Bisher hatte sich die SVP an vorderster Front für höhere Franchisen eingesetzt. Mit ihren Stimmen beschlossen die Räte, die Krankenkassen-Franchisen laufend an die Gesundheitskosten anzupassen. In der Schlussabstimmung brachte die SVP die Vorlage zu Fall.

Die Abstimmung am Freitagmorgen fiel mit 101 zu 63 Stimmen bei 28 Enthaltungen aus. Die Gesetzesänderung, die das Parlament selber mit einer Motion verlangt hatte, ist damit vom Tisch. Die ordentliche Franchise beträgt weiterhin 300 Franken, die höchste 2500 Franken.

Geplant war, die Franchisen auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung um vorerst 50 Franken zu erhöhen. Die bürgerlichen Parteien versprachen sich davon eine Entlastung der Krankenkassen und damit der Prämien.

Referendum war bereits beschlossen

SP, Grüne, Patientenschutz-, Konsumenten- und Rentnerorganisationen hatten bereits das Referendum beschlossen. Sie waren nicht einverstanden damit, dass Kranke für die Arztrechnung tiefer in die Tasche greifen müssen. Auch in der Schlussabstimmung sprachen sie sich dagegen aus.

Die SVP gesellte sich erst im Lauf dieser Woche zu den Gegnern. Laut Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) ist das eigentliche Problem das Konzept der obligatorischen Grundversicherung. Er sprach von «halbsozialistischen Planungsmonstrum». Das Krankenversicherungsgesetz sei «vollkommen gescheitert».

Dafür machte Aeschi die SP, aber auch die anderen bürgerlichen Parteien verantwortlich. Diese könnten nun nicht von der SVP erwarten, dieses «marode System mit ein paar Pflästerli zu heilen». Es brauche ein Gesamtpaket, zu dem Krankenkassen, Pharma, Ärzte, Spitäler und Kantone einen Beitrag leisten müssten.

Auch CVP mit Rückzieher

Auch die CVP machte einen Rückzieher und enthielt sich mehrheitlich der Stimme. Es fehle die Opfersymmetrie, sagte Leo Müller (LU). Nicht nur die Patientinnen und Patienten müssten ihren Beitrag zur Kostendämpfung leisten, sondern alle Akteure im Gesundheitswesen. Die Erhöhung der Franchisen müsse in ein Massnahmenpaket eingebettet werden.

FDP, Grünliberale und BDP blieben bei ihrem Entscheid. Die Erhöhung sei moderat, sagte FDP-Fraktionschef Beat Walti (ZH). Er sprach von einem parlamentarischen Trauerspiel. Die bürgerlichen Parteien seien in der Pflicht, der Bevölkerung den Sinn der Massnahme zu erklären. Viele fürchteten nun offenbar ein Referendum und wollten die direktdemokratische Auseinandersetzung vermeiden.

Lorenz Hess (BDP/BE) rief die bürgerlichen Parteien dazu auf, auf Linie zu bleiben. Die Leistungsbezüger dürften nicht ausgeklammert werden. Die Angst im Wahljahr sei ein schlechter Ratgeber, sagte er.

Wahltaktisch motiviert?

Die Linke hatte immer wieder den Verdacht geäussert, die Ablehnung der Franchisenerhöhung in der Schlussabstimmung sei wahltaktisch motiviert. SP-Fraktionschef Roger Nordmann (VD) warnte bereits davor, dass die SP auch nach den Wahlen mit dem Referendum dagegen vorgehen werde.

Die Ankündigungen der bürgerlichen Parteien lassen darauf schliessen, dass die Erhöhung der Franchisen in das Massnahmenpaket des Bundesrats zur Dämpfung der Gesundheitskosten eingebaut werden könnte. Dieses hatte die Regierung letzten Herbst in die Vernehmlassung geschickt. Geplant sind unter anderem ein Referenzpreissystem für Generika, eine nationale Tariforganisation oder verbindliche Massnahmen zur Steuerung der Kosten.

(sda/gku)

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