Elisabeth Baume-Schneider ist neue SP-Bundesrätin und Nachfolgerin von Simonetta Sommaruga. Die Vereinigte Bundesversammlung hat sie am Mittwoch mit 123 von 245 gültigen Stimmen gewählt, im dritten Wahlgang. 

Nachfolger von SVP-Bundesrat Maurer ist Albert Rösti. Er ist im ersten Wahlgang mit 131 Stimmen gewählt worden. Gegenkandidat Hans-Ueli Vogt erhielt 98 Stimmen. Mit Ausnahme der Grünen unterstützten alle Bundeshausfraktionen das von der SVP vorgeschlagene Zweierticket mit Rösti und Vogt.

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Elisabeth Baume-Schneider ist die zehnte Frau im Bundesrat und Albert Rösti der 111. Mann. Seit 1848 wurden bisher 121 Personen in die Landesregierung gewählt.

Mit der Wahl sinkt der Altersdurchschnitt im Bundesrat um drei Jahre. Derzeit liegt er bei knapp 61 Jahren. Die Neuen in der Regierung, Rösti ist 55 Jahre alt, Baume-Schneider 58, verjüngen das Gremium auf knapp 58 Jahre.

Der bisherige Altersdurchschnitt der Landesregierung lag bei 60,86 Jahren. Neu liegt er bei 57,86 Jahren. Ältester Bundesrat ist der zurücktretende Ueli Maurer, er wurde Anfang Dezember 72 Jahre alt. Simonetta Sommaruga, die die Regierung per Ende Jahr ebenfalls verlässt, ist 62-jährig.

Berset als Amtsältester

Alain Berset ist mit 50 Jahren nach Maurers Weggang neu der Amtsälteste, aber immer noch der Jüngste im Siebnergremium. Der Älteste ist mit 63 Jahren neu Guy Parmelin. Ignazio Cassis ist 61-jährig, Viola Amherd 60-jährig und Karin Keller-Sutter 58-jährig.

Ein Bundesrat ohne starke Wirtschaft

Das Parlament hat gesprochen. Es hat zwei neue Mitglieder in die Landesregierung gewählt, eine Vertreterin der SP und einen der SVP. Das entspricht der Zauberformel, und es gibt keinen Grund, daran zu rütteln. Gewählt sind Elisabeth Baume-Schneider und Albert Rösti, eine Politikerin aus dem Jura und ein Politiker aus Bern.

Das ist schlecht für das Land, weil mit der Wahl von Baume-Schneider und Rösti die Regierung noch stärker ins Staatsgläubige tendiert und ins Ländliche. Künftig sitzen in der Regierung sieben Mitglieder, die allesamt aus Landregionen stammen. Finanzstarke Kantone oder gar städtische Wirtschaftszentren wie Zürich, Basel, Lausanne oder Genf sind in der obersten Führung nicht mehr vertreten.

Mehr lesen Sie hier im Kommentar von Co-Chefredaktor Stefan Barmettler

Mit dem Rücktritt von Maurer und Sommaruga werden die Schlüsseldepartemente EFD und Uvek frei. Die amtierenden Bundesräte müssen sich genau überlegen, ob sie diese den neu Gewählten überlassen wollen. Es könnte zur grossen Rochade kommen.

Die Tage zwischen einer Bundesratswahl und der Departementsverteilung sind jeweils die hohe Zeit des Kaffeesatzlesens. Nur selten geben Bundesrätinnen und Bundesräte ihre Ambitionen vorab bekannt. Da sie sich nicht mit ihren Parteien absprechen müssen, sind Informationslecks selten. Die Öffentlichkeit kann bloss spekulieren.

Klar ist das Verfahren: Die Mitglieder der Landesregierung melden ihre Wünsche gemäss Anciennität an. Amtsältester Bundesrat ist Alain Berset, gefolgt von Guy Parmelin, Ignazio Cassis, Viola Amherd, Karin Keller-Sutter, Albert Rösti und Elisabeth Baume-Schneider. Gibt es keine Einigung, kommt es zur Abstimmung.

Alles andere ist ungewiss. Die möglichen Szenarien sind aber mehr oder weniger wahrscheinlich. In den vergangenen Wochen haben sich in den Kommentaren von Medienschaffenden und Politologen vor allem zwei Dinge herauskristallisiert: Karin Keller-Sutter wird nachgesagt, dass sie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) abgeben wolle. Demnach schielt sie auf das freiwerdende Finanzdepartement.

Guy Parmelin dagegen hegt laut fast einhelliger Expertenmeinung keine Wechselabsichten. Er dürfte also Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Kultur (WBF) bleiben. Parmelin war erst 2019 vom Verteidigungsdepartement dorthin umgezogen.

Bei den übrigen drei amtierenden Regierungsmitgliedern machen unterschiedliche Signale die Runde. Spekuliert wird etwa, dass Alain Berset, der seit seinem Amtsantritt vor elf Jahren dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) vorsteht, ebenfalls Lust auf das Finanzdepartement habe. Die bürgerliche Mehrheit im Bundesrat dürfte das Schlüsseldepartement aber wohl nicht kampflos einem Linken überlassen.

