«Im besten Fall ist die Customer-Journey eine Achterbahn», sagt Michael Dutsch, Geschäftsführer der Heikaus AG in Hergiswil NW. «Also dynamisch, emotional, aufregend, modern, schnell, berauschend, überraschend, mutig, zuverlässig und technisch anspruchsvoll.» Und das bedarf guter Planung – oder vielmehr einer durchdachten Strategie. Denn das Einkaufen hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Digitalisierung und neue Technologien haben den Konsumenten nicht nur neue Möglichkeiten eröffnet, sondern die Erwartungen und Anforderungen an das Einkaufserlebnis grundlegend verändert. Unternehmen stehen vor allem vor der Herausforderung, nicht nur bestehende Kundinnen und Kunden zu binden, sondern auch die nachwachsenden Generationen zu verstehen, zu begeistern und als Neukunden zu gewinnen.
«Das Einkaufsverhalten der Kunden hat sich durch die Digitalisierung und die ständige Verfügbarkeit von Informationen und Produkten massiv verändert», erklärt Michael Dutsch. «Früher begann die Reise des Kunden vor dem Schaufenster eines Geschäfts, heute findet der erste Kontakt mit dem Produkt in aller Regel online statt.» Die Heikaus AG, einst als Expertin für Innenausbau gestartet, weiss um die Relevanz der Beratung. Beginnend bei der Strategie bis hin zur schlüsselfertigen Umsetzung. «Einseitiges Denken und Handeln kann sich der Einzelhandel nicht mehr leisten», so Dutsch. «Vor allem, wenn es um die Neukundengewinnung geht.»
Die Kaufkraft von morgen
«Die nachwachsenden Generationen, insbesondere die Millennials und Gen Z, haben ein völlig anderes Konsum- und Informationsverhalten als ältere Generationen», so der Experte weiter. «Sie sind in einer Welt aufgewachsen, in der Informationen jederzeit und überall verfügbar sind. Diese Generationen erwarten mehr als nur gute Produkte – sie wünschen sich ein umfassendes Erlebnis, das sowohl online als auch offline stattfindet.» Diese Reise, auch Customer-Journey genannt, beginnt bei der ersten Aufmerksamkeit für ein Produkt, geht über den Kauf und bis weit darüber hinaus. Sie ist Teil der Unternehmensstrategie, und alle Touchpoints der Kunden müssen gut überdacht und strategisch integriert werden. «Wichtig ist, sich dieser verschiedenen Kontaktpunkte (Touchpoints) bewusst zu sein, die sowohl online als auch offline stattfinden», so der Experte. «Ein Unternehmen muss zwingend die verschiedenen Phasen kennen, die der Kunde vor der Kaufentscheidung durchlaufen hat.» Und die Betonung liegt auf dem «vor». Denn nur dann kann das Unternehmen diese Reise bewusst und zielgerichtet auf sein eigenes Angebot lenken und die Kundschaft vor Ort wie auch digital verlässlich begleiten.
Parallel gilt es, zu verstehen, dass es eben nicht die eine Customer-Journey für ein Produkt gibt. Zielgruppen müssen – wie beschrieben – unterschiedlich angesprochen und begleitet werden, da sie vollkommen andere Prozesse in ihrem Einkaufsverhalten durchlaufen. Laut einer Forbes-Studie ist für die Gen Z das Preis-Leistungs-Verhältnis mit Abstand der wichtigste Faktor in der Entscheidung für oder gegen ein Produkt. Ethische Bemühungen sind mit 8 Prozent, Diversity und Inklusion in der Werbung und Produktgestaltung nur mit 2 Prozent fast gar nicht wichtig. Hingegen sind Empfehlungen von Influencern sowie Beurteilungen im Netz die Kriterien, die sie überzeugen. Eingekauft wird zudem am liebsten online, nur für Autos oder Schmuck geht der Grossteil der Gen Z noch ins Geschäft.
Digitaler Konsum wächst weiter
Diese Verschiebung vom Laden- zum digitalen Konsum hat Vor- wie auch Nachteile. Der Effekt, dass Menschen im Laden probieren, aber online konsumieren, ist allgegenwärtig. Auf der anderen Seite zeigt eine Studie des Retailsoftwaredienstleisters Uberall, dass knapp neun von zehn Konsumenten regelmässig vor einem Kauf online recherchieren. Die Suche nach lokalen Dienstleistungen und Produkten macht einen grossen Teil der Onlinerecherchen aus. «Unternehmen und Marken müssen daher in beiden Welten präsent sein, aber eben vor allem online», so Dutsch. «Wichtig dabei ist jedoch, dass das Erlebnis kongruent ist.» Womit wieder die Strategie in den Fokus rückt – oder besser die sogenannte Go-to-Market-Strategie: Wen erreiche ich wie und wo mit welchen Dingen am besten? Und an welchem Touchpoint gilt es mit welchem Argument zu überzeugen?
«Überzeugende Kundenerfahrungen machen Kunden zu Wiederkäufern und schlussendlich zu Markenbotschaftern», erläutert Dutsch. «Das Customer-Journey-Management ist daher heute keine Kür mehr, sondern Pflicht.» Die Kundinnen und Kunden möchten schnell, effizient und relevant bedient werden. Customer-Analytics, also die ständige Auswertung der Kundenbedürfnisse und die dynamische Anpassung aller Plattformen auf diese Wünsche ist notwendig, um nicht abgehängt zu werden. Plattformen wie Zalando, die den kostenlosen Rückversand zum Standard machten, oder nun Temu, die wohl jedes Produkt dieser Welt zum Schnäppchenpreis anbietet, zeigen eindrücklich, wie man Kundenbedürfnisse verstanden und zum eigenen Vorteil genutzt hat.
Flexibilität als Erfolgsfaktor
Angesichts der sich stetig wandelnden Einkaufsgewohnheiten stehen Unternehmen und Marken vor nie dagewesenen Herausforderungen und Chancen. Sie müssen flexibel und strategisch agieren, um die Anforderungen der modernen Konsumenten zu erfüllen, insbesondere der technikaffinen Millennials und Gen Z. Diese Generationen verlangen ein nahtloses und aufregendes Einkaufserlebnis, das sowohl online als auch offline stattfindet. Die kontinuierliche Erhebung und Auswertung von Kundendaten spielen hierbei eine zentrale Rolle, um flexibel auf wechselnde Bedürfnisse reagieren zu können. Denn überzeugende Kundenerfahrungen, die durch smarte Customer-Analytics gestützt werden, verwandeln Erstkäufer in treue Kunden und schlussendlich in Markenbotschafter.