Bergbahnen? Viele Anleger winken ab. Da ist Corona und die Zahl der Touristen ist stark geschrumpft.

Nach Zahlen des statistischen Bundesamts fiel die Zahl der Logiernächte in der Schweiz im vergangenen Jahr zwischen Januar und November um 39,9 Prozent auf 22,1 Millionen.

Angesichts von Lockdowns, Reisebeschränkungen und Quarantäne erstaunt der Rückgang nicht. Was aber erstaunt, ist die Kursentwicklung der Schweizer Bergbahnen.

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Denn der Kursverlauf im breiten Bergbahn-Aktienmarkt zeigt sich ziemlich krisenresistent. Zwar zeigen die grossen an der SIX notierten Titel Jungfraubahnen, BVZ Holding und Bergbahnen Engelberg-Trübsee-Titlis Kursverluste von 20 bis 30 Prozent.

Doch der breite Schweizer Bergbahn-Aktienmarkt, mit etwa 60 ausserbörslich im OTC-X-Index Bergbahnen der Berner Kantonalbank gehandelt Werten, zeigen auf Jahressicht ein minimales Kursminus um 5 Prozent.

Ausserbörsliche Kurse unter Buchwert…

Die solide Entwicklung im ausserbörslichen Segment liegt nicht nur am Aktionariat dort. Die heimischen OTC-Werte werden vor allem von heimischen Anlegern mit regionalem Bezug und oft auch einem engen Bezug zum jeweiligen Unternehmen gekauft und gehalten.

Sie bleiben ihrem Unternehmen, der Aktie, deshalb auch treu verbunden. Internationale Investoren und Anleger, die eine Aktie auch schnell wieder aus dem Portfolio oder Depot werfen, sind dort kaum zu finden. Das bringt Stabilität in Krisenzeiten.

Was bei den heimischen OTC-Bergbahnaktien aber auch stabilisiert, sind die Bilanzkennzahlen und deren Bewertung.

Denn viele Bergbahnbetreiber notieren nicht nur im Bereich des Eigenkapitals, des Buchwerts, sondern nicht selten sogar deutlich darunter.

… es gibt Discounts teilweise von 50 Prozent und mehr

Man muss natürlich die Geschäftszahlen für 2020 noch abwarten – mögliche Verluste im Geschäftsbetrieb reduzieren auch den Buchwert.

Aber auf Basis der Zahlen aus 2019 bekommen Anleger viele Bergbahntitel mit einem Abschlag zum Eigenkapital von 10, 20 Prozent und teils noch mehr.

Es finden sich sogar Discounts im Bereich von 50 Prozent. So kosten Arosa Bergbahnen derzeit 80 Franken auf der Handelsplattform der Berner Kantonalbank.

Das Eigenkapital des Bahnbetreibers Arosa und Lenzerheide lag Ende 2019 dagegen noch bei 168 Franken. Das Verhältnis Eigenkapital zu Kurs – das Kurs/Buchwert-Verhältnis lag damals damit bei nur 0,5.

Selbst ein Verlust von zehn oder auch 20 Franken je Aktie ändert an dieser Unterbewertung auch nicht allzu viel.

Aletsch Bahnen – ganz tief bewertet…

Für Anleger, die auf solche Daten achten, sind aber KBVs unter 1,0 ein starkes Indiz für eine Unterbewertung einer Aktie. Für fundamental orientierte Anleger ist das ein klares Kaufsignal.

Mit einem Discount zum 2019er-Buchwert von 60 Prozent – also einem KGV von nur 0,4 – werden sogar die Aletsch Bahnen gehandelt.

Der Buchwert des Unternehmens lag Ende 2019 nämlich bei 102 Franken, die Aktie notiert jetzt aber nur bei 41 Franken.

… Klosters-Madrisa ist sogar noch günstiger

Für Anleger, die eine Buchwertbetrachtung bevorzugen, sind auch Stoosbahnen und Lenzerheide Bergbahnen mit einem KBV auf Basis 2019 von 0,5 interessant. Oder Klosters-Madrisa.

Das Bergbahngebiet um Davos bringt es bei einem Buchwert je Aktie von 19,80 Franken nur auf ein KBV von weniger als 0,3.

Allerdings müssen Anleger im ausserbörslichen Segment zwei Dinge beachten: Die Umsätze in vielen Aktien sind dort nicht selten sehr gering, eine Order ohne Limit ist wegen entsprechend grosser Preisspannen zwischen Angebot und Nachfrage – zwischen Geld- und Briefkurs bei der Aktie – oft mit hohen Kursausschlägen verbunden.

Das beste Rezept dort: Nur mit Limit ordern und Geduld aufbringen.

Pilatus-Bahnen – hohe Investitionen in schnellere Verbindungen und den Ausbau der Kapazitäten

Während fundamentalorientierte Anleger auf niedrige KBVs bei Bergbahnen achten, haben die Bergbahnbetreiber trotz Corona die Zukunft im Blick. Es wird investiert.

Pilatus-Bahnen beispielsweise stecken jetzt 55 Millionen Franken in den Ersatz der alten Personentriebwagen auf der Zahnradbahnstrecke.

Künftig können auf der mit bis zu 480 Promille Steigung steilsten Zahnradbahn der Welt Passagiere die Berg- und Talfahrt in kaum mehr als der Hälfte der bisherigen Fahrzeit zurücklegen.

