Die Schuldenbremse ist ein gutes Instrument. Der Vergleich mit der Kostenbremse hinkt aber gewaltig. Die Schuldenbremse gibt im Gegensatz zur Kostenbremse Handlungsspielraum auf der Einnahmen- und der Ausgabenseite. Die Krankenkassen sind im Gegensatz zum Bund oder zur Einheitskasse «Invalidenversicherung» nicht verschuldet. Zum Glück!

Der Vergleich mit dem AHV-Fonds ist schon etwas besser, hat aber auch einen fundamentalen Überlegungsfehler. Wie die AHV einen Fonds hat, haben die Krankenkassen Reserven. Wenn diese auf dem Minimum sind wie jetzt, weil Bundespräsident Alain Berset – und vor ihm auch Ruth Dreifuss und Pascal Couchepin – die Kassen zum Reservenabbau gezwungen hat, gibt es Prämienschocks. Die AHV bekommt einfach mehr Geld via Mehrwertsteuer. Leistungskürzungen, wie sie Serge Gaillard von Ärztinnen, Spitälern etc. verlangt, gibt es in der AHV nicht, aber Rentenerhöhungen.

Der Gastautor

Felix Schneuwly ist Head of Public Affairs bei Comparis.ch.

Der Vergleich einer Kostenbremse mit dem AHV-Fonds ist also insofern falsch, als die Mehrwertsteuerbeiträge einfach erhöht werden, wenn der Fonds leer ist. Bei den Krankenkassen passt der Bund seinen Anteil an den Prämienverbilligungen dem Kosten- bzw. Prämienvolumen an, aber viele Kantone passen ihren Anteil nicht an. Sie kürzen die Prämienverbilligungen sogar, bis das Bundesgericht diese, wie den Kanton Luzern, zurückpfeift.

Geradezu naiv ist Gaillards Annahme und folglich auch die der Kostenbremse-Initianten bzw. des Preisüberwachers. Gaillard schreibt: «Diese legen Ziele für das Wachstum der Kosten fest. Es gibt so etwas wie ein Budget. Diese Ziele veranlassen die Leistungserbringer, Prioritäten zu setzen. Sie können am besten beurteilen, welche Ausgaben nötig sind und welche nur getätigt werden, weil es Fehlanreize gibt.» Das funktioniert nur, wenn auf beiden Seiten Unternehmen (Krankenkassen und medizinische Leistungserbringer) wie bei den AVM und nicht Verbände bzw. Bund oder Kantone als Vertragspartner sitzen. Werden Budgetziele von Verbänden, Bund oder Kantonen festgelegt, führt das dazu, dass sich einzelne Leistungserbringer unterschiedlich verhalten. Arzt A oder Spital X setzt trotz Budgetdeckel auf Mengenwachstum und nimmt Tarifkürzungen im Folgejahr in Kauf. Ärztin B oder Spital Y hält sich an die Budgetvorgaben behandelt Ende Jahr gratis (Defizit) oder weist Patient:innen ab (Rationierung). Staatlich festgelegte oder von Verbänden vereinbarte Kostenziele bremsen entweder das Kostenwachstum nicht oder bremsen es durch Tarifkürzungen als Kollektivstrafe für alle betroffenen Leistungserbringer.

Kostenziele bzw. Kostenbremsen müssen deshalb unbedingt zwischen Unternehmen (Krankenversicherer und medizinische Leistungserbringer) vereinbart werden und Effizienz sowie Qualität statt bloss Mengen belohnen. In guten AVM, die mehr regeln als bloss Gatekeeping, wird das schon jetzt gemacht. Mehr Handlungsspielraum im KVG für AVM-Vertragspartner würde die integrierte medizinische Versorgung auch für teure, chronische Patient:innen noch attraktiver machen.