«Ein Kalter Krieg ist das nicht, aber eine Rivalität zweier Supermächte auf jeden Fall», umschreibt der Journalist und Autor Gideon Rachman die zunehmenden Spannungen zwischen China und den USA. Der grosse Unterschied zu den Sowjetzeiten sieht er in den viel komplexeren und intensiveren Handelsbeziehungen der beiden heutigen Rivalen. 

«Wissen Sie für wieviel Geld die Schweiz im letzten Jahr Uhren an China verkauft hat?» Die Antwort liefert er gleich nach. Zwei Milliarden US-Dollar seien es und dies zeige deutlich, dass man bei allem Zweifel gegenüber China nicht vergessen solle, dass Chinas Wirtschaft immer noch wachse.

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Chinas Aufstieg nicht ernstgenommen

«Von einem neuen kalten Krieg würde ich deshalb nicht reden, sagt der mehrfach preisgekrönte Journalist und Kommentator der Financial Times. Unbestritten sei, dass wir gerade Zeuge einer neuen Ausmarkung zweier Supermächte werden. Jedoch habe China ganze andere Hebel, als sie damals die Sowjetunion hatte, erklärt Rachman, der schon 2010 vor einem Handelskrieg zwischen den beiden grossen Nationen warnte.

Überhaupt, so sagt Rachman, habe es lange gedauert, bis man im Westen Chinas Aufstieg und Chinas Entschlossenheit wirklich ernst genommen habe. «Mitte 90er-Jahre sah in den USA China niemand als ernstzunehmende Herausforderung an.» Viele hätten erst in den letzten paar Jahren realisiert, dass China nicht nur eine Wirtschaftsmacht, sondern auch eine ernstzunehmende Militärmacht geworden sei.

Zunehmend abgeschottet

 «Die Rivalitäten zwischen China und den USA sind seit der Präsidentschaft von Joe Biden noch einmal gewachsen», erklärt Rachman. Donald Trump habe nur die Wirtschaft und der Handel interessiert. Spätestens seit dem virtuellen Treffen zwischen Joe Biden und Xi Jinping sei aber klar, die jetzige Administration der Vereinigten Staaten bleibe nicht nur dem Kurs von Trump treu, sondern verlange von China zusätzlich auch noch politische Zugeständnisse wie mehr Demokratie und Sicherheit. Höchst problematisch sei auch die zunehmende Abschottung Chinas, die durch die Corona-Pandemie enorm beschleunigt wurde.

China würde immer isolierter, sagt Rachman. Das zeige sich auch darin, dass Xi Jinping seit zwei Jahren nie mehr ins Ausland gereist ist und China seit Beginn der Pandemie praktisch keine Ausländer mehr ins Land lasse. Das mache es auch einfacher, die Ausländer zu stigmatisieren und für alles Schlechte verantwortlich zu machen. «Je weniger Ausländer du in den Strassen von Schanghai siehst und je weniger du konkret kennst, umso einfacher ist es, sie pauschal als Gefahr zu sehen.»

Die «Handelszeitung» ist Medienpartner des Europa Forum Lucerne.