Bei der Volksinitiative «Ja zum Tier und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt», die am 13. Februar den Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zur Abstimmung unterbreitet wird, geht es um weit mehr als um das Verbot von Versuchen an Ratten und Mäusen: Die Annahme der breit abgefassten Initiative hätte zweifellos umfangreiche Nebenwirkungen für den gesamten Forschungsstandort Schweiz zur Folge und würde über kurz oder lang die Attraktivität des Industriestandorts Schweiz negativ tangieren.    

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Es steht viel auf dem Spiel    

Die kürzlich publizierten Schweizer Aussenhandelszahlen 2021 unterstreichen, was auf dem Spiel steht: Trotz Covid-19-Pandemie und teils unterbrochenen Lieferketten konnten die Industrien Chemie, Pharma und Life Sciences ihre Ausfuhren um 12,4 Prozent auf 130.87 Milliarden Franken steigern. Die Schweizer Volkswirtschaft profitierte massgeblich von diesen Industrien, deren Exporte sich 2021 auf mehr als die Hälfte der Gesamtexporte belief. Eindrückliche Zahlen.    

Und just jetzt – inmitten der grössten Pandemie der letzten 100 Jahre – will man dieser Industrie die Grundlage entziehen. Mit der Initiative für ein Verbot von Tier- und Menschenversuchen ist der Forschungsplatz Schweiz massiv gefährdet. In der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen spielen diese eine essenzielle Rolle, ja sie sind von Staates wegen vorgeschrieben, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten.    

Über den Autor

Stephan Mumenthaler ist Direktor von Scienceindustries Chemie Pharma Life Sciences.    

Importverbote und Lücken  

Zudem würde die Schweiz mit dem von der Initiative vorgesehenen Importverbot von Produkten, die dank Tier- und Menschenversuchen entwickelt werden konnten, vom medizinischen Fortschritt abgeschnitten. Die pharmazeutische Versorgung wäre infrage gestellt. Und es würden zahlreiche Kosmetika, Reinigungsmittel sowie wichtige Chemikalien für Lebensmittelverarbeitung, Bau- oder Reinigungsbranche fehlen.    

Dazu kommt, dass der Forschungsplatz Schweiz auch anderweitig bedroht ist. Nach dem Abbruch der Verhandlungen mit der EU im letzten Frühling ist die Schweiz als assoziiertes Land beim gemeinsamen Forschungsprogramm Horizon Europe bekanntlich nicht mehr dabei. Forschende an Schweizer Hochschulen können zurzeit keine EU-Projekte mehr leiten und sich nicht um ERC-Grants bewerben. Die Schweiz ist zudem von den Ausschreibungen in der Weltraum- und Quantenforschung ausgeschlossen.    

Erste Konsequenzen der Nichtassoziierung zeigen sich bereits: So mussten Forschende in der Schweiz die Leitung verschiedener EU-Projekte abgeben. Bei der Besetzung von Professuren ziehen Kandidierende spürbar stärker als bisher auch Institutionen im Ausland in Betracht. Es droht, dass sowohl Forschende wie auch Spin-offs ins Ausland abwandern. Denn dort können sie sich um EU-Fördergelder bewerben. Dadurch gehen der Schweiz wertvolle Arbeitsplätze und wichtiges Know-how verloren.    

Tierversuche: Was die Industrie tut, damit es weniger werden

Einmal mehr verlangt eine Volksinitiative ein Verbot von Tierversuchen. Doch wie berechtigt ist die Kritik an der Pharmaindustrie noch? Die Analyse

Hoher Neinstimmen-Anteil als Bekenntnis    

Die Schweiz kann es sich nicht leisten, von den europäischen Netzwerken isoliert zu sein. Deshalb haben scienceindustries, ETH-Rat und swissuniversities den Bundesrat unlängst in einer viel beachteten Resolution aufgefordert, rasch zu handeln für eine erneute Vollassoziierung unseres Landes. Zudem soll er eine Innovationsoffensive starten, um die Exzellenz und die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Forschungs- und Innovationsplatzes zu erhalten. Denn diese stellt nicht weniger als die Grundlage unseres Erfolges und unseres Wohlstandes dar.    

Um Exzellenz und die Wettbewerbsfähigkeit geht es letztlich auch in der Abstimmung am 13. Februar 2022 über die Initiative für ein Verbot von Tier- und Menschenversuchen. Ein hoher Nein-Stimmenanteil ist ein Bekenntnis zum Forschungs- und Innovationsplatz Schweiz.   

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