Ziel der Bahn ist eine kürzere Taktung der Fahrten ab 2023, die dann als Folge mehr Beförderungskapazitäten mit sich bringt.

Jungfraubahnen – Passagierzahlen wie in den 1980er-Jahren…

Bis die Neuanschaffungen voll einsatzbereit sind, sollte der Corona-Einbruch schon Geschichte sein. Weniger Glück hatte da beispielsweise Jungfraubahn mit ihren Investitionen.

470 Millionen Franken hatte das Unternehmen in den neuen Eiger Express investiert. Dieser bringt die Gäste deutlich schneller auf das Jungfraujoch und ins Ski- und Wandergebiet.

Die neue Bahn wurde erst am 5. Dezember an den Start gebracht. Doch die Zahl der Passagiere ist bei Jungfraubahnen im vergangenen Jahr massiv eingebrochen.

So fiel die Zahl der auf das Jungfraujoch beförderten Gäste um 65,6 Prozent auf rund 363000.

Das sind Zahlen wie zuletzt in den 1980er-Jahren. Zudem rutschte das Unternehmen erstmals in der mehr als hundertjährigen Firmengeschichte in die roten Zahlen.

… aber schon 2022 soll alles wieder normaler werden

In den nächsten Jahren dürften sich aber die Investitionen dennoch auszahlen.

Denn dadurch können mehr Passagiere als zuvor befördert werden und das Management erwartet nach einem Übergangsjahr 2021 im nächsten Jahr Normalisierung und Rückkehr der Gruppenreisenden aus Asien.

Obwohl die Aktie mit rund 30 Prozent oder einem KBV um 1,3 etwas über Buchwert notiert, nutzen Anleger den nach wie vor ermässigten Kurs zum Einstieg.

Die Touristen aus dem Ausland dürften bald wieder zurückkommen und die neue V-Bahn verspricht mehr Kapazität und Anschlussmöglichkeiten.

Titlisbahnen – ausländische Gäste bleiben weg…

Wie Jungfraubahnen ist auch Titlisbahn stark vom Tourismus abhängig.

Wegen des coronabedingten Ausbleibens fast sämtlicher ausländischer Gäste, verzeichnete der Bergbahnbetrieb im vergangenen Jahr ein Umsatzminus von 50,8 Prozent auf 38,2 Millionen Franken.

Wegen deutlich gestiegener Abschreibungen verbuchte das Unternehmen so auch einen Einbruch beim Ergebnis. Aus einem Gewinn in 2019 von 15,2 Millionen Franken wurde nun ein Verlust von 19,6 Millionen Franken.

Immerhin könnte sich jetzt auch bei Engelberg-Trübsee-Titlis eine gute Gelegenheit zum Einstieg bieten. Denn die Wintersaison 2020/21 lief mit einem Rekord an Skifahrern gut an und das Unternehmen setzt nun verstärkt auf Gäste aus der Schweiz.

Zudem: Trotz des Verlusts im abgelaufenen Geschäftsjahr notiert die Aktie immer noch rund zehn Prozent unter dem Buchwert von derzeit etwa 180 Franken.

BVZ Holding – multimediale Erlebniswelt soll Gäste anlocken…

Nachdem sich die Aktie von BVZ Holding zwischen Anfang 2017 und Anfang 2020 verdreifacht hatte, folgte im vergangenen Jahr die Kurshalbierung.

Die Zahlen für das Gesamtjahr liegen zwar noch nicht vor. Doch im Halbjahr verbuchte die Touristikgruppe einen Rückgang bei den Umsätzen um 30 Prozent auf 57,6 Millionen Franken.

Aus einem Gewinn von 7,3 Millionen Franken im Vorjahreszeitraum wurde nun ein Verlust von 8,8 Millionen Franken.

Aber auch BVZ setzt auch auf Zukunft und investiert derzeit mehr als 50 Millionen Franken in die Weiterentwicklung des Gornergrats – insbesondere eine multimediale Erlebniswelt rund um das Matterhorn.

Diese soll im Sommer eröffnet werden.

… und schon bald sind bei der Aktie wieder ein einstellige KGVs zu erwarten

Trotz des Verlusts im vergangenen Jahr notiert BVZ immer noch im Bereich des Buchwerts. Kann das Unternehmen ab nächstem oder übernächstem Jahr wieder alte Gewinnlevels von 90 oder sogar 100 Franken je Aktie wie 2018 und 2019 erreichen, wird die Aktie zum aktuellen Kurs nur mit einem spottbilligen 8er- oder 9er-KGV gehandelt.

Das ist in dieser Branche phantastisch günstig und BVZ könnte schon bald wieder zur Jagd auf die 2020er-Kursrekorde ansetzen.

Georg Pröbstl ist Chefredaktor des Börsenbriefs Value-Depesche. Der Börsendienst ist auf substanzstarke unterbewertete Aktien mit guten Perspektiven aus Deutschland, Österreich und der Schweiz spezialisiert. Die jährliche Performance des Musterdepots seit Start im April 2010 beträgt +14,6 Prozent (DAX: +7,8 Prozent).

Transparenzhinweis: Der Autor berät Anlageprodukte. In diesem Beitrag besprochene Aktien können zum Anlageuniversum zählen.