Je länger sich die Brautschau von Serono hinzieht, desto mehr verdichtet sich der Eindruck, das Informationsleck vom 7. November 2005 sei kein Unfall gewesen. Die Nachricht, die Investment Bank Goldman Sachs sei mit der «Prüfung strategischer Alternativen» beauftragt worden, scheint für das Marketinggeschick der Bertarellis zu sprechen. Was Novartis-Chef Daniel Vasella, der von Beginn weg als potenzieller Käufer gehandelt wurde, von dieser Übungsanlage hält, sagte er vor Weihnachten zur «Finanz und Wirtschaft». «Je früher solche Gerüchte lanciert werden», so Vasella, «desto eher haben sie die Funktion eines Blasebalgs.» Attraktiv wäre das weltweit drittgrösste Biotechunternehmen für den Basler Life-Sciences-Giganten allemal. Was einer Akquisition im Wege stehen könnte, ist ein aufgeblähter Preis.

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Wo die Stärken und die Schwächen von Serono liegen, weiss Vasella nicht erst, seit seine M&A-Spezialisten das Dossier genauer unter die Lupe genommen haben. Dafür bürgt die Präsenz von Pierre E. Douaze, einem ehemaligen Konzernleitungsmitglied von Novartis, im Serono-Verwaltungsrat. Auch im Aufsichtsgremium des US-Impfstoff- und Biopharmazeutikaherstellers Chiron nimmt Douaze die Interessen der Basler wahr. Mit anderen Worten: Man kennt sich.

Motive, Serono unter die Fittiche zu nehmen, gäbe es für Novartis diverse. Auf der Produktebene würde vorab das Beta-Interferon Rebif, das unter anderem gegen multiple Sklerose (MS) wirksam ist, gut ins Portefeuille passen. Zwar gelangt Novartis durch die geplante Chiron-Vollübernahme in den Besitz des MS-Medikaments Betaseron, das in Konkurrenz zu Rebif steht. Dieses wurde jedoch von Chiron an die deutsche Schering auslizenziert. Experten rechnen damit, dass Schering auch in Zukunft auf das Präparat bauen möchte und deshalb gewillt ist, für die Produktions- und Vermarktungsrechte von Betaseron einen Milliardenbetrag nach Basel zu überweisen.

Reizvoll wäre Rebif für Vasella, weil er mit der forcierten Vermarktung des Serono-Blockbusters seinen Erzrivalen im Generikabereich, die israelische Teva, treffen könnte. Einer der wichtigsten Umsatzträger von Teva ist das MS-Medikament Copaxone – ein weiteres Konkurrenzprodukt, das im Vergleich zu Rebif jedoch den Nachteil aufweist, dass es den Patienten in höherer Frequenz appliziert werden muss. Interessieren dürfte Vasella auch, dass die Verflechtungen zwischen der israelischen Serono-Tochter Interpharm und Teva auf der personellen Ebene recht eng sind.

Fuchsen wird Vasella derweil ein Investment in dreistelliger Millionenhöhe, das er unlängst hat abschreiben müssen. Im Frühjahr 2003 hatte Novartis von der US-Firma Regeneron Pharmaceuticals die Lizenz für ein Arthritispräparat (Interleukin-1 Trap) erworben und sich mit einem namhaften Betrag an Regeneron beteiligt. Nachdem eine klinische Phase-II-Studie nicht die erhofften Ergebnisse gebracht hatte, brachen die Basler die Zusammenarbeit ein Jahr später ab. Ins Fäustchen gelacht hat sich dabei Ernesto Bertarelli. Über Briefkastenfirmen in Panama und auf den Cayman Islands hatte sich der Serono-Chef bereits zwei Jahre zuvor bei Regeneron Pharmaceuticals eingekauft und durfte sich somit als stiller Grossaktionär über die zwischenzeitlichen Millionenzuschüsse aus Basel freuen.