkeit der Region. Er engagiert sich beim kürzlich lancierten Projekt «Fokus Bern». Initiator war Peter Stämpfli vom Verlag Stämpfli. Mit dabei sind auch Daniel Bloch (Chocolats Camille Bloch), Thomas und Luc Frutiger (Frutiger AG) sowie Hans-Ulrich Müller, Präsident des Swiss Venture Club und noch bis Ende Jahr Leiter der Region Mittelland bei der Credit Suisse. Zur Berner Connection zählen auch Uwe Jocham, CEO der Biotechfirma CSL Behring, Urs Berger, Präsident der Mobiliar, und die Anwälte Peter Bratschi (Kanzlei Bratschi, Wiederkehr & Buob) sowie Beat Brechbühl (Kellerhals Anwälte).

Die Karriere

1975 heuerte Jornod als Product Manager bei Galenica an. Heute amtet er als exekutiver VR-Präsident. Bis Anfang Jahr führte er den Berner Apothekengrossisten 16 Jahre lang im Doppelmandat. Unterbrochen hat er die Liaison nur für ein Wirtschaftsstudium an der Universität Lausanne. Aus den paar hundert Angestellten von damals kreierte der gelernte Drogist einen auf Eisenpräparate spezialisierten Pharmakonzern mit 7000 Mitarbeitern und über drei Milliarden Franken Umsatz. Anfang Jahr setzte er seinen Nachfolger, David Ebsworth, als Konzernlenker ein. Der Brite führte zuvor die Pharmasparte von Bayer. Wichtiger Sparringpartner ist Stefano Pessina. Der exekutive VR-Präsident von Alliance Boots sitzt als grösster Galenica-Aktionär im Verwaltungsrat. Jornod ist im Gegenzug Verwaltungsrat bei Alliance Boots. Jornod über Pessina: «Der beste Unternehmer Europas.» Zweitgrösster Galenica-Aktionär ist Martin Ebner mit seiner Beteiligungsgesellschaft Patinex. Mit Bernd Lipps von Fresenius hat er die beiden grössten Galenica-Verträge abgeschlossen. Wichtiger Partner ist der frühere McKinsey-Mann und heutige Novartis-VR Henri Vanni. Benôit Ludwig, auch ein alter McKinseyaner, ist seit 25 Jahren Jornods persönlicher Berater. Gut kann er es mit «NZZ»-CEO Polo Stäheli. Die beiden kennen sich aus Stähelis Espace-Media-Zeiten.

Die Familie

Der gebürtige Neuenburger Jornod wohnt mit seiner Frau Katrin und zwei seiner vier Kinder in Muri BE. Doch sein Herz schlägt für Neuenburg – vor allem des Fussballs wegen. Jornod spielte in den Juniorenteams von Neuchâtel Xamax und erinnert sich wehmütig an die Zeiten des ehemaligen Xamax-Präsidenten Gilbert Facchinetti, «der alles für die Junioren gegeben hat. So etwas vergisst man nicht.» Am 6. Januar feiert Jornod seinen 60. Geburtstag zusammen mit Freunden und Familie. Seine Frau sei seine beste Beraterin, sagt er. «Ich erzähle ihr alles.» Wenn es die Zeit erlaubt, schnallt er sich die Ski an, oft in Zermatt. Oder er zieht sich in sein Häuschen in den Rebbergen am Murtensee zurück.