Amherd als mögliche Uvek-Chefin

Eine Alternative für Berset wäre das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), das derzeit von Bundespräsident Ignazio Cassis geleitet wird. Die einen sagen, dass dieser das eher unbeliebte Aussendepartement mit dem schwierigen Europa-Dossier verlassen wolle. Die anderen sagen das Gegenteil: Cassis habe durchaus noch Ambitionen im Austausch mit der EU.

Ebenfalls verschiedene Gerüchte gehen zu Viola Amherd um, der heutigen Vorsteherin des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). In dieser Rolle hat sie den Kauf der neuen Kampfjets abgeschlossen. Der Zeitpunkt für einen Wechsel in das wichtige Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) könnte für Amherd eine Option sein. Andere Stimmen verlauten, dass sich die Walliserin mittlerweile durchaus wohlfühle im VBS, obwohl das Departement nach der Wahl nicht ihr favorisiertes gewesen war.

Überraschungssiegerin aus dem Jura

Elisabeth Baume-Schneider verfügt über eine solide politische Erfahrung. So sass sie von 1995 bis 2002 im jurassischen Kantonsparlament, anschliessend leitete sie während drei Amtszeiten bis 2015 als Regierungsrätin das Departement für Bildung, Kultur und Sport.

2019 wurde Baume-Schneider in den Ständerat gewählt. Dort präsidiert sie die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie. Sie ist zweisprachig und sieht sich als Brückenbauerin zwischen den Landessprachen. Sie ist zudem Vizepräsidentin der SP Schweiz.

Die jurassische Kantonsregierung hat Elisabeth Baume-Schneider (SP) am Mittwoch zu ihrer Wahl in den Bundesrat gratuliert. Dieser 7. Dezember 2022 werde als ein historischer Tag für den Kanton Jura in Erinnerung bleiben, schreibt der Staatsrat in einer Medienmitteilung.

Die Wahl sei ein Ereignis, auf das der gesamte Jura stolz sei und das seine junge Geschichte präge. Baume-Schneider ist die erste Bundesrätin des jüngsten Kantons der Schweiz. Die jurassische Exekutive, die am Dienstag in Bern anwesend war, hat die Kandidatur von Anfang an unterstützt.

Über die Verteilung der Departemente wird bereits am Donnerstag beraten. Im Eidgenössischen Finanzdepartement steht nach zwei Jahren Pandemie und gewachsener Ausgaben der Abbau der Schulden im Vordergrund. Das Verhältnis zur EU, die Schweizer Haltung in Konflikten und das Engagement im Uno-Sicherheitsrat sind die Hauptthemen im Departement für auswärtige Angelegenheiten. Die Altersvorsorge und die stetig steigenden Gesundheitskosten dagegen sind die Schlüsselthemen im Eidgenössischen Departement des Innern.

Aktuell besonders im Schaufenster ist aber vor allem ein Thema: Energie. Dieses Dossier ist im mächtigen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation angesiedelt. Der Bundesrat hat unter anderem Vorkehrungen getroffen für eine Wasserkraftreserve sowie für mit Gas oder Öl betriebene Reservekraftwerke. Für mehr Unabhängigkeit von Energie aus dem Ausland braucht ausserdem die Energiewende einen Schub.

Das Parlament beschloss in dieser Hinsicht eine «Lex Grengiols», um den Bau grosser alpiner Solaranlagen voranzubringen. Bis 2050 soll die Schweiz klimaneutral sein. Gegen das Gesetz über Ziele im Klimaschutz, das auf dem Weg zu diesem Ziel verbindliche Etappen setzt, hat die SVP ein Referendum ergriffen.

Dauerbrenner im Departement sind überdies die künftige Rolle der Post, Engpässe im Bahnnetz und die Verlagerung des Schwerverkehrs über die Alpen von der Strasse auf die Bahn – und der Wolf. Immer mehr Wölfe leben in der Schweiz, und immer lauter werden gerade aus Bergkantonen die Forderungen, die Schaden stiftenden und geschützten Grossraubtiere zu dezimieren. 

Die grössten Wahl-Eklats der jüngeren Zeit
  • 1983: Der nicht nominierte Basler Otto Stich nimmt die Wahl an, die nominierte SP-Kandidatin Lilian Uchtenhagen hat das Nachsehen.
  • 1993: Francis Mattey nimmt die Wahl nicht an, nachdem er gegen den Willen der SP gewählt wurde; die zuvor nicht kandidierende Ruth Dreifuss wird anschliessend gewählt.
  • 2003: Abwahl der jungen Bundesrätin und CVP-Frau Ruth Metzler nach nur vier Jahren Amtszeit; SVP-Parteipräsident Christoph Blocher kommt zum Zug. Der seit 1959 gültige Verteilungsschlüssel nach Parteien, die sogenannte Zauberformel, wird angepasst.
  • 2007: Abwahl Blochers nach nur vier Jahren Amtszeit; die Bündnerin, Nichtparlamentarierin und Bundesratstochter Eveline Widmer-Schlumpf wird gegen den Willen der SVP gewählt. In der Folge spaltet sich die Partei in zwei Teile. Widmer-Schlumpf geht zur BDP ab. 2020 fusioniert die BDP zur heutigen Mitte-Partei.
  • 2017: Der Tessiner Ignazio Cassis wird anstelle der Waadtländer Favoritin und alleinerziehenden Mutter Isabelle Moret gewählt. Das Verdikt: Regieren und Kleinkinder erziehen passen nicht zusammen.

(ise/gku mit Agenturmaterial)