Am 23. April geht die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahl über die Bühne. Nach aktuellen Umfragen dürften der sozialliberale Emmanuel Macron und die Nationalistin Marine Le Pen in die Stichwahl einziehen. Der Konservative François Fillon und der Sozialist Benoît Hamon haben höchstens Aussenseiterchancen.

Die 45 Millionen wahlberechtigten Franzosen können sich zwischen grundlegend verschiedenen Weltanschauungen entscheiden. Das zeigt sich auch in den jeweiligen Wirtschaftsprogrammen. Ein Vergleich der vier aussichtsreichsten Kandidaten.

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Emmanuel Macron: Flexibler Arbeitsmarkt und Innovation

Der ehemalige Investmentbanker und Wirtschaftsminister von François Hollande steht für eine Sozialdemokratie nach skandinavischem Modell. Ein flexibilisierter Arbeitsmarkt und hohe Mobilität werden dabei von einem starken Sozialstaat abgesichert. Macron plädiert für eine enge Zusammenarbeit in der EU und will die Organisation demokratisieren.

Im Inland peilt Macron für seine Präsidentschaft Einsparungen von 60 Milliarden Euro an. Dazu sollen unter anderem rund 120'000 Jobs im öffentlichen Sektor abgebaut werden. Mit einem 50 Milliarden Euro schweren Investitionsplan will Macron die französische Wirtschaft für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts fit machen.

Marine Le Pen: Abschottung und stärkerer Sozialstaat

Die Kandidatin des Front National vertritt einen «ökonomischen Patriotismus» und will die Wirtschaftspolitik aus Brüssel nach Paris zurückholen. Den Euro und auch die EU lehnt sie ab. Nach ihrer Wahl möchte Le Pen in einem Referendum über den Frexit – den Austritt Frankreichs aus der EU – abstimmen lassen.

Doch Le Pen steht nicht nur für Protektionismus. Die Kandidatin plädiert für mehr staatliche Eingriffe in die Wirtschaft und will die Arbeitsmarktreformen von François Hollande zurücknehmen. In einigen Bereichen verspricht Le Pen zudem höhere Sozialleistungen. Die versprochenen Einsparungen durch einen Migrationsstopp sind unter Experten umstritten.

François Fillon: Tiefere Steuern und Sozialausgaben

Als Premierminister unter Präsident Nicolas Sarkozy verfolgte Fillon einen wirtschaftsliberalen Kurs. Als Präsident würde er ebenfalls für tiefere Steuern und Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben eintreten. Fillon plant den Abbau von 500'000 Stellen im öffentlichen Dienst und eine Erhöhung des Rentenalters.

Die Wirtschaft soll mit Steuersenkungen von 50 Milliarden Euro angekurbelt werden. Davon profitieren würden vor allem Firmen. Nicht in Fillons Fokus steht dagegen die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, viele seiner Wähler sind Unternehmer, die einen stärkeren Wettbewerb in ihren Branchen fürchten.

Benoît Hamon: Grundeinkommen und neue Steuern

Ein klar linkes Programm vertritt der Überraschungskandidat der Sozialisten. Hamon würde nach seiner Wahl den Sozialstaat weiter ausbauen und verspricht die schrittweise Einführung eines Grundeinkommens. Investieren will Hamon primär in Bildung und Infrastruktur.

Das nötige Geld für seine Projekte möchte Hamon mit neuen Steuern auf Roboter und Banken reinholen. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes lehnt er ab. Freihandelsabkommen und Globalisierung sieht der Sozialist kritisch.

Wer macht die beste Wirtschaftspolitik?

Für den französischen Vermögensverwalter Amundi sind Macron oder Fillon aus Sicht der Finanzmarktakteure die beste Wahl. «Die beiden Kandidaten stimmten einem grossen Teil der Erkenntnisse der Wirtschaftsinstitute zu», heisst es in einem Kommentar.

Die Pläne von Le Pen und Hamon dagegen würden zu einer Ausweitung des Defizits und vermutlich höheren Steuern führen, so Amundi. Die französische Kreditversicherung Euler Hermes sieht nur bei Macron eine kurzfristige Senkung des Haushaltsdefizits unter 3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Im vergangenen Jahr lag der Fehlbetrag im Haushalt bei 3,4 Prozent.

Grundsätzlich erwartet Euler Hermes von den drei gemässigten Kandidaten, dass sie das Wirtschaftswachstum ankurbeln werden: Unter Macron, Fillon und Hamon dürfte das Bruttoinlandprodukt demnach um 1,5 Prozent zulegen. Demgegenüber fällt Le Pen ab: Kommt sie an die Macht, dürfte die Wirtschaft 2018 gemäss Euler Hermes um 0,5 Prozent wachsen.

Macron ist Topfavorit

Zwar lässt das französische System den Wählern im ersten Wahlgang eine echte Auswahl zwischen sehr unterschiedlichen budget- und wirtschaftspolitischen Programmen. Andererseits ist es möglich, dass bereits in der ersten Runde ein Kandidat ausscheidet, der Le Pen im zweiten Wahlgang klar schlagen würde.

Alle Prognosen deuten darauf, dass Macron bei einer Stichwahl gegen Le Pen gewinnen würde. Auch Fillon hätte gegen die Favoritin der ersten Runde wohl wenig Mühe, obwohl ihm der Skandal um die mögliche Scheinbeschäftigung seiner Frau massiv Stimmen kostet. Eine realistische Chance hätte Le Pen wohl einzig gegen Hamon oder den linken Aussenseiter Jean-Luc Mélenchon, weil dann viele Bürgerliche zuhause bleiben würden.