In den beiden Kammern in Bern produziert der heisse Kampf gegen die Knappheit von bezahlbaren Wohnungen längst nur noch Stillstand. So wurde er in die Städte und Kantone verlagert. Und findet dort einen fruchtbaren Boden. Die Vorstösse, Initiativen und Motionen werden immer zahlreicher. Ein Flickenteppich an Regulierungen entsteht, den kaum jemand noch überblickt.

Gefährlicher noch: Für Vorstösse wird immer häufiger die Stadt Genf mit ihrem rigiden Mieterinnen- und Mieterschutz als Vorbild herangezogen. Diesen gibt es dort seit über vierzig Jahren. Einzig: Die Ziele wurden verfehlt. Während dort eine Minderheit an Langzeitmietern von niedrigen Bestandesmieten profitiert, sind die Angebotsmieten für Neumietende dramatisch hoch – die Wohnungsnot ist noch grösser geworden, der Immobilienbestand verfällt, da sich die Investoren nicht mehr engagieren. 

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Das zeigt: Die Staatseingriffe in den Wohnungsmarkt wie in Genf sind ungeeignet und sogar kontraproduktiv, um das Problem der Wohnungsknappheit in den Griff zu bekommen. Wer Mieten deckelt, begrenzt am Ende nur die Investitionsbereitschaft von privaten Kapitalgeberinnen. Denkt man das zu Ende, droht gar ein quasi staatlicher Wohnungsmarkt, bei dem nur noch derjenige eine passende Wohnung findet, der die besten Beziehungen zu den Stellen hat, welche die begehrten Wohnungen verteilen. Das kann niemand wollen. 

Abschreckendes Beispiel Genf

Genf sollte daher dem Rest der Schweiz als abschreckendes und nicht als nachahmenswertes Beispiel dienen. Denn nirgends in der Schweiz ist die Regulierungsdichte höher als im Kanton Genf. Unter gewissen Voraussetzungen dürfen die Behörden leer stehende Wohnungen enteignen. Sie dürfen nach Umbauten Mietpreisdeckel für fünf bis zehn Jahre festlegen. Und sie dürfen bei Verkäufen unter Privaten dazwischengrätschen und das Objekt selber zu einem tieferen Preis erwerben, wenn ihnen der ausgehandelte Preis als exzessiv erscheint. Das steht im krassen Gegensatz zu den liberalen Grundwerten der Schweiz, in denen Eigentum und Vertragsfreiheit als hohes Gut betrachtet wird.

Es ist ein Giftcocktail an Regeln und Vorschriften, der auch in andere Kantone überzuschwappen droht. Vor einiger Zeit lancierte der Basler Mieterinnen- und Mieterverband eine Initiative nach dem Genfer Vorbild, die knapp gewonnen wurde. Seit rund einem Jahr nun gilt in Basel die Regelung: Will ein Vermieter bauliche Massnahmen an seiner Liegenschaft ausführen, hat er vorgängig ein Prüf- und Bewilligungsverfahren zu durchlaufen. Die Mieten, die er nach Abschluss der Renovation verlangt, unterliegen einer Mietzinskontrolle für fünf Jahre. 

Mit dem Ergebnis, dass Protagonistinnen von einem totalen Stillstand in der Stadt am Rheinknie erzählen. Sanierungen rentieren nicht mehr. Investoren machen einen Bogen um die Stadt. 

Weniger statt mehr Regulierung

Die Knappheit an Wohnungen hat viele Gründe. Statt immer stärker in den Wohnungsmarkt per Regulierung einzugreifen, sollten sich die Parlamente die Frage stellen, wie sie Investorinnen dazu bringen, mehr statt weniger zu bauen. Im Zweifelsfall ist dafür weniger statt mehr Regulierung nötig.  

 

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