Die Bürgerlichen klagen, die Staatsquote wachse dauernd (obwohl sie zumeist in der Mehrheit sind). Hingegen schimpfen die Linken, die Steuern seien gesunken und der Staat werde ausgezehrt. Wie passt das zusammen?

Die Schweiz hat ein im internationalen Vergleich sehr progressives Steuersystem. Wer reicher ist, zahlt überproportional mehr Steuern. Weil die realen Durchschnittseinkommen längerfristig um etwa 0,8 Prozent pro Jahr steigen, wachsen die Steuereinnahmen und damit der Staat noch stärker, sprich: Die Staatsquote wächst automatisch.

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Das können wir nur verhindern, indem wir die Steuersätze dauernd senken. Wenn diese zu langsam gesenkt werden, wächst die Staatsquote trotz sinkenden Steuern.

Eine dramatische Variation davon ist folgende: Auf Gemeinde- und Kantonsebene werden die Steuern dem Einkommenswachstum halbwegs wirksam angepasst, weil es über Steuerfusssenkungen ganz einfach geht und Steuerwettbewerb herrscht. Auf Bundesebene hingegen werden die Steuern kaum angepasst, weil es mühsame Verfassungs- und Gesetzesänderungen braucht und kaum Wettbewerbsdruck gibt.

Die Kolumne «Freie Sicht»

In der Kolumne «Freie Sicht» schreiben neben Reiner Eichenberger, Professor für Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg, auch Isabel Martínez, Ökonomin an der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich, Ökonom Klaus Wellershoff von Wellershoff & Partners sowie der «Handelszeitung»-Co-Chefredaktor Markus Diem Meier. Die in den Kolumnen vertretenen Ansichten können von jenen der Redaktion abweichen.

Deshalb bläht das Einkommenswachstum vor allem die Bundeseinnahmen auf und bewirkt so automatisch Zentralisierung, nennen wir sie «endogene Überzentralisierung». Um eine Explosion der Staatsquote und endogene Überzentralisierung zu vermeiden, müssen wir also die Steuersätze auf allen Staatsebenen regelmässig senken.

Die Linken argumentieren dagegen, Steuersenkungen nützten nur einer Minderheit. Das ist falsch. Es stimmt zwar, dass eine Minderheit der Bürger einen Grossteil des Steueraufkommens bezahlt. Aber es stimmt nicht, dass die grosse Mehrheit der Bürger nicht unter den Steuern leidet.

Die Verfassung will, dass die Steuern nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erhoben werden. Eine konsequente Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit bedeutet, dass die gefühlte Belastung durch die Steuern für alle Bürger gleich ist. Für Arme ist schon das Wenige, was sie bezahlen müssen, eine grosse Belastung. Folglich bringen allgemeine Steuersenkungen auch allen die gleiche gefühlte Entlastung.

Wer also sagt, nur die Reichen profitierten von Steuersenkungen, behauptet implizit, die heutigen Steuern seien nicht verfassungskonform. Denn wenn nur die Reichen von Steuersenkungen profitieren, heisst das, dass auch nur die Reichen unter den Steuern leiden. Das aber verstösst gegen das Gebot der Steuererhebung gemäss wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Beim Wort genommen sind deshalb die Klagen der Linken ein Aufruf, die Steuern für Gutverdienende besonders stark zu senken.

So lassen sich bis Ende Jahr noch Steuern sparen

Der 31. Dezember ist ein wichtiger Stichtag. Will man «Steuerschlupflöcher» für das Jahr 2022 nutzen, sollte man dies bis zu diesem Datum erledigt haben. Sonst können sie nicht mehr in Abzug gebracht werden. Mit diesen fünf Tipps lässt sich bis Ende Jahr noch einiges an Geld sparen.