Der Wechsel ist für Roche von solcher Bedeutung, dass man dafür sogar die Frage der Nachfolge auf dem Chefposten bei der wichtigsten Tochter vorübergehend unbeantwortet lässt: Bill Anderson, CEO von Genentech, soll ab Januar den Pharmabereich, die Kernsparte von Roche, leiten. Wer ihn bei Genentech ersetzt, ist noch nicht bestimmt.

Mit dem 52-jährigen Amerikaner, der Genentech seit 2017 leitet, zieht bald ein Mann in die oberste Führung von Roche ein, der in der Branche einen hervorragenden Ruf geniesst. Der MIT-geschulte Chemiker kam 2006 zu Genentech, wo er zunächst die Immunologiesparte leitete. Die Schweiz kennt er bereits: Von 2013 bis 2016 war er als Chef der globalen Produktestrategie schon einmal in Basel stationiert.

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Personifiziert den besonderen Gründerspirit

Anderson personifiziert den besonderen Gründerspirit, den die in South San Francisco ansässige Tochter verkörpert. Die 1976 gegründete Firma, an der sich Roche 1990 beteiligte und die 2009 für 47 Milliarden Dollar vollständig übernommen wurde, gilt als Powerhouse in der Entwicklung neuer Wirkstoffe. Branchenkenner gehen davon aus, dass mit Anderson eine tüchtige Portion dieses Spirits in Basel Einzug halten wird.

Das kann Roche nur guttun, denn aus der milliardenteuren Forschung in Basel kommt immer noch zu wenig. So stammen nicht nur die bisherigen Roche-Blockbuster wie die Krebsmedikamente Herceptin oder Avastin aus der Genentech-Küche, auch der neue Hoffnungsträger des Konzerns, das Multiple-Sklerose-Mittel Ocrevus, wurde in South San Francisco entwickelt. Der zweite Wirkstoff, auf den Roche hofft, Hemlibra gegen die Bluterkrankheit, wurde ebenfalls nicht am Rheinknie entwickelt – er stammt von der japanischen Tochter Chugai.

Branchenkenntnis ist wichtig

Als Erfolgsrezept von Genentech gilt, dass der Schweizer Besitzer die Tochter stets an der langen Leine gelassen hat. Diesen Grundsatz hatte Ex-Roche-Präsident Fritz Gerber erlassen, der die Genentech-Forscher nicht einengen wollte. Roche hat zwar einige Repräsentanten im Genentech-Board, wie Severin Schwan oder André Hoffmann, Vertreter der Besitzerfamilie, operativ wird den Amerikanern aber nicht reingeredet. Auch die Forschungsabteilungen sollen weiter separat bleiben.

Im Roche-Board dagegen amtete lange der ehemalige Genentech-CEO Arthur Levinson. Der Branchenprofi, eine eckige Persönlichkeit, galt als Gegengewicht zu Schwan, der bei Roche als CEO und Verwaltungsrat viel Macht auf sich vereinigt. Mit seinem Austritt 2014 verschwand zwar Konfliktpotenzial, aber auch viel Know-how. Gerade in schwierigen Phasen wie jetzt, da mehrere Umsatzträger gleichzeitig den Patentschutz verlieren, ist Branchenkenntnis wichtig.

Nun kommen wenigstens in der operativen Führung Genentech-Leute zum Zug. Anderson ist dieses Jahr schon der zweite wichtige Zuzug: Mit James Sabry, Global Head Pharma Partnering, amtet seit dem Sommer ein Genentech-Mann in der erweiterten Konzernleitung.

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