Superstarke Dauermagnete aus Seltenen Erden sind ein wichtiger Bestandteil vieler Elektroautos - und sorgen bei der Europäischen Union für Kopfzerbrechen. Denn auch wenn Seltene Erden weltweit viel häufiger vorkommen als es der Name vermuten lässt, so ist ihre Förderung aufwendig und fest in chinesischer Hand. Um die Abhängigkeit von der Volksrepublik zu reduzieren und mögliche Engpässe zu verhindern, arbeitet die EU Insidern zufolge nun an Vorschlägen, wie die heimische Produktion in Gang gebracht werden kann. Vorbild dabei sind die USA, wo kürzlich Steuererleichterungen für heimische Hersteller auf den Weg gebracht wurden.

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Neun von zehn Dauermagneten kommen derzeit aus China. Elektroautos mit den Magneten aus Seltenen Erden benötigen weniger Strom beim Fahren und kommen so auf eine grössere Reichweite, was sie für die Autobauer attraktiv macht. Die Hersteller aus der Volksrepublik erhielten Subventionen, die rund ein Fünftel der Rohstoffkosten ausmachten, sagen Vertreter europäischer Firmen. Der hiesigen Branche soll nun mit günstigeren Finanzierungsmöglichkeiten und niedrigeren Rohstoffkosten geholfen werden, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen. Ziel ist der Aufbau einer eigenen Branche - Vorbild ist die Batterieallianz, die den Aufbau von Dutzenden Gigafabriken für Elektroautos angestossen hat.

«Alternativen entwickeln»

Ende 2020 gründete die EU die Europäische Rohstoffallianz (Erma), welche die Versorgung mit den Mineralien sicherstellen soll, die für die Energiewende nötig sind. Insidern zufolge will die Erma im kommenden Monat ihren Plan vorlegen, wie die Branche in Europa gestärkt werden kann. Ein erster Vorschlag liege hochrangigen EU-Vertretern bereits vor. Ohne die Mithilfe der Kunden gehe es dabei nicht, erläuterten die eingeweihten Personen: Diese müssten bereit sein, einen kleinen Preisaufschlag zu zahlen. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton habe bereits zugesichert, auf die Autobranche zuzugehen. Der deutsche Branchenverband VDA lehnte eine Stellungnahme dazu ab, ob seine Mitglieder bereit wären, eine solche Initiative zu unterstützen.

Firmen wie BMW oder Volkswagen bemühen sich unterdessen, Möglichkeiten zu finden, wie sie weniger Seltene Erden verwenden können. Dabei spielt die Furcht vor Versorgungsengpässen eine Rolle, aber auch starke Preisausschläge und Umweltbedenken. «Unternehmen, die Hunderte Millionen in die Entwicklung einer Produktfamilie gesteckt haben ... wollen nicht alles auf eine Karte setzen, die chinesische Karte», sagte Murray Edington, der bei der britischen Beratungsgesellschaft Drive System Design zuständig für Elektro-Antriebe ist. «Sie wollen Alternativen entwickeln.»

Subventionen oder Zölle gefordert

Um das Zehnfache, so wird geschätzt, könnte der Bedarf an Seltenen Erden bis 2050 steigen, wenn die EU und Grossbritannien ihre CO2-Emissionen auf null senken wollen. Dennoch sind europäische Firmen zurückhaltend, ihre Geschäfte ohne staatliche Unterstützung auszubauen: «Wenn wir unser eigenes Kapital investieren, muss es sich auch ausreichend verzinsen, und dafür sind gemeinsame Anstrengungen nötig», sagte Constantine Karayannopoulos, Chef von Neo Performance Materials. Dem Unternehmen gehört die einzige kommerzielle Separationsanlage zur Aufbereitung seltener Erden in Europa. Karayannopoulos sagte, er sei bereit, 100 Millionen Euro in den Bau einer Magnetfabrik in Estland zu stecken.

Der Hanauer Magnetexperte Vacuumschmelze (VAC) wartet mit dem Ausbau seiner Anlagen für Kunden aus der Autobranche noch ab: «Die chinesischen Hersteller von Dauermagneten erhalten die Rohstoffe ein Viertel günstiger als ich», sagte VAC-Chef Bernd Schleede. «Um Chancengleichheit zu erreichen, sollte entweder die EU diese Lücke füllen oder Strafen für importierte Magnete verhängen. Ich persönlich würde die erste Option vorziehen.»

(reuters/gku)