Die Auseinandersetzung in den USA über die Erhöhung der Schuldenobergrenze ist ein peinliches Spiel mit dem Feuer, das im schlimmsten Fall die ganze Weltwirtschaft in Brand setzen kann. 

Das eigentliche Drama besteht darin, dass ein solcher Zahlungsausfall, wenn er eintritt, nicht das Ergebnis der unbestritten drastisch angestiegenen Verschuldung selbst ist, sondern einzig eine Folge der politischen Spaltung in den USA. 

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Die Ausgaben, die zur zusätzlichen Verschuldung führen, sind bereits beschlossen und vom Parlament abgesegnet. Dennoch muss die nach US-Recht bestehende Maximalverschuldung nach oben angepasst werden, damit die Regierung das Geld auch tatsächlich ausgeben darf. 

Angepasst wurde die Obergrenze seit Einführung dieser Regelung im Jahr 1917 bereits rund hundertmal. Würden sich die Republikaner und die Demokraten wie bisher auf eine neue Obergrenze einigen, hätten die USA weiterhin nicht die geringsten Schwierigkeiten, das Geld zu erhalten. Der Dollar ist weiterhin Weltwährung Nummer eins, und die Staatsanleihen der USA gelten als die sichersten Wertpapiere überhaupt.

Ein Powerplay im Vorwahlkampf

Die oppositionellen Republikaner räumen als Mehrheitspartei im Repräsentantenhaus schon gar nicht erst eine Abstimmung zur Obergrenze an und setzen damit die Biden-Regierung massiv unter Druck. Als Voraussetzung für ein Entgegenkommen verlangen sie von der Regierung massive Sparpakete, die deren wichtigste politische Programme gefährdet. 

Ein Powerplay dieser Art ist nicht neu. Besonders dramatisch war die Lage im Jahr 2011, als die Republikaner die damalige Regierung unter Barack Obama gleichermassen in der Mangel hatten. 

Die Sorge wegen einer politisch bedingten Zahlungsunfähigkeit hat damals zu erheblichen Verwerfungen an den Kapitalmärkten geführt und zum Verlust des maximalen Bonitätsratings AAA der USA bei der Ratingagentur Standard & Poor’s. 

Im letzten Moment kam es dann doch zu einer Einigung. Das bleibt nach wie vor auch jetzt die Erwartung an den Kapitalmärkten. Die Nervosität nimmt allerdings zu. So sind jüngst die Prämien für Kreditausfallversicherungen der US-Regierung auffällig angestiegen.

In der Überzeugung, am Ende würde niemand eine Katastrophe riskieren, liegt mittlerweile das grösste Risiko. Alle Warnungen der Regierung werden von den Republikanern als taktische Manöver gewertet, und teilweise sind sie das auch – etwa jene, dass die Einnahmen schon ab Juni nicht mehr reichen, um die Ausgaben zu decken. 

Beide Seiten drücken daher weiter aufs Gaspedal, weil sie darauf setzen, dass die andere Seite bloss blufft und noch rechtzeitig vor dem Abgrund abbremst. Angesichts des bereits angelaufenen Wahlkampfs um die Präsidentschaft will keine Seite als Verliererin dastehen. Möglich ist auch, dass die Regierung mit einem Trick die Schuldendecke aushebelt.

Was genau geschieht, wenn die USA zahlungsunfähig werden, weiss niemand. Die Einschätzungen zu den Folgen gehen bis zu einer neuen weltweiten Finanzkrise und einer schweren Rezession in den USA und weltweit. Die Gefahr ist umso grösser, als die Lage auch so schon von Unsicherheiten geprägt ist. Es bleibt nur zu hoffen, dass am Ende doch die Vernunft obsiegt.

Markus Diem Meier
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