Im Handelsstreit wollen die USA und China ihre gegenseitigen Zölle deutlich senken. Die Zollsätze werden ab dem 14. Mai für zunächst 90 Tage um jeweils 115 Prozent gesenkt, sagte US-Finanzminister Scott Bessent am Montag nach Verhandlungen mit der chinesischen Seite in Genf. Somit erhebt die USA noch 30 Prozent Zölle auf die meisten chinesische Waren und China noch 10 Prozent auf amerikanische Waren.

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«Wir haben eine Einigung über eine 90-tägige Pause erzielt», sagte Bessent vor Journalisten. «Beide Seiten werden ihre Zölle senken». Die Zeit soll genutzt werden, um weiter zu verhandeln, wie auch aus einer gemeinsamen Erklärung der chinesischen und der US-Vertreter hervorgeht.

Die Einigung zischen China und den USA lassen teils die Kurse weltweit ansteigen. Der deutsche Leitindex Dax hat am Montagmorgen ein neues Rekordhoch erreicht und notierte nach der Eröffnung bis zu 1,8 Prozent fester bei 23.911,98 Zählern – so hoch wie nie. Zugleich nahm er die psychologisch wichtige 24'000-Punkte-Marke ins Visier.

An den New Yorker Börsen steigen ebenfalls die Kurse. Wenige Minuten nach dem Auftakt zog der US-Leitindex Dow Jones Industrial um 2,41 Prozent auf 42.245 Punkte an. Dies ist das höchste Niveau seit Anfang April. Noch mehr Schwung verzeichneten Technologiewerte und so ging es für den Nasdaq 100 um 3,12 Prozent auf 20.687 Punkte hinauf. Der stark von Technologiewerten geprägte Auswahlindex bewegt sich damit auf dem höchsten Stand seit Anfang März. Der marktbreite S&P 500 gewann zum Wochenbeginn 2,52 Prozent auf 5.802 Zähler.

Die Verluste seit dem von US-Präsident Donald Trump Anfang April losgetretenen globalen Zollstreit sind abgehakt. Die Experten der ING Bank sprechen von einer Deeskalation, die weitreichender sei als gedacht und die Perspektiven deutlich aufhelle, auch wenn der weitere Verhandlungsprozess wahrscheinlich eine Herausforderung bleibe.

Hingegen ist der Schweizer Aktienmarkt am Montag wenig verändert in die Sitzung gestartet. Der Markt ist dabei zweigeteilt wie selten: Während die Entspannungszeichen bei den Zöllen für eine positive Grundstimmung und teils für kräftige Gewinne sorgen, werden die Pharmawerte von den US-Ankündigungen auf sinkende Medikamentenpreise deutlich unter Druck gesetzt. «Das Wochenende brachte gute Neuigkeiten aus Genf», umschreibt es die Onlinebank Swissquote in einem Kommentar.

Schwache Pharma-Titel

Der Leitindex SMI notiert um 10.55 Uhr 0,32 Prozent tiefer bei 12'048,42 Punkten. Der breite SPI gibt gleichzeitig 0,18 Prozent auf 16'517,41 Punkte nach. Der SLI, wo die Gewichtung der Schwergewichte stärker als im SMI begrenzt ist, legt hingegen 0,43 Prozent auf 1984,78 Punkte zu. Im SLI überwiegen die Gewinnern die Verlierer im Verhältnis 18 zu zwölf.

Für das Minus des Gesamtmarktes sind insbesondere die Pharma-Schwergewichte Roche (-3,3%) und Novartis (-3,0%) verantwortlich. Am Wochenende hatte der US-Präsident angekündigt, dass er die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente durch einen Erlass deutlich senken wolle. Für den heutigen Montagmorgen stellte er eines der "folgenreichsten Dekrete" in der Geschichte der USA auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social in Aussicht.

Auch Lonza (-3,8%) als Pharmazulieferer oder Sandoz (-1,9%) büssen in der Folge überdurchschnittlich an Terrain ein. Die steigende Risikofreudigkeit der Investoren lässt zudem weitere defensive Aktien wie Nestlé (-2,1%) oder Swisscom (-1,6%) zurückfallen.

Verschiedene Tech-Aktien profitieren hingegen zum Wochenstart von den Entspannungssignalen im Zollstreit zwischen den USA und China. An der Spitze der Blue Chips sind derzeit Logitech (+6,4%) zu finden, welche einen guten Teil der in den USA verkauften Produkte in China herstellen. Logitech erhalten zusätzlich noch etwas Rückenwind von einer Kaufempfehlung durch Research Partners. Im Vergleich mit der Konkurrenz habe Logitech den geringsten Anteil der Produktion in China, heisst es zur Begründung.

VAT (+5,4%) sowie im breiten Markt AMS Osram (+8,0%) oder Inficon (+4,4%) sind ebenfalls klar gesucht.

Auch UBS im Hoch

Weiter zeigen sich Kühne+Nagel (+5,1%) oder die beiden Luxusgüter-Aktien Richemont (+5,6%) und Swatch (+4,9%) mit ihren wichtigen asiatischen Kernmärkten stark.

Auch UBS (+4,6%) befinden sich im Hoch. Grund dafür ist auch hier die Hoffnung, dass es nach der ersten Einigung im Zollkonflikt zwischen den USA und China bald eine dauerhafte Lösung geben könnte. Dann wären wohl all die negativen Konjunktur- und Marktprognosen teilweise Makulatur.

Im breiten Markt ziehen Clariant um 1,5 Prozent an. Der Chemiekonzern sieht sich mit einer weiteren Schadensersatzklage im Zusammenhang mit Ethylen-Preisabsprachen konfrontiert, weist die Vorwürfe aber gleichzeitig "entschieden" zurück.

«Gute Nachricht»

«Das ist eine gute Nachricht. Ohne diese Pause wäre der direkte Handel zwischen den USA und China nahezu zum Erliegen gekommen», sagte Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg Bank. Das hätten beide Seiten sich nicht lange leisten können. Den USA hätte Stagflation oder sogar eine Rezession bei gleichzeitig steigender Inflation gedroht.

«Bisher hat China sich mit seiner harten Haltung, die US-Zölle mit nahezu ähnlich hohen Zöllen zu vergelten, weitgehend durchgesetzt. Peking hat die USA an den Verhandlungstisch gezwungen.»

Trump hat auch andere Handelspartner mit hohen Sonderzöllen überzogen. Er will damit das riesige Handelsdefizit der USA reduzieren. Im Visier hat er auch die EU. Hier läuft gerade eine 90-tägige Pause, um Zeit für Verhandlungen zu haben.

(awp/reuters/dob)